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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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(Vita Brunonis), auch ohne je ein Bad zu nehmen (»Christi bonus odor«), erzog man unter seiner Leitung in der Kapelle und besonders der Kanzlei junge Geistliche zu Bischöfen, Äbten, zu Männern, denen der Gedanke der Heidenbekehrung ebenso vertraut war wie die augustinische Idee (I 514 ff.) des »gerechten Krieges«, bellum iustum, auch des Angriffskrieges: gut zur Rechtfertigung des Massenmordes an »Ungläubigen«.
    So war Erzbischof Brun einerseits ein Vorkämpfer der »Reform«, der die mönchischen Prinzipien von Gorze propagierte, der berühmten lotharingischen Benediktinerabtei (das Gründungsdatum von 748 beruht auf gefälschten Diplomen), andererseits aber rückte er – dem es freilich nie darum ging, daß etwas »ihm selbst, sondern daß es Gott gefiel« (Vita Brunonis) – auch mit seiner Soldateska aus, attackierte blutig Grafen und andere Große, Christen doch, Katholiken, erbeutete, zerstörte Burgen, »daheim und im Krieg«, wie sein Biograph beteuert, »ein nimmermüder Streiter des Herrn«. Mindestens sechsmal focht der Heilige an der Spitze eines Heeres – vita activa nennen das Forscher. Er belagerte (959 und 960) Dijon und Troyes. Er kämpfte mit seinen Haufen in Burgund, in Frankreich und griff besonders in Lotharingien, das wiederholt gegen ihn aufstand, brutal durch. Den Grafen Reginar III. vernichtete er militärisch völlig. Er wurde vom König geächtet, sein Hab und Gut konfisziert; 973 starb er in Böhmen in der Verbannung. (Seine Söhne, Reginar IV. und Lambert, nach Ottos Tod ins Land zurückgekehrt, mußten bereits um 974 beim Anrücken Ottos II. ins Westfrankenreich flüchten.) Dagegen verhalf Brun dem Bischof Berengar von Cambrai (956–962), dessen Untertanen sich während einer seiner Hoffahrten erhoben, zur Rückkehr in die Stadt, worauf Berengar ein Schreckensregiment begann, bei passender Gelegenheit über seine Diözesanen herfiel und viele töten ließ, ohne sich doch dauernd in Cambrai halten zu können. (Und der Nachfolger, Bischof Ansbert [966–971], behauptete sich dort nur mit auswärtiger Hilfe.)
    Bei alldem aber, wozu ihn ja bloß »die Not des Volkes« trieb, war der hl. Erzbischof natürlich stets der »Gottesmann Brun« (Vita Brunonis), hatte er, insgeheim mönchisch-eschatologisch gestimmt, den Sinn ganz aufs Jenseits gerichtet. Doch im Kampf für den königlichen Bruder, »das Licht des Erdkreises«, den »Gesalbten des Herrn«, werden alle Gegner, gleich welchen Glaubens – dies ist auf christlicher Seite so durch die Jahrtausende! – zu blanken Teufeln; »vom Geist des Hasses getrieben«, »des Satans entflammt«, verbreiten sie »das Gift ihrer Bosheit im ganzen Körper des Reiches«: Eidbrüchige, Räuber, die »Pest des Menschengeschlechts«, »tollwütige Wölfe, die die Kirche Gottes verwüsten« etc. Hingegen verbindet in dem hl. Brun »die Liebe« alles, höchsten Adel, hohe Ämter, Würden, Weisheit – und tiefste Demut, Milde, tägliche Tugendfortschritte. Bringt er doch, wie Otto selbst es ausgedrückt haben soll, »zu unserer Königsherrschaft ein königliches Priestertum hinzu«. So ist der Heilige »zugleich liebenswürdig und furchtgebietend«, ist er, das liegt in der Familie, ganz wie der Bruder: »abgesehen vom Schrecken der königlichen Strafgewalt stets liebenswürdig«. Ja, »Unter Sanften und Demütigen war niemand sanfter und demütiger, gegen Böse und Übermütige niemand strenger«. Denn Erzbischof Brun, »Christi angenehmer Wohlgeruch«, hat eben nicht nur, mit seinem Biographen zu sprechen, »Politik getrieben und sich mit dem gefährlichen Kriegshandwerk befaßt«. Nein, er war auch »Tag für Tag« die Zuflucht der Bedrängten, Armen. Doch noch im Krieg tat er Gutes, Heilsames – »auch durch seine Feldzüge brachte er dem Dome und den anderen Kirchen die Schätze des Heils, die Reliquien der Heiligen, zu wie kaum einer seiner Vorgänger« (Oediger); »liebliche Perlen und süße Unterpfänder«, »fast aus allen Ländern und Enden der Welt« (Vita Brunonis). 19

»Liebliche Perlen« und dreißigjähriger Machtkampf

    Als das Beste, Schönste, Bedeutsamste aller Brunschen Schätze aber galten der Stab und die Ketten des hl. Petrus. Zwar waren diese (wie wohl viele andere) Reliquien, die der Bischof mit wahrer »Liebe«, »mit Begeisterung« erworben, den Petrusstab aus Metz, die Kettenglieder mutmaßlich 955 durch Papst Agapet II. aus Rom, natürlich erstunken und erlogen. Gerade um den Petrusstab freilich – er wird noch

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