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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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aus Soldaten«. 33
    Otto war auf solch frommen Schwertdienst freilich vorbereitet. Hatte er sich anscheinend doch schon an den Slawenschlächtereien seines Vaters 928 und 929 beteiligt und auf seine Weise missioniert: noch als Halbwüchsiger schwängerte er eine gefangene vornehme Slawin, die ihm seinen unehelichen Sohn Wilhelm schenkte, den späteren Erzbischof von Mainz. (Dieser allerdings, wie man versichert, war noch von asketischen Idealen erfüllt. Doch auch von anderen. Dem Papst gestand Ottos »des Großen« erzbischöflicher Bruder einmal rundheraus: für Bestechung alles!)
    Das ganze, von seinem Vater geraubte Gebiet hat der König nun nicht nur »behauptet«, sondern schlicht »einbezogen«, natürlich unter dauernden Kämpfen, insgesamt 50000 bis 60000 Quadratkilometer. Denn Otto »mußte«, wie Theologe Hauck formuliert, »seine Waffen mit allen wendischen Völkerschaften kreuzen«, die beiden südlichen Stämme der Sorben und Daleminzier einmal beiseite. Und auf diese fürsorgliche Weise bildete dann eben nicht mehr die Saale, die Elbe die Grenze des deutschen Reiches, sondern die Oder.
    Gleich Ottos erste Maßnahmen nach seiner Krönung in Aachen 936 galten den Elbslawen. Noch im selben Jahr brach er gegen sie auf, zumal gegen die Redarier. Und 939 erfolgte dort ein weiterer Waffengang. Denn dieser Fürst, der in der Ostexpansion eine seiner Hauptaufgaben sah und systematisch auch die Christianisierung der Unterworfenen betrieb, war entschlossen, »hier reinen Tisch zu machen« (Holtzmann), war fest gewillt, »die Herrschaft des Gottesvolkes über die Ungläubigen auszudehnen« (Lubenow).
    Dabei schreckten Otto und seine gräflichen Spießgesellen, da sie den Widerstand der Elbslawen ersichtlich im offenen Kampf nicht brechen konnten, auch vor keiner Arglist zurück. Als sie zum Beispiel im Winter 928/929 Brandenburg zwar erobert (S. 392 f.), doch wohl schon bald wieder verloren hatten, schickte Gero den seit König Heinrichs Zeiten als Geisel in Sachsen gefangengehaltenen und von Otto nun mit »pecunia multa« bestochenen rechtmäßigen Hevellerfürsten Tugumir, zweifellos ein Christ, 939 zu den Hevellern nach Brandenburg zurück. Tugumir täuschte ihnen eine Flucht vor, wurde freudig aufgenommen und wieder ihr Herr. Darauf ermordete er im Brandenburger Fürstenhof den letzten Fürsten des Stammes, seinen eigenen Neffen, übergab das gesamte südlutizische Gebiet bis zur Oder König Otto und herrschte mit einer sächsischen Besatzung als dessen Vasall. 34

Otto »der Große« läßt 700 slawische Kriegsgefangene köpfen und befiehlt die Ausrottung der Redarier

    Nachdem Brandenburg durch Verrat und Mord in deutsche Hand gefallen, dort eine Kirche erbaut worden war und Tugumirs Regiment sich gefestigt hatte, gründete Otto am 1. Oktober 948 das Bistum Brandenburg und, wohl gleichzeitig, das Bistum Havelberg (dessen angebliche Stiftungsurkunde von 946 eine spätere Fälschung, eine Vordatierung ist) mit dem Burgward Nitzow.
    Erst dem Erzbistum Mainz, dann dem Erzbistum Magdeburg unterstellt, war das Bistum Brandenburg, das zehn slawische Stämme umfaßte, sehr viel größer als die meisten deutschen Diözesen. Es reichte von der Elbe bis zur Oder und umschloß im Süden zunächst auch noch die Lausitz. Der Bischof von Brandenburg bekam bereits 948 die Hälfte der Burg samt der Hälfte aller dazugehörenden Dörfer sowie die Burgwarde Pritzerbe und Ziesar. Burgwarde waren kleinere (seit der Mitte des 10. Jahrhunderts burgowarde, burgwardium oder burgwardum genannte) Burgen, die wohl auf karolingische Vorbilder an der Saale zurückgingen. Im Verlaufe der ottonisch-salischen Ostexpansion sicherten sie den Magdeburger »Siedlungsbereich« etwa bis zur Havel ebenso wie den sorbischen Raum bis zur Elbe militärisch ab – somit ein der Beherrschung des eroberten Landes dienendes strategisches System. Zu einem Burgwardhauptort gehörten etwa zehn bis zwanzig Dörfer, deren Einwohner, damals und noch im 11. Jahrhundert fast ausschließlich Slawen, rigoros ausgebeutet, zum Burgenbau, zu Wachdiensten, Abgaben von Zehnten und Tributen gezwungen wurden. Und manche Burgwardhauptorte hatten auch eine »Burgward-Kirche«, wenn auch wohl längst nicht alle, wie die ältere Forschung meinte.
    Im Jahr der großen Schlacht gegen die Ungarn, 955, zog Hermann Billung gleich zweimal gegen die aufständischen Obodriten. Dabei hatten sogar die Söhne seines eigenen erstgeborenen Bruders Wichmann (der Ältere), die Grafen

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