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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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Niederkämpfung der Slawen »seine Lebensaufgabe« (Bullough), wobei es ihm freilich zugleich um ihre Christianisierung ging.
    Denn dieser Haudegen, »der Schützer unseres Landes« (Bischof Thietmar), der das Vorrücken der deutschen Grenze von der Elbe-Saale bis zur Oder hauptsächlich erzwang, der 27 Jahre lang Raub- und Unterdrückungsfeldzüge gegen die Elbslawen führte, war unermüdlich und drang systematisch in ihr Gebiet ein. Und während sogar die sächsischen Ritter über den strapaziösen Dauerkrieg schon anfangs der vierziger Jahre zu murren begannen, riß sich Gero nur einmal, zu Beginn des Jahres 950, mitten im Winter, als keinerlei Treffen in Aussicht stand, von der allmählich bis zur Oder vorgemordeten Grenze los, um eine Wallfahrt zu den Apostelfürsten Peter und Paul nach Rom zu machen. Unterwegs trat er der Gebetsverbrüderung des Klosters St. Gallen bei und trug als herrliche Reliquie den Arm des hl. Cyriacus – er stiftete ihm noch ein Kloster zu Frose – zur Verehrung (und Verheerung) dorthin zurück, wo er mit ebensoviel Kraft wie Niedertracht das deutsche Wesen und die alleinseligmachende Religion verbreitete. Dabei ließ er kurz nach der Eröffnung seines Regiments über das südliche Wendenland etwa dreißig gegen ihn verschworene Slawenführer, Fürsten und Edle (principes), die im Vertrauen auf die Unantastbarkeit der Gastfreundschaft über einem großen Saufgelage eingeschlafen waren, in einer Nacht hinterrücks an seinem Tisch erschlagen, angeblich um ihrer Mordabsicht zuvorzukommen – »gewiß nur eine Schutzbehauptung« (H.K. Schulze). »Keinen tapfereren Vorkämpfer hatte Deutschland in jenen östlichen Gegenden als ihn ... Und er war im Kriege nicht verroht«, rühmt Theologe Albert Hauck, betont bei dieser Gelegenheit auch Geros Überzeugung, daß der Mensch dem himmlischen Herrn für sein Leben verantwortlich sei, aber, so im selben Atemzug, »den Wenden gegenüber hielt er alles für erlaubt«. –
    Mönch Widukind berichtet die teuflische Beseitigung der dreißig Slawen ohne jeden Tadel. Pries er doch noch danach als des Verbrechers beste Eigenschaft (quod optimum erat) seinen »löblichen Eifer für den Dienst Gottes«. 960 wallfahrtete Gero sogar ein zweitesmal nach Rom und gründete bei seiner Rückkehr ein weiteres Kloster, das nach ihm benannte Nonnenhaus Gernrode (Rodung des Gero), südlich Quedlinburg. Als Äbtissin setzte er die Witwe seines einzigen, 959 gefallenen Sohnes Siegfried ein, die Nichte Hermann Billungs, und vermachte »in seligem Sterben« (Mai 965) dem Kloster, wo er auch begraben wurde, all seine Habe. Er »barg sich«, schreibt Bischof Thietmar, »mit seinem ganzen Erbgut bei Gott« – die letzte Leistung nicht weniger Großmörder der Geschichte. 32

Otto eröffnet die Christianisierung der Wenden und macht »hier reinen Tisch«

    Auch Otto I. hat im Krieg wider die Wenden, wie nicht nur sein Verhalten gegenüber dem verräterischen Wendenführer Tugumir zeigt (S. 455), keine Bestechung, keinen Verrat, keinen Mord gescheut, hat mehrmals selber Hand angelegt, um die Slawen fast bis zur Ausrottung zu schlagen. »Einheimische slawische Fürsten wurden vertrieben oder beseitigt, hatten Abgaben zu leisten und Kinder der Versklavung zu überlassen; die Unterworfenen wurden in die Knechtschaft gedrückt« (Fried).
    Es ist bezeichnend, daß man seinerzeit die Worte Wende und Heide als Synonyma gebrauchte. Denn die Wenden waren noch Heiden. Offensichtlich hatte sich Heinrich I. mehr um die Eroberung, den Raub dieser Gebiete bemüht, als um ihre Missionierung. Jenseits von Elbe und Saale gab es kaum Kirchen. Es gab nur heidnische Heiligtümer, heilige Haine, gab Götterbilder und bildlose Götterverehrung und selbstverständlich die dazugehörigen Priester oder doch Ältesten, die früher Opfer dargebracht hatten.
    Unter König Heinrich war anscheinend auch die Kirche auf Missionierung des Ostens kaum bedacht. Erst als Otto die Praxis seines Vaters preisgab und, nach dem Vorbild Karls »des Großen«, dem Schwert die Priester folgen ließ, konnte man hoffen, mittels der Religion die »Beuteslawen« immer mehr an sich zu binden und ihr Land dazu. Offenbar holte erst Otto den Klerus in den Osten, und zwar, wie auch anders, einen Militärklerus: –»sozusagen als Feldprediger kamen die ersten christlichen Priester in das Land rechts der Elbe und Saale; Burgkapellen sind die Ahnen unserer Kirchen; die ersten Christengemeinden, die sich hier sammelten, bestanden

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