Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Reichstag von Quedlinburg die Gründung des Bistums Prag, wahrscheinlich auch die eines weiteren für Mähren. 30
Nach den spektakulären Erfolgen auf dem Lechfeld sowie an der Unstrut gegen die Slawen intensivierte Otto, der triumphierende Vernichter der Heiden, deren Mission. Im Südosten errichtete er die bayerische »Ostmark«, seit dem Jahr 976 das dreihundertjährige Aktions- und Annexionsfeld der jüngeren Babenberger – vielleicht Abkömmlinge der älteren Babenberger (S. 354 ff.) –, bis jene von den Habsburgern abgelöst wurden. Im Osten bezwang der König in einem langen Krieg die Böhmen. Im Nordosten betrieb er in Fortsetzung der mörderischen Attacken seines Vaters (S. 391 ff.) die verstärkte Christianisierung der Elbslawen und gründete zwei Marken zwischen Elbe und Oder. 31
Begründung der deutschen »Ostkolonisation« oder Die »guten Werke« der Markgrafen Hermann Billung und Gero
Das blutige Geschäft der deutschen »Ostkolonisation«, die Otto I. recht eigentlich begründete, erledigten für ihn hauptsächlich zwei Sachsen, die über die neuen Marken im Nordosten geboten: Hermann Billung (gest. 973), der Otto persönlich nahestand (die königliche Kanzlei vermied es, ihn mit dem Herzogstitel zu belegen, sie nannte ihn »marchio« oder »comes«); seine Familie besaß Grafschaften und Kirchen von Lüneburg bis Thüringen. Und Gero, ebenfalls ein persönlicher Freund des Königs und einer seiner »zuverlässigsten Helfer« (Keller), »für diese Aufgabe hervorragend geeignet« (Fleckenstein); er herrschte über die sogenannte Nordmark. Seit der erneuten Niederringung der rebellischen Redarier (936), des Hauptstammes der Liutizen, womit Otto den Billunger beauftragt hatte, unterjochten die beiden Feudalherren in den folgenden Jahrzehnten in unentwegten Kriegen und Gemetzeln Abodriten, Sorben und Wilzen.
Dem Mönch Widukind verklärte sich dies zum Kampf eines Gottesfürsten gegen ein Volk Satans. Nach dem Jargon der Forschung baute der König derart »die Beziehungen zu den Slawen im Osten aus« (Schramm). »In jahrelangen blutigen Kämpfen haben diese beiden großen Kriegsleute die Aufgabe, die ihnen übertragen war ... glücklich (!) gelöst« (Holtzmann). »Die eroberten Burgbezirke wurden einzeln oder mehrere zusammen zu deutschen Burgwarden, in deren Vororte man Besatzungen legte. Deutsche Ritter erhielten Slawendörfchen zu eigen oder Lehen, und mit ihnen kamen die Priester. 948 schien die Lage schon so gefestigt zu sein, daß man die ersten Bistümer gründete« (Hauptmann).
Ein besonderer Verehrer des Billungers, dessen Sippe 170 Jahre lang über das von der Ostsee begrenzte Gebiet herrschte, war Erzbischof Adalbert von Magdeburg (968–981). Persönlich geleitete er den großen Schlächter unter Glockengeläut und Vorantragen von Kerzen in den Dom, ließ ihn bei Tisch, wie den König, zwischen den Bischöfen sitzen, ja im Bett des Kaisers schlafen. (Diese Ovationen gingen Otto zu weit; er verurteilte den Erzbischof dazu, ihm so viele Pferde nach Italien zu senden, »wie er dem Herzoge habe Glocken läuten und Kronleuchter anzünden lassen«). Denn, behauptet Bischof Thietmar von Merseburg ein andermal, »wie der Herr, so waren auch seine Fürsten. Überfluß an Speisen und anderen Gütern schätzten sie nicht, es erfreute sie stets nur das goldene Maßhalten (aurea mediocritas). Alle Tugenden, von denen wir lesen, blühten zu ihren Lebzeiten, mit ihrem Tode welkten sie dahin ..., doch ihre unsterblichen Seelen leben fort und erfreuen sich ob ihrer guten Werke der ewigen Seligkeit.«
Die Kämpfe, durch die man die Elbslawen zunächst zinspflichtig machte, waren lang und erbittert; sie wurden von beiden Seiten mit äußerster Grausamkeit geführt. Auch die Rache der Wenden kannte keine Schonung. Nach ihrer Eroberung von Walsleben 929 ermordeten sie alles, Greise und Kinder, Männer und Frauen, eine unzählbare Menge, behauptet jedenfalls Widukind. Und im Frühjahr 955 sollen sie der deutschen Besatzung der Burg der Cocarescemier freien Abzug versprochen, dann jedoch die Waffenlosen sämtlich niedergestochen haben.
Nun waren die Deutschen freilich die Aggressoren. Und unter ihnen brillierte besonders Gero, der »Würger der slawischen Stämme« (Donnert), dem indes Mönch Widukind »für den Dienst Gottes guten Eifer« bescheinigt und natürlich auch »eine gewaltige Beute«, ja, den noch das Nibelungenlied als den starken, den schnellen Gere rühmt. Sah er doch in der
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