Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Wichmann der Jüngere und Ekbert (der Einäugige), Verwandte der Königin Mathilde, die mit ihnen verbündeten Obodritenfürsten Nakon und dessen Bruder und Mitherrscher Stojgnef aufgehetzt; beide übrigens Christen.
Obwohl die Slawen seinerzeit zu weiterer Tributzahlung durchaus bereit waren, nur nicht sich völlig verknechten lassen wollten, hatte auch Otto selbst sie, »unternehmend wie er war« (Thietmar), mit Krieg überzogen. Nur zwei Monate nach seinem Triumph auf dem Lechfeld und offenbar dadurch gestärkt, schlug er sie schwer am 16. Oktober 955 an dem Flüßchen Raxa, wahrscheinlich der Recknitz (im östlichen Mecklenburg), wobei das Slawenschlachten bis tief in die Nacht dauerte und Otto – den Bischof Liutprand »heilig« und »sehr heilig« nennt, Theologe Hauck »eine sittlich viel durchgebildetere Persönlichkeit als sein Vater« – noch am nächsten Morgen vor dem aufgesteckten Haupt des an der Spitze des Heeres gefallenen Obodritenfürsten Stojgnef 700 Kriegsgefangene köpfen ließ. Stojgnefs Berater wurden die Augen ausgestochen und die Zunge herausgeschnitten – »dann ließ man ihn, nicht mehr zu gebrauchen, inmitten der Leichen liegen« (Widukind). Und Stojgnefs Erleger bekam als »Belohnung« von Otto 20 Hufen Land geschenkt.
Widukind findet, wie bei der Abstechung der 30 Slawenführer durch Gero (S. 452 f.), wieder kein Wort des Tadels. Und schon 957, 958 und 960 führt Otto neue Kriege gegen die Redarier und andere Elbslawenstämme. Nicht um Sieg ging es, nicht um Tributeinheimsung, wie unter Heinrich I., sondern um Vernichtung, um Eingliederung der slawischen Länder in das ottonische Reich. Es herrschte »totaler« Krieg. Was fehlte, war nur die Technik, die man ein Jahrtausend später hatte. 35
965 starb Gero. Zwei Jahre später kämpfte Herzog Hermann gegen Redarier und Obodriten. Und dann wurde das ganze Obodriten-Reich der entstehenden Billunger-Mark zugeschlagen, erhoben sich anstelle heiliger Haine die Christentempel. Denn nach Nakons Tod ermöglichte sein Sohn Mstivoj mit Hilfe Hermann Billungs und unter Ausschaltung der heidnischen Opposition in Wagrien 968/972 (das genaue Jahr ist unbekannt) die Gründung des alle Obodritenstämme umfassenden Bistums Oldenburg (Aldinburg, slaw. Starigard). Das war ein längst bestehender befestigter Platz, die Hauptburg der slawischen Wagrier, wo noch für 967 ein paganes Standbild bezeugt ist, das der Herzog wahrscheinlich zerstört hat. Das gesamte wendische Missionsgebiet Hamburgs reichte nun von der Kieler Bucht bis an den Havelberger Sprengel.
Zu dieser Zeit, nur wenige Jahre vor seinem Tod, verbietet Kaiser Otto I. in einem Schreiben vom 18. Januar 968 den sächsischen Großen den Frieden mit den geschlagenen Redariern und fordert die Beendigung des Kampfes durch Ausrottung. »Überdies wollen wir, daß die Redarier, wenn sie, wie wir vernommen, eine so große Niederlage erlitten haben, von euch keinen Frieden erhalten, denn ihr wißt ja, wie oft sie die Treue gebrochen und welche Unbilden sie zugefügt haben. Daher erwägt dies mit dem Herzog Hermann und setzt alle eure Kräfte ein, damit ihr durch ihre Vernichtung (destructione) euer Werk vollendet. Wenn es nötig wäre, wollen wir selbst gegen sie ziehen ...« 36
Gunsterweise über Gunsterweise für die »Hauptstadt des deutschen Ostens ...«
Nach Ottos Kaiserkrönung (S. 498 f.) hatte man eine Reihe neuer Bistümer gegründet, darunter vor allem 968 das Erzbistum Magdeburg, dem Papst Johann VIII. Privilegien erteilte, als habe man hier an eine Art Rom im Norden gedacht. Was herauskam, war immerhin eine gewinnbringende mächtige Handelsstadt. Wie überhaupt der Unterwerfung der Elbslawen, der Polen, Böhmen ein ergiebiger Handel folgte. Doch ließ Kaiser Otto nicht nur Gold und Edelsteine nach Magdeburg schaffen, sondern auch Heiligenreliquien. Das Heilige und der Handel gehören zusammen. Der Handel ist heilig, und das Heilige auch Handel. Die Kirche erhielt ausgedehnten Grundbesitz, bezog hohe Abgaben, baute überall ihre Tempel im unterjochten Land und wurde für Jahrhunderte ein Hauptnutznießer und eine Hauptstütze der deutschen Herrschaft in den eroberten elbslawischen Gebieten.
Magdeburg, als Burg und Fernhandelsplatz an der Elbe seit der Zeit Karls »des Großen« bezeugt, ebenso weit vorgeschoben – was seine Stoßrichtung signalisiert – in slawisches Land, wie durch den Strom geschützt, war Ottos Lieblingsstadt. Schon kurz nach Beginn seiner Regierung, ein Jahr
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