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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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römische Kaiser Friedrich gegen die ketzerische Bosheit gewisse Gesetze erlassen hat, durch welche die Ausbreitung dieser Pest verhindert werden kann, und
da wir wollen, daß diese Gesetze zur Stärkung des Glaubens und zum Heile der Gläubigen beobachtet werden, so befehlen wir den geliebten Söhnen, die die Obrigkeit bilden, daß sie diese Gesetze, deren Wortlaut wir mitschicken, in ihre Statuten aufnehmen und daß sie mit großer Emsigkeit gegen die Ketzer vorgehen. Deshalb befehlen wir euch
[Inquisitoren],
daß, wenn diese Obrigkeiten unsere Befehle nachlässig erfüllen, ihr sie durch Exkommunikation und Interdikt dazu zwingt ... Die vom katholischen Glauben Abfallenden verfluchen wir ganz und gar, wir verfolgen sie mit Strafen, wir berauben sie ihrer Vermögen; ihre Erbfolge heben wir auf, alle Rechte erkennen wir ihnen ab.
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    Die übliche Strafe für »Ketzer« wurde die Einkerkerung, oft lebenslänglich. In einem nur teilweise tradierten Urteilsregister der Inquisition von Toulouse aus den Jahren 1246 bis 1248 mußten von 149 Eingekerkerten 6 zehn Jahre, 16 eine unbestimmte Zeit, je nach Gutdünken der Kirche, und 127 lebenslänglich büßen.
    Die Inquisitionsgefängnisse waren Orte nicht ausdenkbaren Grauens, nach päpstlicher Anweisung eng und dunkel; gewöhnlich ohne jede Beleuchtung und Ventilation, aber voller Unrat, Gestank. Und in diesen durch den Klerus vollgestopften Stätten, die bald zu klein wurden, weshalb Gregor IX. den Bau weiterer befahl und dazu beisteuernden Christen reichlich Ablässe verlieh, verbüßten Menschen eine Strafe, die noch weit schlimmer war als der rasche Tod auf dem Scheiterhaufen, schmachteten Frauen und Männer oft viele Jahre, ohne verurteilt oder freigesprochen zu sein. So wurde ein Mann namens Wilhelm Salavert am 24. Februar 1300 erstmals verhört und am 30. September 1319 verurteilt, nach neunzehnjährigem pausenlosem Elend. In Toulouse wurde eine Frau »zum Kreuztragen begnadigt«, nachdem sie 33 Jahre lang in den dortigen Gefängnissen gelegen.
    Es versteht sich von selbst, daß die wenigsten Häftlinge eine solche Zeit lebend durchstanden. Der überaus sanfte, bescheidene, liebenswürdige Franziskaner Gerhard von Borgo San Donnino kam im 13. Jahrhundert wegen unorthodoxer Trinitätsspekulationen aus purer »Gnade« 18 Jahre in den Kerker, bei Wasser und Brot, in Ketten, bis zu seinem Tod; ebenso die beiden Mönche Leonardo und Piero de'Nubili. Im frühen 14. Jahrhundert wurde der Franziskanerspirituale Pontius Bautugati für seine Weigerung, einige der verbotenen Traktate des Petrus Johannis Olivi, eines führenden Spiritualen (gest. 1298), zur Verbrennung auszuliefern, eng an die Mauer eines feuchten, dreckstarrenden Verlieses gekettet, wo er, bei wenig Wasser und Brot, im Schmutz zu Tode faulte; als man ihn eiligst verscharrte, war sein Fleisch schon von Würmern angefressen.
    Auf engstem Raum hat man die Opfer oft haufenweise in modrigen stinkenden Löchern zusammengepfercht. Zum Beispiel, wird überliefert, vierzig Personen in einem 40 Fuß langen und 15 Fuß breiten Gelaß. In der Mitte eine Senkung zum Harnen, dazu ein großer Fäkalientrog, der zweimal in der Woche geleert worden ist. »Aus dem Frauenkerker, der über uns lag, sickerte der Urin durch die Decke in unseren Kerker«. Diese Höllen waren häufig unterirdisch, ohne frische Luft, ohne Licht. Die Opfer von Kirche und Staat, nicht selten an die Mauer geschmiedet, vegetierten bei spärlicher Nahrung oft jahre- und lebenslang dahin, verzehrten sich, bis sie im Irrsinn, durch Selbstmord endeten, durch einen sogenannten natürlichen Tod oder eines Tages auf der Folter oder in den Flammen der Scheiterhaufen.

Practica Inquisitionis

    Viele Experten schrieben Hand- oder Lehrbücher ihrer Heilswissenschaft. So besitzen wir, um nur einige der geachtetsten zu nennen, die »Practica Inquisitionis haereticae pravitatis« des Dominikaners Bernhard Guidonis (oder Gui), der in seiner Amtszeit als Inquisitor nach einer Überlieferung 637 Menschen verbrennen ließ und zum Dank dafür 1324 von Papst Johann XXII. zum Bischof von Lodève erhoben wurde – durchaus nicht, wie Unschuldslämmer meinen könnten, zynisch gesagt. Die Kirche wählte mehrere Inquisitoren zu Päpsten, und noch 1867 sprach sie durch Pius IX. Pedro Arbues, einen der grausamsten, durch diverse Autodafés brillierenden Verbrennungsmeister Spaniens, heilig (Fest 17. September).
    Die Absicht der Inquisition drückt der Dominikaner Guidonis in

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