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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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z.B. daß er ein Mörder oder ein Dieb sei, sind im allgemeinen den Zeugen vorzuziehen, die Gutes über ihn aussagen.« Überhaupt wollte man bloß Belastungszeugen hören. Frauen, Kinder, Diener durften nicht zugunsten eines Angeklagten sprechen, wohl aber gegen ihn, ja dann war ihr Zeugnis willkommen und besonders schwerwiegend. Auch konnten Belastungszeugen nicht nur Familienmitglieder und Hausgenossen sein, Ehegatten, minderjährige Kinder, Domestiken, sondern selbst Juden, Infame, Verbrecher, Meineidige, sogar Exkommunizierte, Leute, die nach kirchlicher Anschauung sonst ganz und gar rechtlos und als Zeugen unfähig waren. Lediglich »Todfeinde« schloß man aus, doch auch sie offenbar bloß bedingt. Zuweilen konnten Zeugen zur Aussage gegen Angeklagte gezwungen werden, die Inquisitoren auch diese Zeugen »zur Erlangung der Wahrheit foltern lassen«.
    Der Franziskaner Bernhard Délicieux, der im Jahr 1300 dokumentarisch erklärt, die Aufzeichnungen der Inquisition verdienten kein Vertrauen, was allgemeiner Glaube sei, stellte auch den Satz auf: Selbst der hl. Petrus und der hl. Paulus wären, hätte man sie nach der Methode der Inquisition verhört, der »Ketzerei« überführt worden.

»Für die katholische Sache ist es sehr zuträglich, wenn die Inquisition reichlich Geldmittel besitzt«

    Während das Volk, die Masse der Christen, ringsum in ungemessenem Elend versank, wurden Dominikaner wie Franziskaner reich durch ihr Blutgeschäft, durch Bestechung Schuldiger, durch Erpressung Unschuldiger. Und da sie genug Geld bekamen, versprachen sie auch erfolgreichen »Ketzer«-Jägern »ewigen Lohn von Gott« sowie »angemessenen zeitlichen Entgelt« (Inquisitor Bernhard Guidonis).
    Henry Charles Lea hat gezeigt, wie sich aus Bestechungen, Erpressungen, Bürgschaften ein über Jahrhunderte fortdauernder Geschäftszweig entwickelte, in dem man sehr viele Menschen nur zum Zweck der Ausbeutung verfolgen ließ. Mitte des 14. Jahrhunderts beschwor in Florenz ein einziger Zeuge sechzig Fälle von Erpressungen durch den Inquisitor Piero di Aquila, wobei die heute noch nachweisbaren abgezwungenen Summen zwischen fünfundzwanzig und siebzehnhundert Goldgulden schwanken, insgesamt der Inquisitor in nur zwei Jahren den seinerzeit gewaltigen Betrag von siebentausend Gulden erpreßt habe – »obwohl es damals gar keine Ketzer in Florenz gab«.
    Solche Praktiken aber waren häufig und wurden durch das Konzil von Vienne 1311 bestätigt. Ein Jahrzehnt früher, 1302, schrieb Papst Bonifaz VIII., seinem Vernehmen nach haben die Franziskanerinquisitoren von Padua und Vicenza »in ihrer schändlichen Habgier von vielen Männern und Frauen unermeßliche Summen erpreßt und ihnen jegliche Art von Unrecht zugefügt«. Doch was bedauert der berühmte Papst? Daß die Übeltäter »den unerlaubten Gewinn nicht zum Besten des Heiligen Offiziums oder der römischen Kirche oder ihres eigenen Ordens verwendet hätten«!
    Nun verschlang gewiß der Apparat der Inquisition Geld. Zum Beispiel hatte Guido von Thusis, der Inquisitor der Romagna, anno 1302 immerhin 39 Assistenten. Wesentlich mehr aber floß wohl für anderes fort oder eben zusätzlich in Klerikertaschen. Zunächst zwar war den Inquisitoren das Erheben von Geldbußen verboten. Doch kam es früh vor. Und dann führte man sie bestimmten Zwecken zu, vor allem der heiligen Inquisition selbst. Gab es ja, so Inquisitor Nicolas Eymerich, keine heilsamere Einrichtung als diese, durch deren »einzig dastehende Wohlthat die Ketzerei ausgerottet wird. Für die katholische Sache ist es sehr zuträglich, wenn die Inquisition reichlich Geldmittel besitzt.«
    Sehr zuträglich war Geld natürlich auch für die Funktionäre der Inquisition. Und so konnten sie schließlich über Geldbußen ganz nach ihrem Ermessen verfügen, konnten aber auch sonstige Strafen in Geldstrafen umgewandelt werden. Dabei gingen die Päpste mit gutem Beispiel voran. Waren sie knapp bei Kasse, führten sie kostspielige Kriege, drangen sie auf Umwandlung von Inquisitionsbußen in Geldstrafen, und zwar ohne Rücksicht auf die Vorrechte der Inquisitoren.
    Die Inquisitoren freilich verfuhren bald analog, wobei die Gelder manchmal »frommen Zwecken« zugute kamen, oft indes auch nur denen, die solche Zahlungen festsetzten. Denn nicht selten betrogen die Inquisitoren die Päpste, die ihrerseits wieder die Inquisitoren beargwöhnten und überwachen ließen. Auch die weltlichen Behörden und die Bischöfe wurden an der Beute

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