Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
Vom Netzwerk:
hinein, und alles um so effizienter, als man den Antichrist gerade für das Jahr 1260 erwartet hat.
    Auch sparte er mit keinen Lügen, mit den aberwitzigsten nicht; behauptete, daß man in den Sarazenenkolonien des Kaisers christliche Frauen und Mädchen mit Vorliebe vor den Altären stupriere, daß Friedrich seine drei Gattinnen vergiftet habe. Er eifert und geifert, daß der Staufer gegen den Herrn anrenne »mit dem aufgestellten Halse des Stolzes wie mit dem breiten Nacken des Reichtums und der Macht«, daß er im Tempel des Herrn sitze, »wie der Herr selbst«, »als wär er Gott selbst«, daß er die Menschen »schlachtete wie die Lämmer« (woran ja Wahres war), »daß er hündischer als Herodes, grausamer als Nero, gemeiner als Julian sei ...«, er, »der Tyrannei Fürst, der Umstülper des kirchlichen Glaubens und Kultes, der Vernichter der Satzung, der Grausamkeit Meister, der Zeiten Verwandler, der Verwirrer des Erdrunds und Hammer der ganzen Erde ... Habt kein Mitleid mit dem Ruchlosen! Werft ihn zu Boden vor der Könige Antlitz, daß sie ihn sehen und fürchten, im Handeln diesem zu folgen! Werft ihn hinaus aus dem Heiligtum Gottes, daß er nicht länger herrsche über das christliche Volk! Vernichtet Namen und Leib, Sproß und Samen dieses Babyloniers! Die Barmherzigkeit möge seiner vergessen ...!«
    Die in Lyon Versammelten, denen diese wutschnaubenden Auslassungen ja zugedacht waren, hatten dafür meist offene Ohren, zumal sie wußten, wie willkommen all das auch dem Papst sein mußte. Friedrich sandte unterdessen neue Friedensvorschläge an die Rhône, wo ihn Thaddäus von Suessa, sein Großhofrichter, unerschrocken und geschickt, doch aussichtslos verteidigte. Der Kaiser wurde, was von vornherein feststand, von der Mehrheit als schuldig verdammt, wurde des Meineids, Sakrilegs, des Friedensbruchs und der »Ketzerei« angeklagt und am 17. Juli 1245 für abgesetzt erklärt (privans ipsum omni honore et imperio et aliis regnis suis: MGH Const. 2,516). Während die Priester ihre Fackeln auf dem Steinboden löschten, schlug sich Thaddäus tränenreich die Brust und verließ samt Gefährten die Kathedrale, das auftönende Tedeum der Prälaten im Ohr.
    Auch Friedrichs Untertanen wurden des Treueids entbunden und die deutschen Großen angehalten, einen neuen König zu wählen, ohne daß jedoch damals, weithin kritisiert, eine Abstimmung stattfand. Innozenz entschied wie ein unumschränkter Souverän, und die Synodalen fügten sich. Eigentliche Beweise für die papalen Bezichtigungen gab es kaum, und vor allem fehlte, wie Johannes Haller breit ausführt, der Nachweis schuldhaften Handelns, entsprach die päpstliche Sentenz den Anforderungen, die man an ein richterliches Urteil stellen muß, in keiner Hinsicht, »ja wir dürfen fragen, ob jemals ein Aktenstück von ähnlicher Tragweite in so oberflächlicher, nicht zu sagen leichtfertiger Weise abgefaßt worden ist.«
    Doch war das Papstverdikt nicht nur ein Fehlspruch, es war auch eine Kriegserklärung und mehr als das. Denn damit hatte Rom den Endkampf zwischen Papst und Kaiser eingeleitet. Es ging jetzt nicht mehr nur um Sicherung des Kirchenstaates, sondern um die Ausschaltung Friedrichs und seines Hauses überhaupt. Es war der Anfang vom Ende der Stauferdynastie. 6

Zwei päpstliche Gegenkönige in Deutschland und ein neuer Bürgerkrieg

    Fatal für Friedrich und ein Glücksfall für den Papst: der beginnende Umschwung in der deutschen Kirche. Sie stand nicht mehr, wie noch unter Gregor IX., geschlossen zum Kaiser, vielmehr scherten gerade die drei prominentesten Prälaten aus, allen voran der herrschsüchtige Mainzer Siegfried III. von Eppstein, Neffe seines Vorgängers – das Haus Eppstein brachte damals in einem Jahrhundert vier Erzbischöfe auf den Mainzer Stuhl. Siegfried, seit 1230 Platzhalter, bekam vom Kaiser die Reichsabtei Lorsch übertragen und wurde 1237, als man vor dem Aufbruch nach Italien den minderjährigen Konrad IV. in Wien zum deutschen König und künftigen Kaiser wählte, zum procurator imperii (Reichsverweser) bestimmt. 1241 aber wechselte der Mainzer aus purem territorialpolitischem Kalkül plötzlich ins antistaufische Lager über.
    Freilich haben, wie so oft, auch in jenem Jahrzehnt fast alle deutschen Fürsten die Front vertauscht, manche mehrfach, und es nicht bereuen müssen. Denn gleich vielen seiner Vorgänger war auch Innozenz IV. bekannt für seine Bestechungen, für solche mit barem Geld, für dezentere Methoden der

Weitere Kostenlose Bücher