Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Käuflichkeit, Verleihung von geistlichen Gnaden, von Annaten, Prälaturen, Abteien, Bistümern. »In diesen nie zu erschöpfenden Sack hat Innozenz unbedenklich gegriffen und mit vollen Händen Dispense, Verleihungen und Anwartschaften ausgestreut, wo immer es galt, geleistete Dienste zu belohnen oder sich künftige zu sichern.« Auch Verwandte der geistlichen Herren wurden entsprechend bedacht.
Der Mainzer Metropolit aber durfte gleich fünf Jahre lang von sämtlichen Pfründen seines Bistums die doppelte Abgabe beziehen. Und trat jetzt an die Seite Konrads von Hochstaden, der schon 1239, ein Jahr nach seiner Erhebung auf den Kölner Stuhl, zur päpstlichen Partei gewechselt war. Beide Erzbischöfe bannten den Kaiser und überfielen sengend, brennend die Wetterau, sein Gebiet. Und Dritter im frommen Bund wurde Arnold II. von Trier, seit 1242 Nachfolger seines Onkels Theoderich. 7
Die drei vornehmsten Kirchenfürsten des Reiches, die »Krönungsbischöfe«, waren damit zu Innozenz übergegangen, der sofort mit ihrer Hilfe in Deutschland den Umsturz betrieb, indem er besonders den staufertreuen Klerus, bis herab zum niedersten, zum weitaus größten Teil stauferfreundlichen, zu spalten und zu zersetzen begann, kaiserergebene Domherrn schlicht degradiert, Bischöfe, falls möglich, entfernt hat. In solche Prozesse waren Oberhirten dutzendweise verstrickt, von Brixen bis Bremen, von Utrecht bis Prag.
Schneller als gedacht, geriet so die deutsche Kirche nach dem Konzil von Lyon wieder in die Hand des Papstes, der jede freie Kapitelwahl verboten, der nicht nur die Bischöfe ernannt, sondern noch die Berufung der unteren Klerisei kontrolliert hat, wobei Geld, die Simonie, eine enorme Rolle spielte. Überhaupt: »kein kanonisches Gebot, von dem Innozenz IV. nicht Dispens erteilt, kein Kirchengesetz, das er nicht umgangen, kein kirchliches Vergehen, das er den Seinen nicht nachgesehen hätte, wenn es ihm für den Kampf gegen den – oder genauer:
die
Staufer nützlich schien. Um Anhänger zu werben, begann der Papst die Kirchengüter auszugeben wie ein souveräner Fürst seine Lehen: wer ihm einen Dienst erwies, empfing etwa eine Anweisung – Zahlungsanweisung) möchte man sagen – auf die erste erledigte Prälatur oder Pfründe, die frei wurde, gleichgültig in welchem Lande sie lag. Es konnten also Spanier in England und Deutschland eine Kirche oder vor allem: deren Einkünfte erhalten, und die meisten Benefizien im Ausland erhielten naturgemäß die Italiener, die der Papst für die unmittelbare Kriegführung gegen den Kaiser selbst benötigte. Vielfach haben diese Italiener ihre Pfarren niemals gesehen, da es ja nur auf die Einkünfte ankam, und die Pfründenanhäufung, welche kanonischen Satzungen von jeher aufs strengste zuwiderlief, wurde jetzt eines der bevorzugten Mittel des Papstes, um sich Anhänger zu schaffen oder sie fester an sich zu ketten. Die Fünften, Zehnten, Zwanzigsten, die der Papst ausschrieb, nahmen kein Ende ...« (Kantorowicz) 8
All dies aber trieb, wie in Italien, so auch in Deutschland, erneut in einen jahrelangen Bürgerkrieg hinein. Dabei kämpften vor allem die Städte – Mainz, Frankfurt, Friedberg, Wetzlar, Gelnhausen, ganz besonders das eine eigene Kriegsflotte stellende Worms – gegen die rheinischen Bischöfe auf seiten der Staufer, die dafür Zollfreiheit gewährten, Steuererleichterungen etc., ja, wobei Konrad IV. noch die Jagd auf Juden in Geld ummünzte, indem er hohe Summen für ihren Schutz oder ihren Freikauf erpreßte. Auf der anderen Seite nutzte zumal der Hochadel, wie gewöhnlich im Casus belli, diesen zu seiner persönlichen Bereicherung, zum dreckigen Kriegsgewinn, feiner: zum Ausbau der Landesherrschaft, zur Arrondierung und Konsolidierung des Besitzes.
Fortgesetzt begleiteten das Elend heftige publizistische Kampagnen, bei denen Innozenz allüberall – an Sonn- und Feiertagen, wo das Volk sich sammelte, bei Prozessionen, auf Märkten – die Strafen verkünden ließ, das Absetzungsdekret, die Bannsentenzen, die er über Friedrich, den bösen Feind, den Verfolger, Zerfetzer des Glaubens, samt Anhang geschleudert. Seine Propagandisten, vor allem die in Scharen ausgeschickten Bettelmönche, malten das Bild des Kaisers schwarz in schwarz, teils aus eigenem pfäffischem Ingenium, teils aber und bevorzugt mittels der wutschäumenden Pamphlete des Kardinals Rainer Capocci von Viterbo. Und nach jeder Predigt riefen sie befehlsgemäß die Menge auf, gegen Friedrich das
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