Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Kreuz zu nehmen, wobei Innozenz schon für das Anhören einer antikaiserlichen Kreuzpredigt einen vierzig- bis fünfzigtägigen Ablaß verlieh.
Besonders besorgte das Geschäft des Heiligen Vaters der Legat Philipp Fontana, ein überaus würdiger, in manchem an den Kardinal Capocci erinnernder Mann. War er ja wie dieser ein inniger Verehrer des hl. Franz und harter Haudegen zugleich; außerdem ein Säufer, der immerhin mit zwei Kindern, einem Sohn, einer Tochter, sich gebrüstet und noch nach seiner Erhebung auf den Erzstuhl von Ravenna die Bischofsweihe verschmäht hat. Philipp Fontana stellte jetzt den Thüringer Landgrafen Heinrich Raspe – noch 1239 für seine Staufertreue gebannt, noch 1241 von dem ihm blutsverwandten Kaiser durch Amt und Titel des Reichsprokurators geehrt, nun aber vom Papst favorisiert – als Gegenkönig auf.
Heinrich entstammte einem Haus, bekannt für seinen besonderen Machthunger, für die eifrige Förderung der Inquisition, zumal des Konrad von Marburg, und für eine devote Kirchlichkeit. So wurde der Landgraf am 22. Mai 1246 in Veitshöchheim bei Würzburg von einem kleinen Prälatenkreis, darunter die Metropoliten von Mainz und Köln, auf Weisung des Papstes, der dem zunächst Zögernden 25000 Mark Silber für die Annahme der Krone zahlte, im Beisein seines Legaten als antistaufischer Gegenkönig gewählt – rex clericorum, der Pfaffenkönig, wie man von Anfang an spöttelte, worauf Innozenz auch zur Fortsetzung des Krieges noch beträchtliche Geldmittel springen ließ.
Außer den Prälaten standen nur einige Grafen und Herren an der Seite der geistlichen Empörer, doch kein einziger weltlicher deutscher Fürst, von denen freilich auch keiner Friedrich stützte, fast ein Fremder für sie, ein italienischer Kaiser. Heinrich Raspe aber, den Pfaffenkönig, lehnte selbst die Majorität des Klerus ab. Der Legat belegte deshalb eine Reihe von Äbten und mehr als ein Dutzend Bischöfe mit schweren Kirchenstrafen. 9
Schon einen Monat nach der Wahl, am 27. Juni 1246, rief Innozenz IV. zum Kreuzzug gegen Friedrich auf, wobei er die Propaganda für das Heilige Land durch einen Geheimbefehl einstellen, die Predigt zur Befreiung der heiligen Stätten strengstens untersagen und ältere Kreuzzugsgelübde transformieren ließ in solche für die Bekämpfung des Kaisers. Und dies, obwohl Ludwig der Heilige seinen traditionellen, seinen Kreuzzug sozusagen alten Stils schon vorbereitet hat.
Am 5. August 1246 wurde Konrad in der »Königsschlacht« bei Frankfurt geschlagen und konnte sich selbst gerade noch hinter die Stadtmauer retten, was allerdings nur durch Verrat möglich war, ein weiteres Missions werk gleichsam des Papstes. Hatte er doch von Lyon aus die schwäbischen Grafen von Wirtemberg und Grüningen durch Versprechung des Herzogtums sowie durch erhebliche Gelder, 6000 Mark, gekauft; also gingen die Herren mit ihren Truppen während der Schlacht zum Feind über und brachten ihm den Sieg. Natürlich wurde auch für weitere Kriege des Gegenkönigs und seines Nachfolgers mit kurialem Kapital geworben, die Soldateska ausgerüstet, überhaupt der ganze Feldzug gegen die Staufer in Deutschland vor allem mit Geld gewonnen. Innozenz soll immer größere Summen, 15000, 25000, 50000 Mark investiert, Friedrichs Leute allerdings die Überbringer gelegentlich überfallen und ausgeraubt haben. 10
Heinrich Raspe konnte sich indes nicht lange seines Waffenglücks erfreuen. Er drang noch bis Schwaben, ins staufische Zentrum vor, mußte aber die Belagerung Ulms im Februar ergebnislos abbrechen. Schwer erkrankt kam er nach Thüringen zurück, wo er, nach nur neunmonatiger Herrschaft, als letzter männlicher Vertreter der thüringischen Landgrafen, am 16. Februar 1247 auf der Wartburg starb. Doch schon bald setzte ein neuer Papstlegat das alte Spiel mit einem weiteren Pfaffenkönig fort, wobei man freilich nicht vergessen darf, daß auch die Seelenhirten seinerzeit über Truppen und ungezählte Burgen geboten und der Stellvertreter Christi von ihnen, wie von Vasallen, Heeresfolge, falls nötig, sogar gewaltsam, herbeizuführen suchte.
Am 3. Oktober 1247 wählte somit erneut ein Gremium von Gottesdienern, darunter die Erzbischöfe von Trier, Mainz, Köln, Bremen, im rheinischen Worringen für Heinrich Raspe einen Nachfolger: den achtzehnjährigen Grafen Wilhelm II. von Holland; besonders gefördert von dem spiritus rector der Wahl, den Wilhelm am 1. November 1248 in Aachen krönenden Kölner Erzbischof
Weitere Kostenlose Bücher