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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Jahrhundert halten, worauf sie großenteils zum Islam übertraten. In den Westen, nach Italien, nach Südfrankreich gelangten sie wahrscheinlich mit den Kreuzzüglern, wurden schließlich den antiken Manichäern gleichgesetzt und schonunglos gejagt. 12
    Von den Bogomilen trennten sich im späteren 11. Jahrhundert die Katharer, deren Glaube mehr neutestamentlich und kirchlich orientiert, gleichsam ein »reformierter« Bogomilismus ist. Im Laufe des 12. Jahrhunderts konstituierten sich katharische Kirchen auf dem Balkan, im Rheinland, in Flandern, der Champagne, im äußersten Süden Frankreichs, der seinerzeit noch nicht zum französischen Königreich gehörte, in der Gascogne, im Languedoc, in der Provence. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts breiteten sie sich bereits als sonderkirchliche Gemeinschaften mit Diözesangliederung unter quasi klerikaler Führung vor allem in den Grafschaften Toulouse und Albi aus sowie in den Vizegrafschaften von Béziers und Carcassonne, ein Siegeszug im Bürger-, im Rittertum, selbst in Teilen des Klerus.
    Im 13. Jahrhundert war das Katharertum die kraftvollste »Ketzerei«, die größte »Sekte« des mittelalterlichen Christentums überhaupt, wurde das damalige »Ketzertum« erstmals zu einer Massenbewegung. Nach den bestbegründeten Schätzungen schwankte der katharische Bevölkerungsanteil zwischen einem Viertel und einem Drittel, doch waren dies ohne Zweifel »die religiös sensiblen Menschen unter einer indifferenten, gleichgültigen Mehrheit« (Ehlers). Kein Wunder, wenn alle Bekenntnisse und Meinungen nebeneinander bestehen konnten, relative Toleranz herrschte, sogar die Klassenunterschiede fast verschwunden schienen.
    Damals entstehen die Katharerbistümer Toulouse, Carcassonne, Agen, und in fast jeder größeren Stadt gab es bald einen Katharerbischof. Katharische Wanderprediger missionieren in Italien, wo sie auch Patarener (»Patarini«) heißen, missionieren in der Lombardei, der Toskana, Romagna, den Marken, sogar im Kirchenstaat; sie dringen noch im 12. Jahrhundert bis England und Spanien vor. Seinerzeit, als Katharer bereits eigene Bücher schrieben – mit wenigen Ausnahmen verloren oder vernichtet –, bildeten sie auch in Italien Bistümer in Bagnolo, Concorezzo bei Mailand, allmählich ein Zentrum italienischen Katharertums, in Desenzano, Florenz, Spoleto. Allein in Frankreich und Italien gab es vierzehn ihrer Diözesen, dazu weitere in Bosnien, Bulgarien, im Byzantinischen Reich. Im ausgehenden 12. Jahrhundert entstehen wegen Lehrdifferenzen aber auch Spaltungen: die Albanenser, nach einem Ort oder einer Person, die Concorezzenser, nach einem Dorf zwischen Mailand und Monza benannt, die Bagnolenser, nach ihrem Zentrum Bagnolo S. Vito bei Mantua. 13
    Was die Menschen anzog, war nicht so sehr der Glaube der Katharer als ihr Leben, vor allem das persönliche Vorbild ihrer Führer, die zu einem nicht unbeträchtlichen Teil dem Adel entstammten, zumindest dem Niederadel. Adelig waren vor dem Kreuzzug nicht weniger als 35 Prozent der namentlich bekannten »perfecti«, darunter 69 Prozent Frauen. Freilich hatten die Herren dafür keineswegs nur religiöse, sondern auch sehr handfeste materielle Motive, was besonders die unerbittlich auf ihre Besitztitel, zumal ihre Zehntforderung pochende Kirche betraf. Andererseits wieder waren große Teile des Klerus, zumal des Episkopats, mit den inzwischen zur »Ketzerei« konvertierten Familien verwandt, scheuten ernsthafte Auseinandersetzungen oder dachten gar nicht daran. Auch Teile des gehobenen Bürgertums, vor allem der reichen Kaufmannschaft, tendierten zum Katharismus, und sei es nur eines »schlechten Gewissens« wegen. Und die Sympathie des elend geschröpften Volkes hatten die armen asketischen »Ketzer« doch fast von vornherein. 14

Katharische Theologie und Hierarchie

    Die Katharer, die sich für die Nachfolger der ersten Christen hielten, wichen in ihren Glaubensbekenntnissen oft stark voneinander ab, was bis zur gegenseitigen Verfluchung (schließlich war man Christ) von Albanensern und Concorezzensern führte. Mitte des 13. Jahrhunderts zählt der Dominikanerinquisitor Ranieri Sacconi, anfangs selbst Katharer (später Mitarbeiter und Nachfolger des ermordeten Inquisitors Petrus von Verona), 16 verschiedene Gruppen auf, die er »ecclesiae Catharorum« nennt. Doch gab es bei allen theologischen Varianten, allen regional und zeitlich differenten Ausformungen der Konfessionen grundlegende Gemeinsamkeiten.
    Die

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