Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
bestätigten und zunächst, besonders vor den Albigenserkriegen, eifrig geförderten Ordensgruppen der »Pauperes Catholici«, mit dem Waldes-Schüler Durandus von Huesca (de Osca) an der Spitze, und der »Pauperes reconciliati«. Beide belehrten zwar dauernd die »Ketzer«, suchten sie zu »bekehren«, opferten auch oft ihr ganzes Hab und Gut den Armen und gewannen so nicht wenige Waldenser wie Albigenser der reichen Kirche zurück. Aber mit den neuen Bettelorden der Franziskaner und Dominikaner konnten sie nicht konkurrieren und hörten bald zu bestehen auf.
Denn kaum hatte der Papst seinen Kreuzzug, kaum konnte er die »Ketzer« mit Feuer und Schwert vertilgen, da erlahmte sein Interesse an den »Pauperes Catholici«. Schon nach 1212 hören wir fast nichts mehr von ihnen. Dafür fördert Innozenz jetzt mächtig die Dominikaner, die Träger der Inquisition – und 1244 verbietet Innozenz IV. den »Pauperes Catholici« das Predigen.
Die nicht zu Kreuze kriechenden Waldenser, die in weithin verbreiteten Konventikeln lebten, wurden diffamiert, verfolgt und verbrannt.
Das erste Beispiel einer »Ketzer«-Gesetzgebung bietet seinerzeit, 1192, Alfons II. von Aragón. Er erklärt die Waldenser und alle andern von der Kirche verurteilten Abweichler zu Staatsfeinden und fordert sie auf, das Land zu verlassen. Jeder, der sie unterstützt, sie beherbergt, speist, ihre Predigten hört, wird, wie die Ausgewiesenen, all seiner Güter beraubt. Alfons' II. Sohn Peter II. fügt 1197 auf dem Nationalkonzil von Gerona diesen Gesetzen seines Vaters – »in Gehorsam gegen die Kanones der heiligen römischen Kirche« – noch die Strafe des Scheiterhaufens für Häretiker hinzu.
In Straßburg, wo man fünfhundert Waldenser eingekerkert hatte, setzt Bischof Heinrich die Dominikaner erst theologisch auf die »ketzerische Bosheit« an, um sie durch Disputationen zu besiegen. »Aber es wardt niemandts unter allen geistlichen befunden, der ihnen kunte zukomen, also wol wuszten sy ihr sachen mit Gottes wort zu verantworten.« So verheizte man 80 Menschen, darunter 12 Priester, 23 Frauen und viele Adlige gemeinsam in einem Feuer. 1320 brachte man in Pamiers eine arme alte Waldenserin auf den Scheiterhaufen, nur weil sie sich weigerte, einen Eid abzulegen. Davon abgesehen entsprach ihr Glaube völlig dem katholischen. In den Jahren 1378 und 1384 wirft auch der Regensburger Domdechant Heinrich als päpstlicher Inquisitor eine Anzahl waldensischer Frauen in die – wie noch Katholiken des 20. Jahrhunderts schwärmen – »gesegneten Flammen ...« Um dieselbe Zeit wütet in Nürnberg eine Waldenserverfolgung, 15 »Ketzer« fallen ihr zum Opfer. 1392 werden bei einem Autodafé in Bingen 36, 1397 zu Steyr etwa 100 Waldenser verbrannt.
Auch die Franziskaner machten Jagd auf sie, ja verbündeten sich dabei gelegentlich mit Räubern. So meldet eine Quelle aus dem Jahr 1382 von dem päpstlichen Franziskanerinquisitor Franziskus: »Dem
Girardo Burgarone,
einem Hauptmann von 22 Räubern, wird ein Preis gezahlt zur Ergreifung einiger Waldenser, um sie hinzurichten, auf Befehl des Franziskus, des Inquisitors aus dem Orden der minderen Brüder.«
Seinerzeit waren durch den Franziskaner Franz Borelli die gallischen Waldenser, besonders die in der Dauphine, schweren Nachstellungen ausgesetzt. Verbrannt wurden die Opfer gewöhnlich in Grenoble, 150 aus Val Pute, 80 aus den Tälern von Argentière und Fraissinière. Zu einer zweiten Verfolgung kam es unter Papst Pius II. durch den Erzbischof Johann von Embrun. Der Franziskanerinquisitor Johann Veyleti ließ aus Beutegier sogar Katholiken ergreifen. Jeden Tag machten er und seine Richter einigen Leuten den Prozeß, um ihre Güter zu ergattern.
Ein weiteres Pogrom leitete 1488 Albert von Capitaneis, Legat Innozenz' VIII., des Hexenbullenschreibers, der nicht ohne diverse Bestechungen Papst geworden war und für das Wohl etlicher unehelicher Kinder väterlich sorgte, u.a. durch Verheiratung in berühmte Fürstenhäuser. Die Waldenser flüchteten seinerzeit in hochgelegene Gebirgshöhlen und wurden durch Feuer vor den Eingängen verbrannt oder ausgeräuchert. Auch einige hundert Kinder sollen in ihren Wiegen oder in den Armen ihrer Mütter erstickt, insgesamt mehr als 3000 Menschen umgekommen sein. Verfolgungen der dortigen Waldenser gab es noch Ende des 15. und im späteren 16. Jahrhundert. Auch in Ungarn ging man noch im Spätmittelalter gegen sie vor. In einigen Gegenden, in Kalabrien, der Provence, wurden
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