Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
sie völlig ausgerottet. »Die Inquisition vernichtete die Waldensergemeinden, eine nach der anderen in allen Gebieten, die sie erreichte« (Vinay).
Nach den fürchterlichen Pogromen 1487/1488 unter dem zum Kreuzzug aufrufenden Hexenbullen-Innozenz schlossen sich die Verfolgten im alpinen Raum schließlich der frankophonen Reformation an – und einige Waldenser leben noch heute in Europa, sogar in Florenz, in Rom, auch in Nord- und Südamerika. 23
Der Papst beschwört den »Gott der Rache« und befiehlt, »die Wölfe zu erschlagen«
Auch die Albigenser wollte Innozenz zunächst eher friedlich gewinnen, durch Predigt, nachdrückliche Schreiben, Drohungen. Jahrelang schickte er ihnen, ohne geringsten Erfolg, eine Mission nach der andern, kam er ihnen durch sogenannte geistliche Mittel »in dieser schweren Krankheit mit seiner heilenden Hand zu Hilfe« (Historia Albigensis). Doch hatte er auch bereits zwei Monate nach seinem Amtsantritt in Briefen an die Prälaten, an den Adel und das ganze französische Volk verfügt, alle nicht zur katholischen Kirche zurückkehrenden Häretiker zu verbrennen und ihres Besitzes zu berauben. Und da weder die Agitationen des Abtes von Clairvaux, Henry de Marcy, des nachmaligen Kardinals, viel ausrichteten noch die seiner sonstigen Beauftragten, etwa der beiden Zisterzienser Peter und Raoul, die ihn, entmutigt aber vergeblich, um ihre Abberufung baten, ging Innozenz jetzt gegen die Albigenser zu nackter Gewalt über.
Er bevollmächtigte 1204 seine Legaten, überall, wo die Häresie bestehe, »zu zerstören, niederzuwerfen oder zu ergreifen, was immer zerstört, niedergeworfen oder ergriffen werden müsse, und zu pflanzen und aufzubauen, was immer aufgebaut und gepflanzt werden müsse«. Doch noch Mitte des 20. Jahrhunderts schreibt der renominierte Katholik Joseph Bernhart in seinem Buch »Der Vatikan als Weltmacht«: »Innozenz versuchte alles zur friedlichen Bewältigung der Gegenkirche, aber seine Legaten und das Missionswerk der Zisterzienser versagten kläglich. Durch ihre Schuld kam es zum Kampfe mit den Waffen ...«
Es ist immer die gleiche, die Welt durch Jahrtausende betrügende Priestertaktik, wenn es sein muß, auch hohe Instanzen, Orden, Bischöfe, Kardinäle, jederzeit zu belasten, um wenigstens die höchste Instanz freisprechen zu können. »Innocenz III. kehrte alle friedlichen Mittel vor«, behauptet ein anderer Apologet, während er doch alles tat, um einen Krieg vom Zaun zu brechen.
Insbesondere versuchte er immer wieder, Frankreich zum Losschlagen zu bringen. So ließ er König Philipp August sowie dem ganzen Adel einen vollständigen Nachlaß der Sünden anbieten und den katholischen Pöbel durch Aussicht auf Absolution und Plünderung reizen. So ermunterte er den Herrscher auch, sein Schwert zu zücken und die Wölfe zu erschlagen. Zudem bewilligte er ihm, die Gebiete aller, die ihn beim Verfolgen der »Ketzer« nicht begleiten würden, selbst in Besitz zu nehmen. Aber der Monarch stand im Kampf mit Johann Ohneland (John Lackland), dem englischen König, und die Aneignung von dessen Territorien in Westfrankreich war ihm wichtiger. Außerdem wollte er sich nicht zum Büttel des Papstes erniedrigen. So prallte ein kurialer Appell nach dem andern ab. Und auch Peter von Aragón, dem Innozenz sämtliche eroberten Häretikerländer und endlich all ihr Hab und Gut zusprach, ließ sich nicht gewinnen. 24
Im November 1207 mahnte Innozenz den Franzosen erneut, ihm einmal mehr den Greuel der Albigenser ausmalend: »Die lange Zeit eingewurzelte, Verderben bringende verworfene Ketzerei, die im Gebiet von Toulouse unablässig anwächst, hört nicht auf, wahre Ungeheuer als Leibesfrucht zu gebären, die ihre eigene Wahnsinnspest auf andere übertragen und jene verabscheuungswürdige Nachfolge der Verdammten unablässig am Leben und Gedeihen halten.«
Der französische Potentat, dem Papst schon an sich nicht sehr gewogen, war verstimmt über dessen Einmischung in seine Souveränität, verlangte einen sicheren zweijährigen Waffenstillstand mit Johann Ohneland sowie die Finanzierung des geforderten Krieges durch Klerus und Adel. Und Raimund, Graf von Toulouse, schützte die Albigenser, weshalb ihn Pierre de Castelnau exkommunizierte, nachdem er, der Legat, 1207 ein Bündnis gegen ihn zustande gebracht. 25
Die Ermordung des Gesandten aber durch einen, wie es heißt, Ritter, Dienstmann, Schildknappen des Grafen legte man diesem selbst zur Last, obwohl es keinen Beweis für
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