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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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gewann weder die Sympathie der Prälaten noch Popularität.
    Der Graf von Toulouse, Raimund VI. (1194–1222), »Fürst und Oberhaupt aller Häretiker« (Caesarius von Heisterbach), gegen den sich Pierre de Castelnau voll Eifer für den »Frieden« wandte, verfiel im April 1207 kurzerhand seiner Exkommunikation. Die Länder des Grafen, Vetter des Königs von Frankreich, Schwager des Königs von England, Schwager des Königs von Aragón, wurden mit dem Interdikt belegt, und der Papst bestätigt dies mit Schreiben vom 29. Mai 1207 so: »An den edlen Grafen von Toulouse. Welcher Stolz hat sich Deines Herzens bemächtigt, Du Aussätziger. Mit Deinen Nachbarn liegst Du unausgesetzt in Fehde, mißachtest die Gesetze Gottes und hältst es mit den Feinden des wahren Glaubens. Zittere, Gottloser, denn Du wirst gezüchtigt werden. Wie kannst Du die Ketzer beschützen, grausamer und barbarischer Tyrann. Wie kannst Du behaupten, der Glaube der Ketzer sei besser als der der Katholischen. Noch andere Vergehen hast Du gegen Gott begangen: Du willst keinen Frieden, hältst Fehde an Sonntagen und beraubst die Klöster. Der Christenheit zur Schmach verleihst Du öffentliche Ämter an Juden. Unsere Legaten haben Dich exkommuniziert. Wir bestätigen ihren Beschluß. Da wir aber die Sünder zu bekehren haben, befehlen wir Dir, Buße zu tun, um unsere gnädige Absolution zu verdienen. Da wir Deine Beleidigungen gegen Kirche und Gott nicht ungestraft lassen können, so wisse denn, daß wir Deine Besitzungen Dir wegnehmen lassen und die Fürsten gegen Dich als einen Feind Jesu Christi aufwiegeln werden. Aber der Zorn des Herrn wird es nicht darauf beruhen lassen. Der Herr wird Dich zermalmen!«
    Die Gesandten des Papstes kanzelten auch Kirchenfürsten ab, suspendierten auch lässige Erzbischöfe und Bischöfe – der Seelenhirt von Vence lebte gar friedlich mit einer Frau an seiner Seite – und ersetzten sie durch Scharfmacher, wie durch den reichen Genueser Kaufmannssprößling Fulko von Marseille.
    Doch selbst Pierre de Castelnau hatte gelegentlich von dem, was das Lexikon für Theologie und Kirche das »Päpstliche Missionswerk« nennt, die Nase voll und wollte zurück in sein Kloster. Innozenz lehnte brüsk ab: »Bleibt, wo ihr seid! In einer solchen Stunde ist Aktion besser als Kontemplation!« So blieb er und wurde Mitte Januar 1208 am rechten Rhôneufer auf dem Weg nach Arles hinterrücks mit einem Spieß erstochen, weil er, formulierte der Papst am 10. März 1208 etwas unbedacht, »mit unerschütterlicher Festigkeit auf den Felsen Christus baute und deshalb vor einer so großen Verräterei nicht auf der Hut war«, was ja doch ein merkwürdiges Licht auf den Felsen Christus wirft. Wie auch immer, Innozenz proklamierte sein Opfer, den Helden wider Willen, am 10. März als Märtyrer und sprach ihn heilig (Fest 5. März, Diözese Nîmes 15. März).
    Natürlich geschahen bald Wunder über Wunder zu Ehren dieses »heiligen«, dieses »allerheiligsten Mannes«, »des Mannes Gottes«; auch Strafwunder, die jenen »überaus grausamen Mörder« trafen, den »selbst die stummen Tiere verabscheuten« – die ja nun wirklich nicht viel zählten und zählen im Christentum. Doch seinerzeit mochte, so wird »als wahrhaftig von vielen und ehrenhaften Männern, Kanonikern der Kirche in Toulouse, berichtet« – und alle Wunderberichterstatter auf katholischer Seite und für die katholische Seite sind immer wahrhaftig und ehrenhaft, das können wir tausend- und abertausendmal lesen – ja, seinerzeit mochte von dem Mörder des Gottesmannes, »aus Abscheu vor einem so großen Verbrechen, kein Hund ein Stück Brot aus seiner Hand annehmen. Oh, was für ein wunderbares Geschehen, oh, welch eine seit Jahrhunderten nicht gehörte Sache!«
    Doch nicht die einzige unerhörte in dieser »Sache Christi«, nein. Als die Leiche des heiligen Märtyrers Pierre de Castelnau nach langer Zeit umgebettet wird, findet man ihn »so völlig unversehrt vor, als ob er erst an demselben Tag bestattet worden wäre« (vgl. u.a. I 431 ff.!), und natürlich entströmt ihm auch der obligatorische »wunderbare Duft«, wie sich das für einen echten katholischen Blutzeugen gehört. 21

Die Verfolgung der Waldenser

    Hatte Innozenz III. aber mit seinen Wanderpredigern, seinen Aposteln der Armut auch nur partiellen Erfolg, kam er doch weiter damit als seine Vorgänger, die das Problem der Armutsbewegungen durch Disziplinarmaßnahmen, besonders durch das Predigtverbot, zu

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