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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Otto IV. mit dem Papst beginnt 1210 und führt bald zu immer schärferen Formen, immer schlimmeren Klagen des Innozenz über den Charakter dessen, »der sich Kaiser nennt«. Zwar hatte er Otto erst vor einem Jahr und ein paar Monaten selbst gekrönt (S. 80), der Gekrönte freilich über seine Versprechen bald nur gelacht und schon 1210 offen die staufische Reichspolitik in Italien fortgesetzt. Noch kurz zuvor »König von Gottes und des Papstes Gnaden«, entschloß sich Otto jetzt, von apulischen Baronen und deutschen Herren gerufen, zum Vorstoß auf Sizilien. Viele Fürsten verließen ihn darauf und kehrten nach Deutschland zurück, doch gab es auch vereinzelt Zuzug von dort, die Hauptmacht des Heeres aber bestand aus Italienern.
    Der Kaiser attackierte im August die Grenzorte im Norden des »Patrimonium Petri« und fiel im November in das Erbreich des jungen Staufers Friedrich, in das festländische Sizilien ein. Damit schien die größte Befürchtung des Papstes, die »Unio regni ad imperium«, die Umklammerung des Kirchenstaates, bevorzustehen. Brieflich klagte Innozenz den deutschen Bischöfen, er habe sich selbst das Schwert, das ihn jetzt so tief verwunde, geschmiedet und bereue, so mit starkem Anklang an 1. Sam. 15,11, diesen Menschen zum König gemacht zu haben. Er fühle sich, schreibt er am 1. Februar 1211 dem König Philipp II. Augustus von Frankreich, »grausam überlistet«. Erstrebe Otto doch nicht nur Friedrichs Erbteil in Deutschland, sondern strecke, entgegen seinem Versprechen, schon die Hand nach Sizilien aus, ja verkünde, in Kürze »würden alle Könige der Welt seiner Herrschaft unterworfen sein«.
    Die Neuauflage der Stauferpolitik ausgerechnet durch den, der Innozenz' Werkzeug sein sollte, wurde die größte Demütigung, die schlimmste Wendung seines Lebens, eine Beschämung, mit der er nie gerechnet. Er exkommunizierte Otto und Helfer kurz nach seinem Einmarsch ins sizilische Reich, am 18. November 1210, nur ein Jahr nach der Kaiserkrönung, jedoch ohne ihn formell abzusetzen. Und am Gründonnerstag des nächsten Jahres, am 31. März 1211, erfolgte, wie üblich, die Wiederholung des Bannes, die Annullierung aller ihm geleisteter Eide. Innozenz haßte den Welfen nun wie kaum einen zweiten Menschen. Er schürte den Abfall von ihm in Italien und Deutschland, wo er Legaten umherschickte, scharfmacherische Mönche, und agitierte auch in Frankreich entsprechend.
    Der Kaiser drang inzwischen, fast wie auf einem Triumphzug, unbeirrt nach Apulien, nach Kalabrien vor, begünstigt durch den fast allerwärts überlaufenden Adel und die Kollaboration des Klerus, der sich weder um Ottos beiläufigen Einfall in das tuszische Patrimonium noch um Bann und Interdikt des Papstes kümmerte. Selbst der Bischof von Melfi, der gerade noch seine Diözesanen auf König Friedrich hatte schwören lassen, lief jetzt als erster dem Kaiser entgegen und erklärte, wenigstens insoweit ein aufrichtiger Pfaffe, lieber seine Ehre als sein Einkommen verlieren zu wollen. Für Innozenz aber war der Weife nun der gottlose Verfolger, dem Teufel gleich, ein Tyrann, Drachen, der »excommunicatus et maledictus«. 6
    Der junge Friedrich bot noch im Frühjahr dem rasch näher Rückenden ganz Schwaben sowie Tausende Pfund Gold und Silber, die er vielleicht gar nicht mehr besaß. Doch Otto »spie« darauf, brachte bereits im September 1211 Kalabrien, die Basilicata an sich und konnte, von sizilischen Sarazenen zum Angriff gerufen, wohl glauben, auch die Insel bald zu haben. Und wirklich war dort Friedrich, »regulus, nicht rex«, außer Palermo fast all seiner Städte, Burgen, Provinzen beraubt, lag für ihn, den nahen Untergang vor Augen, im Hafen der Hauptstadt, nächst Castellamare, zur Rettung seines nackten Lebens stets ein fahrbereites Schiff für die Flucht nach Afrika bereit. 7
    Im Begriff aber, mit Hilfe der pisanischen Flotte die Straße von Messina zu überqueren, nötigten Otto die Erfolge der kurialen Retorsionen, Erhebungen sowohl jenseits wie diesseits der Alpen, im Oktober zur Umkehr – und hätte vielleicht durch einen raschen Ansturm auf die Insel sein Problem am einfachsten gelöst. Doch Boten aus Deutschland meldeten die Wahl des sechzehnjährigen Friedrich im September in Nürnberg zum römischen König und »zukünftigen Kaiser« (wo sich unter der Fürstenopposition auch Landgraf Hermann von Thüringen befand, hier zum sechsten Mal die Partei wechselnd). Die Boten meldeten, stark übertrieben, Aufruhr im Reich,

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