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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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auch Gesandte aus der Lombardei beschworen den Kaiser zum Abbruch des Krieges, und er, entsetzt über den Verrat der Großen, verlor die Fassung, verlor die Kontrolle über das Ganze.
    Unmittelbar vor dem sicheren Sieg, brach er den Feldzug ab, und auf dem Rückweg zerschlugen sich wieder wochenlange Verhandlungen mit dem Papst, der ja nichts unterließ, um Otto auszuschalten, um mit allen diplomatischen Tricks, mit tausend Künsten der Intrige die kaiserliche Macht zu untergraben. Innozenz belobigte jetzt Aufständische, wie den Erzbischof Ubald von Ravenna, und drohte Kaisertreuen, wie Bologna, mit Bann und Interdikt, mit dem Verlust gar der berühmten Universität.
    Auch jenseits der Alpen, wo »im ganzen deutschen Reich«, behaupten zumindest die kaiserfreundlichen »Annales Marbacenses«, »zur Zeit Ottos höchster Frieden und Eintracht« herrschten, »auch in seiner Abwesenheit«, da sorgte Innozenz – im Bunde mit Philipp, dem französischen König, dem Stauferfreund und Welfenfeind – für Beendigung des doch so ersehnten Zustands. Er rief offen zur Empörung, zum Abfall. Er befahl nicht nur, die Exkommunikation des Welfen überall zu verkünden, sondern appellierte auch an die deutschen Fürsten, Otto unverzüglich durch einen Gegenkönig zu stürzen, wobei es ihnen nicht so ergehen sollte, »daß ihr nicht wollt, wenn ihr könnt, und nicht könnt, wenn ihr wollt«. 8
    Der Kaiser, der im Spätwinter 1212 die tiefverschneiten Alpen überschritt, war im März in Frankfurt. Und da inzwischen, auf Anregung Philipps von Frankreich, der gebannte Otto in Nürnberg für abgesetzt erklärt und Friedrich II. zum König gewählt worden war (s.o.), begannen in Deutschland abermals die Schrecken des Bürgerkriegs, u.a. besonders im Erzstift Mainz. Denn dort hatte Siegfried II., nach päpstlicher Weisung lavierend, gerade noch auf Ottos Seite, zur Jahreswende 1211 für den Staufer Partei ergriffen. Und weil er überdies zu den Oppositionsführern gehörte, verwüstete jetzt Ottos Bruder Heinrich I., Pfalzgraf bei Rhein, das Erzstift mit aller Kraft, wobei ihm Herzog Heinrich von Brabant, einer der mächtigsten Fürsten und gleichfalls häufiger Frontwechsler im Thronkonflikt, samt dem lothringischen Adel beistand.
    Erfolgreicher noch operierte Reichstruchseß Gunzelin von Wolfenbüttel wider ein weiteres Rebellenhaupt, den Landgrafen von Thüringen, dessen Gebiet er freilich weniger zum Schaden des Fürsten verheerte als seiner Bauern. Trafen doch überhaupt all diese Kriege nicht eigentlich die Großen, sondern das wehrlose Landvolk, dessen Häuser und Höfe häufig in Flammen aufgingen. 9
    Und schon im nächsten Jahr brandschatzte man Thüringen erneut. Diesmal im Beisein des schnell wieder die Oberhand gewinnenden Kaisers, der sich kurz vor dem Sieg wähnte, wohl nicht nur in Thüringen, das er mit 2500 Mann heimsuchte, während seine staufische Frau Beatrix starb und ihm ein Eilbote des befreundeten Patriarchen von Aquileja, Wolfger von Erla, meldete, der junge Friedrich sei von Sizilien nach Deutschland unterwegs und schon in Genua. »Höret«, heißt es, höhnte Otto, als die Schwaben bereits sein Heer verließen und die Bayern ihnen folgten, »der Pfaffenkaiser kommt und will uns vertreiben.«

Der Pfaffenkaiser kommt

    Friedrich II. hatte im Alter von drei Jahren, 1197, den Vater, mit vier Jahren die Mutter verloren und war dann, wenig beaufsichtigt als Mündel des Papstes, der Sizilien niemals betreten, unter abenteuerlichen, gelegentlich lebensgefährlichen Umständen auf der Insel herangewachsen. Einen eigenen Erzieher hatte er offensichtlich nicht, jedenfalls nicht über längere Zeit. Der König war Autodidakt, und sein enormes, später oft bestauntes Wissen erwarb er sich selbst, schon als Zwölfjähriger bis tief in die Nacht hinein lesend, mit einem Faible für Geschichte. Tagsüber übte der mittelgroße, doch kräftige, ebenso gewandte wie ausdauernde Jüngling sich in diversen Waffen; war besonders talentiert zum Fechten, ein leidenschaftlicher Reiter und guter Bogenschütze.
    Anno 1208 verlobte der Papst den Vierzehnjährigen nicht ohne Drück mit Konstanze, der wenigstens zehn Jahre älteren Schwester des Königs Peter von Aragón. Und noch im selben Jahr, am 26. Dezember, an Friedrichs fünfzehntem Geburtstag, trat der Papst als Regent Siziliens zurück.
    Der junge Fürst, selbstbewußt, doch ohne Überzogenheit, ergriff sofort das Ruder des Staates. Und obwohl er bloß über geringe Kräfte gebot,

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