Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
aufzuwenden Uns bemühten?«
So mußte nun der »Sohn der Kirche«, wie der Papst ihn hieß, dem Lehnsherrn nicht nur den Mannschaftseid noch leisten, sondern auch seinerseits jetzt schwarz auf weiß versichern, ihm nächst Gott alles zu verdanken, was sogar stimmte, wenn auch alles, was Innozenz für ihn getan, ganz allein in seinem, Innozenz' eigenem Interesse, geschah.
Zum Beispiel, wenn er fast laufend Legaten mit Truppen nach Sizilien schickte, das schließlich sein Lehensstaat war. Ganz beiseite, daß er dem jungen Fürsten noch eine Rechnung für seine Unkosten präsentierte, immerhin 12800 Unzen in Gold, wofür ihm Friedrich, außer dem bereits verpfändeten Gebiet des Klosters Monte Cassino sowie den Grafschaften Aquino, Pagano, Sora, auch noch die Grafschaft Fondi verpfänden mußte samt allem Land bis zum Garigliano, zu Grenzgegenden, auf die der Hohepriester schon lange sein Auge geworfen; wußte er doch nur zu gut, welches Spiel er mit dem »Sohn der Kirche« spielte, und sagte angeblich voraus: Erkenne dieser Knabe einst, die römische Kirche habe ihn der Ehre des Reiches beraubt, »dann wird er ihr nicht nur die geziemende Ehrfurcht versagen, sondern sie sogar auf jede nur mögliche Weise bekämpfen, wird Siziliens Königtum von ihrem Lehensbande reißen und ihr den gewohnten Gehorsam verweigern«. 10
Geschützt von Freunden, von Feinden gejagt, gelangte das »chint von Pulle« während des Sommers 1212 ohne Truppen, ohne Geld, nach abenteuerlicher, unglaublich glückhafter, doch auch nicht unblutiger Reise, bei der mehr als einmal alles auf dem Spiel stand, in den Norden: über Cremona nach Mantua, dann von Verona das Etschtal hinauf, endlich über Chur nach Sankt Gallen, wo ihm der Abt 300 Reiter als Begleitschutz gab. Vor Konstanz aber, auf der anderen Seite des Bodensees, zu Überlingen, lagerte bereits Kaiser Otto, um ebenfalls in Konstanz einzurücken, wo seine Dienerschaft und Küche den Empfang schon vorbereiteten. Doch nach langem Schwanken nahm Ortsbischof Konrad, beeinflußt von Erzbischof Berard von Bari, der den päpstlichen Bannfluch über den Kaiser verlas, nicht Otto in die Stadt auf, was beider Schicksal wohl entschied.
Geld + Besitz = Ehre, doch genug ist nicht genug
Von Basel, wo der Bischof von Straßburg dem »Pfaffenkaiser«, wie ihn die Welfen schimpften, weitere 500 Mann zuführte, über das Elsaß, »unserer deutschen Erbländer geliebtestes«, zog der siebzehnjährige, kaum noch recht des Deutschen kundige Staufer unbehindert, ohne jeden Schwertstreich, seinen Weg, eine einzige Straße der Begeisterung, des Sieges. Da und dort erhob sich das Volk, erschlug Besatzungen des Kaisers, lawinenartig vermehrte sich der Zustrom auf Friedrichs Seite, vermehrten sich auch seine Versprechungen, die er den chronisch habsüchtigen, den land- und geldgierigen Großen machen mußte und die er, generöser als der sparsame Gegner (von Walther von der Vogelweide gelegentlich verspottet, »wär er so mild als lang er hätte Tugenden viel besessen«), auch erfüllen wollte, sobald er, »mit Gottes Hilfe«, Geld haben werde (quantocius Deo dante pecuniam habuerimus), denn umsonst, bloß für den »Honor imperii«, wollte keiner gekommen sein, keiner seinen Eid gebrochen haben, keiner einen neuen schwören, gleich ob weltlicher, ob geistlicher Fürst; ganz beiseite, daß sie gegenüber dem »Puer Apuliae« sich wohl besser behaupten zu können glaubten als gegenüber dem kriegsgeübten und eher knauserigen Kaiser.
Denn natürlich ging's nur um den hohen Adel, hohen Klerus. Das Volk durfte jubeln und nachsehn. Herzog Friedrich III. von Oberlothringen, Friedrichs Vetter, erwartete für seinen Übertritt 3000 Mark plus 200 Mark für seine Domestiken. Der Bischof von Speyer, Konrad von Scharfenberg, der sinistre Zeuge des Bamberger Königsmordes (S. 76), der seinen Abfall mit flauen Ausreden beschönigt, läßt sich mit dem Bistum Metz belehnen, ohne sein bisheriges Bistum aufzugeben – und führt das unter Philipp wie Otto verwaltete Amt des Reichshofkanzlers gleich unter Friedrich weiter. Man hat keine Skrupel, man nötigt Verzichtleistungen ab, fordert Belohnungen, läßt sich alte Privilegien bestätigen, die neue Anhänglichkeit bezahlen, das heißt: läßt sich bestechen. Geld und Besitz gehn allemal über die Ehre, machen die Ehre erst; nur wer arm ist, hat auch keine Ehre.
Friedrichs Urkunden aus dieser Zeit sind voll von Dotationen, Verheißungen, und selbstverständlich lassen sich
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