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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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die Empfänger nicht bloß mit leeren Worten abspeisen. Der künftige Kaiser muß verbriefen, verpfänden, muß seine Anhänger überreden, Bürgschaften zu leisten, muß ganze Reichsgüter, etwa an den König von Böhmen, preisgeben, der als erster Reichsfürst von Friedrich große Gunsterweise erhält. Bei einer Begegnung am 19. November 1212 an der Reichsgrenze mit dem kapetingischen Thronfolger Ludwig VIII., der gemeinsam mit seinem Vater das englische Königtum bekämpft, erneuert man den alten antiwelfischen Pakt. Der französische Hof, schließlich Initiator von Friedrichs Erhebung, schickt dem Mittellosen 20000 Mark, und dieser gibt es gleich weiter, dem hohen Adel natürlich, und, hört, so überliefert der Chronist, »da erhob sich ein allgemeiner Jubel zu seinen Gunsten ...«.
    Auch die Gegenseite, König Johann von England, setzt Geldboten in Bewegung, gibt mal 1000, mal 9000, mal 10000 Mark, überschüttet den ganzen Nordwesten mit aufwendigen Subsidien. Es rettet Otto dennoch nicht. Er weicht an den Niederrhein aus, nach Köln, in die einstige Hochburg der Welfen. Und fast zur selben Zeit, während er in Aachen mit nur wenigen Fürsten und Kombattanten einen kümmerlichen Hoftag hält, wird »das Kind aus Apulien« von einer großen Adelsversammlung in Frankfurt in Gegenwart der Gesandten des Papstes und des Königs von Frankreich am 5. Dezember 1212 noch einmal formal zum »Römischen König« gewählt – die deutschen Quellen nennen den Staatsakt meist Kaiserwahl – und vier Tage darauf, am 9. Dezember, in Mainz gekrönt. Der Koronator, der dortige Erzbischof Siegfried II., hatte sich bis zu Beginn des Vorjahres noch für Kaiser Otto engagiert. 11
    Schon wenige Monate nach seiner Ankunft in Deutschland, am 12. Juli 1213, verbrieft Friedrich mit Zustimmung vieler Fürsten anläßlich des hochheiligen Pfingstfestes in der berüchtigten Goldbulle von Eger seinem »Beschützer und Wohltäter Innocenz, durch dessen Güte, Mühe und Sorge er erzogen, beschützt und gefördert sei«, seinen gesamten Besitz. Das heißt alle vom Papsttum beanspruchten Gebiete, gleich ob mit ob ohne Rechtsanspruch, bestätigt ihm nicht nur das alte Patrimonium, nicht nur Spoleto und Ancona, nicht nur die Mathildischen Güter, sondern auch das Exarchat von Ravenna, die Pentapolis, Sardinien, Korsika und das Königreich Sizilien.
    Es war gleichsam der Auftakt zu einer langen Reihe von Gebietsverlusten des Reiches. Der König will der Kirche sogar Güter, auf die sie noch unausgeführte Ansprüche habe, »als treuer Sohn und katholischer Fürst« dazu erwerben. Ferner verzichtet Friedrich, der in diesem bedeutsamen Privileg die deutsche Kirche an Rom ausliefert, auch auf jede Mitwirkung bei Bischofs- und Abtswahlen, ohne daß des im Wormser Konkordat dem König gewährten Aufsichtsrechts auch nur gedacht wird; er verzichtet auf jede Beschränkung klerikaler Appellationen, verzichtet auf das Spolienrecht und garantiert intensive Beihilfe zur »Ketzer«-Jagd.
    Dabei genügt es dem Kirchenhaupt nicht, daß der König all dies im Beisein zahlreicher Fürsten bezeugt (»presentibus subscriptis principibus imperii et nobilibus spondeo ...«). Es genügt ihm nicht, daß die Großen in einem nachträglichen Zusatz der definitiven Preisgabe des bisherigen Reichsbesitzes so eindeutig wie möglich beipflichten. Nein, sie mußten, jeder für sich sowohl als auch in corpore, ihre Zustimmung zu den Beurkundungen Friedrichs noch einmal beurkunden, ja diese Beurkundung später ein weiteres Mal verbriefen. Derart aber erhielt der versierte Juristenpapst von Friedrich nicht nur ein persönliches Versprechen, sondern quasi ein Reichsprivileg. 12

Der deutsche Thronstreit wird in Frankreich entschieden

    Im übrigen tobte auch 1213 der Bürgerkrieg in Deutschland fort. Kaiser Otto verzettelte, wie zuvor schon am Niederrhein, seine Kräfte mit nervösen Einzelaktionen im heimatlichen Sachsen, verheerte den ganzen Sommer über besonders das Gebiet des Magdeburger Erzbischofs, wütete darauf furchtbar in Thüringen, das im Herbst, aus Süddeutschland vorstoßend, auch Friedrich bis Magdeburg heimsuchte, wobei auf seiner Seite die Bischöfe von Würzburg, Meißen, Merseburg, Naumburg, der Erzbischof von Magdeburg und der Abt von Reichenau stritten, außer den staufischen Kontingenten vor allem die berüchtigten Böhmen und Mähren Feind wie Freund ausplünderten, Otto selbst aber vermutlich am wenigsten schadeten. Und kaum waren sie beutebeladen

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