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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Monarchie in der Francia tatsächlich bereitet, offenbarte das kaiserliche Nachbarreich weithin seine Zerrissenheit. Es sank seither, so ein Chronist, der Abt von Lauterberg, »der Ruf der Deutschen bei den Welschen«, zumal der Thronstreit auch zu Verlusten nicht nur von Reichsrechten führte, wie zum Verzicht auf Spolien und Regalien bei Bistumsvakanzen, auf die Zulassung von Appellationen an die Kurie u.a., sondern auch zur Entäußerung von Reichsgebiet. So bekam Ende 1214 nördlich von Elbe und Elde König Waldemar II. von Dänemark (S. 175) durch einen völkerrechtlichen Vertrag deutsches Land für seine Parteinahme zugunsten des Staufers.
    Andererseits freilich war der von Innozenz anerkannte König des sizilischen Reiches, Friedrich II., mit Zustimmung des Papstes zum römisch-deutschen König und künftigen Kaiser erhoben, war gerade das bestens vorbereitet, was das Papsttum fast um jeden Preis hatte verhindern wollen, die »Unio regni ad imperium«. 15

Das Vierte Lateranum (1215) – gegen die Juden, gegen die »Ketzer« und für einen neuen Krieg

    Bei allen Triumphen Innozenz' III., ohne den in der abendländischen Welt schließlich kaum noch etwas Entscheidendes geschah: – vieles verlief doch nicht nach seinen Vorstellungen oder erwies sich überhaupt als undurchführbar, vieles zwang auch ihn zu Konzessionen, Doppelzüngigkeiten, Widersprüchen, Lügen. Ja, Eduard Winkelmann, dem ich hier folge, konnte behaupten, in allen wesentlichen Dingen sei es ganz anders gekommen, als von Innozenz gewollt. So hat er Philipp von Schwaben erst bekämpft, dann anerkannt, Otto von Braunschweig erst anerkannt, dann bekämpft; hatte er nichts mehr zu verhindern gesucht als die Vereinigung Siziliens mit dem Deutschen Reich unter einem Herrscher, dann aber selbst zu dieser Vereinigung beigetragen. Er hat den Kreuzzug gegen Konstantinopel mit Kirchenstrafen bedroht, dann ihm zugestimmt und seine Ergebnisse begeistert begrüßt. Verbündet mit Frankreich, machte er König Johann von England so schlecht, als es nur ging – bis sich Johann ihm unterwarf und er, Innozenz, sich an Johanns Seite nun gegen Frankreich wandte, das bloß vollstrecken wollte, was er selbst einst erstrebt. 16
    Doch wie auch immer, der päpstliche Absolutismus kulminierte unter ihm, und das Konzil, das Vierte Lateranum, das er zum 1. November 1215 einberief, das bestbesuchte des Mittelalters, spiegelt diese überragende Stellung mit allem Pomp. Fast 500 Patriarchen, Erzbischöfe, Bischöfe waren versammelt, über 800 Äbte und Prioren, dazu Vertreter ungezählter Städte, Scharen auch von Fürsten und die Gesandten der christlichen Könige.
    »Sehnlichst habe ich verlangt, noch vor meinem Leiden dies Passahmahl mit euch zu feiern.« Mit diesen Worten des Herrn bei seinem letzten Mahl im Jüngerkreis (Lk. 22,15) eröffnete der angebliche Nachfolger in der Ahnung des eigenen Todes eine Kirchenversammlung, die im denkbar größten Kontrast stand zu jenem bescheidenen Jerusalemer Abendbrot – falls es denn stattgefunden –, eine Zusammenkunft in Rom, deren Garderobeluxus so weit ging, daß manche Prälaten, je nach Verhandlungsgegenstand, die Kleidung wechselten, den violetten Talar trugen, das Grün der Herzöge, den Scharlach der Grafen.
    Worum ging es?
    Das Konzil, auf dem es keine Abstimmung gab, definierte die zum Dogma erhobene Lehre von der Transsubstantiation, die sich unter den Händen des katholischen Priesters, nur unter den seinen, vollzieht, aus begreiflichen Gründen unsichtbar – obwohl es selbstverständlich vorkam, wie etwa um diese Zeit in Rozay-en-Brie, daß »Wein in Blut und Blut in Fleisch beim Opfer am Altar sichtbar gewandelt« wurden (visibiliter sunt mutata: Peter von Dusburg).
    Das Vierte Lateranum erlegte jedem Katholiken die jährliche Ohrenbeichte auf, was ebenfalls die Macht der Seelsorger stärkte und vor allem zur Ausforschung »ketzerischer« Gedanken diente. Man begrenzte die Bibelübertragung in die Volkssprache und sprach sich – »mit Zustimmung des größeren und vernünftigeren Teiles des hochheiligen Konzils« (Historia Albigensis) – für Simon von Montfort und gegen Raimund VI. aus, für Friedrich II., der persönlich anwesend war, und gegen Otto IV., auch in mehreren scharfen, folgenreichen Bestimmungen gegen die Juden, denen man den Handel und öffentliche Ämter verbot sowie das Kennzeichnen ihrer Kleider auferlegte (c. 67 ff.). Es ging in den sogenannten Reformkapiteln um die Verurteilung

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