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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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»Eiersuppe mit Safran, Pfefferkörner und Honig, ein Hirsegemüse, Schaffleisch mit Zwiebeln, ein gebratenes Huhn mit Zwetschken. Als zweiten Gang: Stockfisch mit Öl und Rosinen, in Öl gebackene Bleie, gesottener Aal mit Pfeffer, gerösteter Bückling mit Sen f. Als dritten Gang: sauer gesottene Speisefische, gebackene Barbe, kleine Vögel in Schmalz hart gebacken mit Rettig, eine Schweinskeule mit Gurken.«)
    Der Mensch lebt nicht von Brot allein. In Weissenfels wie in Avignon.
    Aus einem überbaumten, säulengezierten Springbrunnen flossen fünf Sorten Wein, vom Rhein kommend, aus der Provence sowie aus andren von Gott gesegneten Landschaften. Ein mittels Silber gefertigter Baum trug Birnen, Feigen, Pfirsiche, goldene Trauben, ein andrer prangte mit kandierten Früchten in vielen Farben. Dazwischen gab es Einlagen, Gesänge, ein Turnier. Der Chefkoch ergötzte mit seinen dreißig Adlaten durch einen Tanz. Fast alles wurde reich beschenkt, vom Laienadel über zwanzig Prälaten, sechzehn Kardinäle bis zum Heiligen Vater, der kostbare Ringe bekam, 150 Gulden wert, ein weißes Pferd, Preis 400 Gulden, und alles mit Kirchengeld bezahlt. Schließlich beendete diesen Tag der Heilsgeschichte (»Selig die Augen«, mit Lukas 10,23 zu sprechen, »die sehen, was ihr seht ...«) ein pikanter Sketch und, laut Petrarca, »die unvermeidliche Orgie«. 15
    Etwas intimer ging es in jenem kleinen, mit einem Doppeldiwan – selbstredend hermelinumsäumt – ausstaffierten Turmzimmer zu, in dem sich Clemens VI. »nackt mit seinen zahlreichen Mätressen« (Cawthorne) amüsierte. Aber seine Sitten, so Wetzer/Welte, stimmten eben »nicht immer mit der Heiligkeit seines Standes und der erhabenen Würde, die er bekleidete, überein«. Doch macht sich der Kontrast nicht auch ganz gut? Heilig und scheinheilig in Personalunion?
    Paßte es ja auch zur professionellen Sanctitas, daß man gleichzeitig, während der Papst, von Kardinal Hergenröther »sanftmüthig« und »liebenswürdig« genannt, nackt auf nackt herumturnte, tief darunter, in der »Salle de Torture«, die gleichfalls nackten Opfer der Inquisition »befragte«, mitunter auch zu Tode (vgl. VII 264 ff.!), Himmel und Hölle lagen so dicht beieinander – schade nur, daß sich die Christenheit kein Bild davon machen konnte! Gelegentlich von seinem Beichtvater ernsthaft zur Keuschheit ermahnt, entgegnete der Papst, von Jugend an gewöhnt zu sein, mit Frauen zu schlafen, und jetzt fahre er auf den Rat seiner Ärzte – was für einfühlsame Medici – damit fort. »Doch immerhin war er so großmütig, alle seine Kinder anzuerkennen« (Cawthorne).
    Der Aufwand des Heiligen Vaters und seines Hofes verschlang Riesensummen; besonders auch der ehrenwerte Wandel der Kardinäle, die ja gleichfalls prächtige Paläste gebaut und, mit vielen Pfründen ausgestattet, mit wertvollen Geschenken überhäuft, ganz nach dem Beispiel ihrer höchsten Hirten würdevoll, diätenreich dem Paradies zustrebten – einer mit zehn Ställen für die Pferde, einer mit 51 Häusern, für sein Gefolge angemietet. Denn mit Geld verstand man da schon immer umzugehn, beim Einnehmen wie beim Ausgeben. 16

Introitus et Exitus

    Das begann bereits in der Antike, als sich im Frühchristentum die besitzfreundliche gegen die besitzfeindliche, die asoziale Richtung gegen die soziale glänzend durchgesetzt (III 5. Kap.); als man in Laienkreisen die bis heute so populäre Doppelmoral praktiziert und schlaumeierisch schamlos erklärt hat: »Ich mache das große Geld, meine Frau übt Wohltätigkeit«; als es schon um die Wende zum 3. Jahrhundert christliche Bankiers gab, gar einer davon, der übel beleumdete Kallist I. (217–222), Papst und Heiliger wurde (III 439); als unter den Bischöfen kein Geringerer als Augustinus das hohe Ideal der »arbeitsreichen Armut« (laboriosa paupertas) predigte und die Armen dazu verdammte, »im ewig gleichen unverändert harten Joch des niederen Standes« zu bleiben, wofür sie auch viel besser schliefen als die von Sorgen so gequälten Reichen; als der Pakt mit diesen dann auch die Kirche reich und immer reicher machte, indem sie alles erbarmungslos und wahrlich nicht selten bis aufs Blut geschröpft, von Jahrhundert zu Jahrhundert Heiden bestohlen hat, »Ketzer«, Juden und nicht zuletzt den eignen Anhang.
    Schon im Frühmittelalter flossen die Abgaben und Renten der Kirchendomänen, die dationes, tributa, servitia, functiones, pensiones, all die Einnahmen von Brücken, Wegen, Toren,

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