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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Märkten, von Flüssen, Häfen, Wäldern, Wiesen etc. an die Kurie, deren Geldsucht, so klagt im 12. Jahrhundert der Theologe und Kirchenreformer Propst Gerhoh von Reichersberg, seit den Tagen Gregors VII. so groß geworden sei, daß die ganze Welt sie nicht zu stillen vermöge. Zu Rom, stöhnt auch der Dichter Freidank im frühen 13. Jahrhundert, werden sogar Räuber losgesprochen, ohne Buße und Rückerstattung des Geraubten. Nach Rom kommt alles Geld, sagt ein anderer Autor, auch alle Sünde, so daß man sich wundern müsse, wo sie denn Platz finde. Kurz, die päpstliche Kammer, die all die tausend Geldströme vereinigte oder verrechnete, wurde geradezu Modell des modernen Bankwesens – »und die deutsche Reformation gewann ihre Schwungkraft durch die Empörung aufrichtig Frommer darüber, daß die Kirche ein mit allen Mitteln arbeitendes italienisches Finanzunternehmen geworden war«. 17
    Mit zunehmender Expansion der Papstmacht aber wuchsen noch deren Einkünfte, wobei der großzügige Ausbau ihres Finanzsystems in Avignon einen gewissen Gipfel erklomm, zumal der damalige Wechsel von der Natural- zur Geldbesoldung auch noch neue Einnahmeposten ergab – Mißstände über Mißstände, Erpressungen, Bestechungen, Überforderungen, korrupt und korrumpierend. Und doch oder womöglich deshalb »vielleicht das brauchbarste System, das jemals zur Eintreibung von Gold aus einem ganzen Kontinent ersonnen wurde« (Chamberlin).
    Schon seit dem 13. Jahrhundert hatte die Kurie ihre pekuniären Interessen häufig durch Florentiner Großkaufleute wahrnehmen lassen, durch die Bardi, Peruzzi, Acciaiuoli, Bonacorsi, Alberti, also durch solche, die ihr auch politisch nahestanden. Manche, wie die Bardi, Peruzzi, brachen gegen Mitte des 14. Jahrhunderts zusammen und rissen auch die Acciaiuoli mit in den Bankrott – bancarotta, ein Wort, das sich von dem Brauch in italienischen Kommunen herleitet, bei Insolvenz die Bank, auf der die »banchieri« auf öffentlichen Plätzen ihrem Metier nachgingen, zu zerbrechen. Freilich hatten diese und andere florentinische bzw. italienische Bankiers, bevor sie durch die Kurie Bankrott machten, oft gewaltig durch sie verdient, ja ihre Söhne in Kirchendiensten wurden mit klerikalen Ehren und Einnahmen überschüttet, wie sie überhaupt selbst Einfluß auf die Vergabe geistlicher Stellen bekamen.
    Bereits 1327 tätigten 43 italienische Geldwechsler ihre Geschäfte in Avignon. »Jede Möglichkeit zum Erwerb von Geld wurde rücksichtslos ausgenützt«, gesteht das Handbuch der Kirchengeschichte. Der Heilige Stuhl wurde jetzt die erste Finanzmacht der Welt; was die reinen Einnahmen betraf – sie hatten sich in Avignon mehr als verdoppelt –, stand er nach den Königen von Frankreich, England und Neapel an vierter Stelle. 18
    In der päpstlichen Burg über der Rhone, dem »Babylon des Abendlandes« – Petrarca hatte keinen widerwärtigeren, unsaubereren Ort gekannt –, stauten sich die Schätze aus aller Herren Länder. Und Alvarez Pelajo, ein durchaus papsttreuer Kurialer, berichtet, niemals in die päpstlichen Gemächer gekommen zu sein, ohne die geistlichen Herren beim Zählen des Geldes getroffen zu haben. »Die Prälaten«, monierte er, »belehren ihre Herden nicht, sondern plündern sie aus und zerstückeln sie. Das Brot, das den Armen zukommt, wird vergeudet an Spaßmacher und Hunde.« Doch als er selbst Bischof wird, als auch er nach Strich und Faden und papalem Vorbild ausbeutet, da insultieren, ja mißhandeln ihn seine Diözesanen nicht nur, sondern in einer König Alfons IV. vorgelegten 21-Punkte-Anklage wird Alvarez, der einst so bitter die päpstliche Geldgier gebrandmarkt, selber nun in vielen Klagepunkten der Erpressung, der Habsucht beschuldigt – ab bove majori discit arare minor (wie die Alten sungen, so zwitschern auch die Jungen).
    Kardinal Hugo Roger hinterließ bei seinem Tod in einer roten Truhe einundzwanzig Säcke Gold. Nicht sein einziger Schatz. Auch fand man bei ihm anderwärts noch viele, viele Tausende von goldenen Gulden. 19
    Nein, was strömte in Avignon nicht aus allen Ecken und Enden der Welt zusammen!
    Da waren zum Beispiel die Zuflüsse aus dem Kirchenstaat, Zölle, Abgaben, Strafgelder, die Übermittlungen der Verwalter u.a., durch die Zeitläufe zwar reduziert, doch keinesfalls unterbunden.
    Ähnliche, wenn auch geringere Erlöse kamen gleich aus dem benachbarten »Comtat de Venisse« (Venaissin), den Heiligen Vätern (mit Unterbrechungen) nach den

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