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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Und 1248 gab es allein in Konstanz 20 Domherren-Pfründen mit 38 Anwartschaften.
    Eine Pfründe galt als Kapitalanlage, und auf alle mögliche Weise preßte man Geld aus den Gläubigen heraus. Es gab wahre Virtuosen der Pfründenjagd. Rudolf Losse, ein Adeliger aus Eisenach, war capellanus papalis, examinator clericorum pauperum de Alamania, Dekan von Mainz, Propst von Naumburg, Kanoniker von St. Castor und St. Florian in Koblenz sowie in Eisenach, Pfarrer von Kitzingen, Kaplan der Michaelskapelle zu Andernach, Altarist der Pfarrkirche von Beilstein, königlicher Rat und Offizial der Kurie von Trier.
    Ernennungsbullen, Provisionsurkunden händigten die Päpste allerdings erst aus, nachdem der Providierte die Verpflichtungsformel unterschrieben, die Summe in einer bestimmten Zeit zu zahlen versprochen hatte. Auch die Höhe der Oblation oder, wie es dann hieß, des Servitiums betrug im 14. Jahrhundert ein Drittel des Jahreseinkommens.
    Dabei hatte die Kirche den Erwerb geistlicher Ämter gegen Bezahlung bereits in der Antike verboten. Und länger als ein Jahrtausend bekämpfte sie das Spenden der Sakramente für Geld. Noch 1215 befahl Innozenz III. auf dem Vierten Laterankonzil ihre unentgeltliche Vermittlung, erlaubte aber, ohnehin längst Praxis, Gebühren hinterher zu fordern. »Denn«, wie Lukian von Samosata, der griechische Voltaire, schon im 2. Jahrhundert höhnt, »das ist nun einmal der Begriff, den man sich von den Göttern gemacht hat: umsonst tun sie nichts ...; alles ist ihnen feil und hat seinen festen Preis.«
    War schon der Aufenthalt in Rom oder wo immer der Heilige Vater residierte für die anreisenden Bischöfe und Äbte nicht billig, so brachte kaum einer von ihnen die vollen erforderlichen Summen mit – »fast immer mußten sie an Ort und Stelle, oft unter demütigenden Bedingungen, meist von Florentinern, erborgt oder ergänzt werden, und die Prälaten kehrten vom apostolischen Stuhl in finanzieller Abhängigkeit von den Bankhäusern zurück« (Davidsohn). Doch in Rom ging nun mal nichts ohne Geld. Ja, kaum dort, notiert um 1100 der in vielfacher Sicht erfreulich polemische (und vielleicht nicht zufällig publizistisch so erfolglose) Normannische Anonymus, müßten die Bischöfe »sofort ihre Beutel öffnen. Denn, wenn sie die päpstlichen Offizialen nicht bestechen, haben sie keinerlei Aussichten, ihren Zweck zu erreichen.«
    Konkret sah dies etwa so aus. Als gegen Mitte des 12. Jahrhunderts Tournai von Noyon sich unabhängig machen, einen eigenen Oberhirten wollte, auch Tournais Abgesandter die römische Kurie schon dafür eingenommen hatte, erschien 1143 Bischof Simon von Noyon in Rom, bestach die Kurialbeamten mit 500 Mark Silber, und Innozenz II. vertagte die Entscheidung, die erst sein dritter Nachfolger, Eugen III., zugunsten Tournais tra f. 22
    Da die Sache sich als lukrativ erwies, wurde der Kreis der Servitienpflichtigen erweitert, die Zahl der allerhöchst zu vergebenden Posten erhöht und schließlich der gesamte katholische Episkopat der Welt erfaßt; begreiflicherweise war er oft verschuldet, manches Bistum bis zum Zwanzigfachen der Jahresakzepta. Und mancher Prälat konnte seine Schulden ein Leben lang nicht tilgen.

Die Abschöpfmethoden der Bischöfe

    Natürlich hatte jeder Bischof auch selbst wieder diverse Schröpfmethoden, etwa eine Sondersteuer sofort nach der teuren Weihe. Oder die Quarten, Pfründeneinnahmen des vierten Jahres, später gleichsam als Fixgeschäft auf jedes Jahr verteilt. Oder die beim Sendgericht anfallenden Beträge, die Bannalien, die Bannpfennige. Oder die Zwangsgelder für Sittlichkeitsdelikte.
    Auf irgendeine Weise kam jeder zu Geld, sonst wäre er kaum Bischof geworden. So gesteht einer im ausgehenden Frühmittelalter: »Ich wurde vom Erzbischof ordiniert und habe, um sein Wohlwollen zu gewinnen, hundert Goldstücke bezahlt; hätte ich sie nicht bezahlt, wäre ich jetzt nicht Bischo f. Ich habe Gold gegeben und dafür die Bischofswürde empfangen. Aber ich werde daran nicht zugrunde gehen, bald werde ich meine Goldstücke wieder haben, denn ich ordiniere Priester, ich weihe Diakone, und so kommt das Gold, das aus meiner Tasche geflossen ist, wieder dahin zurück.«
    Manche Bischöfe, auch Pfarrer steckten dafür Geld ein, daß sie Neuvermählten den ehelichen Verkehr schon in der ersten Nacht erlaubten, womit sich diese die weitverbreitete Sitte der Keuschheitsnächte ersparten. Auch die Einsegnung des Brautbetts war wiederum mit »Reichnissen«

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