Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)
massigeren Pferden saßen. 25
Bei Kämpfen dieser Art muss eine Seite irgendwann nachgeben. Die Russen verloren als Erste die Nerven. Vom Gefecht erschüttert, wandten sich die Husaren um und galoppierten zurück zum Nordtal. Die britische Kavallerie setzte ihnen nach, bis sie sich unter dem Feuer der russischen Batterien von den Causeway- und den Fedjuchin-Höhen zurückziehen musste.
Unterdessen stieg die britische Infanterie von den Hügeln Sewastopols hinunter und marschierte durch das Südtal, um das 93. Regiment zu unterstützen. Die 1. Division, gefolgt von der 4., traf als Erste ein; hinzu kamen die französischen Verstärkungen, nämlich deren 1. Division und zwei Schwadronen der Chasseurs d’Afrique. Nach der Ankunft der alliierten Infanterie war es unwahrscheinlich, dass die russische Kavallerie noch einmal angreifen würde. Balaklawa war gerettet.
Während die Russen Schadensbegrenzung betrieben und zu ihrem Stützpunkt zurückkehrten, beobachteten Raglan und sein Stab auf den Sapun-Höhen, wie sie die britischen Geschütze von den Redouten entfernten. Der Herzog von Wellington hatte nie eine Kanone verloren – dies jedenfalls glaubten die Hüter seines Kultes beim militärischen Establishment der Briten. Der Gedanke, dass diese Waffen in Sewastopol als Trophäen vorgeführt werden könnten, war unerträglich für Raglan, der Lord Lucan, dem Kommandeur der Kavalleriedivision, sofort befahl, die Causeway-Höhen zurückzuerobern; dabei versprach er ihm die Unterstützung der Infanterie, die gerade eingetroffen sei. Lucan konnte die Verstärkung nicht sehen und hielt es für unmöglich, allein gegen die feindliche Infanterie und Artillerie vorzugehen, weshalb er eine Dreiviertelstunde lang nichts unternahm, während Raglan auf dem Hügel immer unruhiger über das Schicksal der erbeuteten britischen Kanonen wurde. Schließlich diktierte er einen zweiten Befehl an Lucan: »Lord Raglan wünscht, dass die Kavallerie rasch an die Front vorrückt. Folgen Sie dem Feind und versuchen Sie zu verhindern, dass er die Kanonen fortschafft. Reitende Artillerie kann begleiten. Französische Kavallerie ist zu Ihrer Linken. Sofort.«
Der Befehl war nicht nur unklar, sondern geradezu absurd, und Lucan hatte keine Ahnung, was er davon halten sollte. Von seiner Position am westlichen Ende der Causeway-Höhen konnte er rechter Hand die britischen Kanonen in der Redoute ausmachen, welche die Russen von den Türken erobert hatten; linker Hand, am Ende des Nordtals, wo sich, wie er wusste, der Großteil der russischen Streitkräfte befand, war eine zweite Ansammlung von Geschützen zu erkennen; und noch weiter links, an den unteren Hängen der Fedjuchin-Höhen, war ebenfalls eine russische Batterie. Hätte Raglan in seinem Befehl eindeutiger formuliert, dass Lucan die britischen Kanonen auf den Causeway-Höhen an sich bringen solle, wäre die Attacke der Leichten Brigade ganz anders verlaufen, doch nach Lage der Dinge blieb offen, welche Kanonen die Kavallerie zurückerobern sollte.
Der Einzige, der Campbell den Befehl erklären konnte, war der Adjutant, der ihn überbrachte: Hauptmann Nolan von den King’s Hussars. Wie viele Kavalleristen der Leichten Brigade war Nolan zunehmend frustriert über Lucans Versäumnis, seine Truppe für die kühnen Angriffe einzusetzen, durch die sie ihren Ruf als die beste der Welt erworben hatte. Am Bulganak und an der Alma war der Kavallerie untersagt worden, die sich zurückziehenden Russen zu verfolgen; auf den Mackenzie-Höhen, während des Marsches nach Balaklawa, hatte Lucan eine Attacke auf die russische Armee verhindert, die den Pfad der Leichten Brigade ostwärts kreuzte; und erst als die Schwere Brigade der russischen Kavallerie zahlenmäßig unterlegen war, hatte Lord Cardigan, der Kommandeur der nur ein paar Minuten entfernten Leichten Brigade, darauf verzichtet, sie zu einem Sturmangriff auf den geschlagenen Feind einzusetzen. Die Leichte Brigade hatte zusehen müssen, während ihre Kameraden gegen dieselben Kosaken kämpfte, die sie am Bulganak wegen ihrer Untätigkeit verhöhnt hatten. Einer der Offiziere hatte Lord Cardigan mehrere Male aufgefordert, die Brigade vorzuschicken, und sich, als dieser ablehnte, das Ehrenschwert als Geste der Geringschätzung ans Bein geklatscht. Es gab Anzeichen des Ungehorsams. Der Gemeine John Doyle von den 8th King’s Royal Irish Hussars schrieb:
Die Leichte Brigade war keineswegs zufrieden, als sie der Schweren Brigade nicht zu Hilfe kommen
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