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Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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und Chasseurs – unbesiegte Männer, die er seit Jahren kannte – und deutete mit dem Schwert auf die 20 000 Russen, die sich an den Redouten der gegenüberliegenden Anhöhen konzentrierten, und dann rief er mit Donnerstimme: »En avant! A la ba ï onnette!« 51
    In Wirklichkeit war Liprandis Armee nicht so groß, wie Bosquet befürchtet hatte, denn Gortschakow hatte unklugerweise beschlossen, die Hälfte hinter der Tschornaja in Reserve zu halten. Die Übrigen verteilte er auf die unteren Hänge der Sapun-Höhen und auf die Sandsack-Batterie. Dies wussten die Zuaven jedoch nicht, da sie den Feind im dichten Nebel immer noch nicht sehen konnten, und sie griffen mit wilder Energie an, um ihre, wie sie meinten, zahlenmäßige Unterlegenheit wettzumachen. Sie stürmten in kleinen Gruppen vorwärts, benutzten das Unterholz als Deckung und feuerten auf die feindlichen Kolonnen. Ihre Taktik bestand darin, die Russen mit allen denkbaren Mitteln einzuschüchtern. Sie brüllten, schossen in die Luft, während sie vorwärts rannten, und ihre Trompeten und Trommeln ertönten in voller Lautstärke. Jean Cler, ein Oberst des 2. Zuaven-Regiments, erklärte seinen Männern, während sie sich auf die Schlacht vorbereiteten, sogar: »Breitet eure Hosen so weit aus, wie ihr könnt, und bietet ein so wildes Schauspiel wie möglich.« 52
    Die Russen wurden von der Wucht der Zuaven überwältigt, deren Minié-Gewehre in den ersten Sekunden ihres Ansturms Hunderte von Gegnern außer Gefecht setzten. Die Zuaven rannten die Krümmung um den Heimatkamm hinauf, vertrieben die Russen aus der Sandsack-Batterie und jagten sie bis zum Grund der Schlucht des heiligen Clemens hinunter. Ihr Schwung führte sie um den gebogenen Bergsporn in die Steinbruch-Schlucht, wo es bereits von Soldaten des Tarutinsker Regiments wimmelte. Diese gerieten durch das Gedränge in Panik und schossen auf die Neuankömmlinge, wobei sie hauptsächlich ihre eigenen Kameraden töteten, bevor sich die Zuaven dem Kreuzfeuer entzogen und wieder auf den Heimatkamm kletterten.
    Dort fanden sie die Briten in einer verzweifelten Schlacht mit den Streitkräften des rechten Flügels von Pawlows Zangenbewegung vor: dem Ochotsker, Jakutsker und Selenginsker Regiment, die zu den Resten von Soimonows Einheiten gestoßen waren und unter Dannenbergs Kommando erneut die Sandsack-Batterie angriffen. Es war ein brutales Gemetzel: Eine Welle von Russen nach der anderen stürmte mit erhobenen Bajonetten vorwärts und wurde von den Briten niedergeschossen oder in Nahkämpfe »Mann gegen Mann, Fuß gegen Fuß, Mündung gegen Mündung, Griff gegen Griff« verwickelt, wie Hauptmann Wilson von den Coldstream Guards bezeugte. 53 Die Gardisten waren den Russen zahlenmäßig weit unterlegen und bedurften dringend der Verstärkung, als sich ihnen endlich sechs Kompanien von Cathcarts 4. Division unter General Torrens anschlossen. Die neuen Männer konnten den Kampf kaum abwarten (sie hatten die Schlacht bei Balaklawa und an der Alma verpasst), und als sie den Befehl erhalten hatten, die Russen auf dem Kamm neben der Sandsack-Batterie anzugreifen, rannten sie hinter den Feinden her ins Tal, verloren jegliche Disziplin und gerieten unter schweres Feuer durch das Jakutsker und Selenginsker Regiment, die sie aus nächster Nähe von den Anhöhen beschossen. Zu den Opfern des Kugelhagels gehörte Cathcart (die Stelle, an der man ihn bestattete, wurde als »Cathcarts Hügel« bekannt).
    Inzwischen verfügten Cambridge und die Coldstream Guards in der Sandsack-Batterie nur noch über 100 Mann. Ihnen standen 2000 Russen gegenüber, und sie hatten keine Munition mehr. Der Herzog wollte bis zuletzt um die Sandsack-Batterie kämpfen – ein idiotisches Opfer für diese relativ unbedeutende Stellung auf dem Schlachtfeld – , doch seine Stabsoffiziere brachten ihn davon ab: Es wäre katastrophal, wenn der Cousin der Königin und die Fahne ihrer Garde vor den Zaren gebracht würden. Unter jenen Offizieren war Higginson, der den Rückzug zum Heimatkamm leitete. »Um die Fahne gedrängt«, berichtete er,
    wichen die Männer langsam zurück, wandten ihre Front völlig dem Feind zu und hatten die Bajonette aufgepflanzt. Wenn jemand verwundet oder tot zu Boden fiel, nahm ein Kamerad seinen Platz ein und wahrte die Kompaktheit der sich allmählich verringernden Gruppe, die mit unbeirrbarer Hartnäckigkeit standhielt, um die Fahnen zu schützen … Zum Glück war der Boden zu unserer Rechten so abschüssig, dass der

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