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Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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Unterdrückung aufzunehmen. Wir bekennen uns zur Unterstützung der Unabhängigkeit der Moldauer, Walachen, Serben, Bulgaren, Bosnier und Griechen … Ich sehe keine andere Möglichkeit, der Feindschaft der Briten ein Ende zu machen, denn es ist unwahrscheinlich, dass sie nach einer solchen Erklärung das Bündnis mit den Türken fortsetzen und mit ihnen gegen Christen kämpfen würden. 11
    Nikolaus hegte weiterhin Zweifel an der panslawistischen Sache: Er teilte Pogodins Illusionen über die Anzahl slawischer Soldaten, die man auf dem Balkan mobilisieren könne, nicht; und in ideologischer Hinsicht lehnte er den Gedanken weiterhin ab, Revolutionen anzufachen. Lieber stützte er seinen Einsatz für die Befreiung der Slawen auf religiöse Prinzipien. Doch je mehr der Westen die russische Okkupation der Fürstentümer ablehnte, desto geneigter war Nikolaus, alles für ein großes Bündnis der Rechtgläubigen aufs Spiel zu setzen. Er drohte sogar, slawische Aufstände gegen die Österreicher zu fördern, falls sie sich mit dem Westen gegen Russland zusammentaten. Seine religiöse Inbrunst ließ den Zaren unbesonnen und tollkühn werden, weshalb er alle Gewinne, die Russland in vielen Jahrzehnten der Diplomatie und der Kämpfe im Orient erzielt hatte, für ein Glücksspiel mit den Slawen riskieren wollte. 12
    Der Zar bevorzugte einen südwestlichen Marsch von Bukarest in Richtung Rusçuk, damit seine Männer den Serben im Fall eines von ihm erhofften Aufstands helfen konnten. Paskewitsch dagegen hätte sich lieber auf die türkische Festung Silistra, weiter östlich an der Donau, konzentriert. Wie Nikolaus in einem Brief vom 5. Januar an seinen Oberbefehlshaber erklärte, wollte er seine Militärstrategie einem bedeutenderen Anliegen unterordnen, nämlich der Befreiung der Slawen, zu der ein serbischer Aufstand den Anstoß geben würde:
    Natürlich ist Silistra ein wichtiger Ort … aber mir scheint, dass es, wenn wir unsere Sache mit Hilfe der Christen vorantreiben und uns selbst in Reserve halten wollen, vernünftiger wäre, Rusçuk einzunehmen, von wo wir ins Zentrum der Walachei vordringen können, während wir unter den Bulgaren und in der Nähe der Serben bleiben, auf die wir gewiss angewiesen sind. Ein Vormarsch über Rusçuk hinaus wird von einem allgemeinen Aufstand der Christen abhängen, der kurz nach unserer Besetzung von Rusçuk ausbrechen sollte; eine Eroberung von Silistra würde, wie ich meine, keine derartige Wirkung [auf die Serben] haben, denn es ist zu weit von ihnen entfernt. 13
    Paskewitsch war jedoch vorsichtiger. Er sorgte sich, dass ein serbischer Aufstand die Österreicher zum Einschreiten zwingen würde, damit die Unruhen nicht auf Habsburger Gebiete übergriffen. Im Dezember riet er dem Zaren, für den Fall eines österreichischen Angriffs Reserven in Polen zurückzuhalten und von Bukarest aus südöstlich nach Silistra zu marschieren, wo sich die Russen auf die Unterstützung der Bulgaren verlassen konnten und Österreich nicht zu fürchten brauchten. Paskewitsch glaubte, Silistra könne innerhalb von drei Wochen eingenommen werden, was es dem Zaren gestatten werde, Adrianopel im Frühjahr anzugreifen und die Türkei in die Knie zu zwingen, bevor die Westmächte Zeit hätten, sich einzuschalten. Auf dieser Basis ließ sich Nikolaus auf den Plan seines Oberbefehlshabers ein. 14
    Als nun aber die Russen nach Silistra vorrückten, blieb ein Massenaufstand der Bulgaren – und aller anderen Slawen – aus, obwohl die Bulgaren im Allgemeinen prorussisch auftraten und in den Jahren zuvor an groß angelegten Revolten gegen die muslimische Herrschaft in Widin, Nisch und anderen Städten teilgenommen hatten. Sie begrüßten die russischen Soldaten als Befreier von den Türken und griffen gemeinsam mit ihnen türkische Stellungen an, doch wenige ließen sich als Freiwillige anwerben. Es kam nur zu kleinen, sporadischen Unruhen, die fast alle brutal von Omer Paschas Männern niedergeschlagen wurden. In Stara Sagora, wo sich der größte bulgarische Aufstand ereignete, wurden Dutzende von Frauen und jungen Mädchen von türkischen Soldaten vergewaltigt. 15
    Im Januar 1854 notierte der britische Konsul in der Walachei, dass die Besatzungsmacht »darauf hinarbeitet, ein Freiwilligenkorps zu rekrutieren, das sich hauptsächlich aus Griechen, Albanern, Serben und Bulgaren zusammensetzt«. Diese würden als »griechisch-slawische Legion« in die russische Armee eingegliedert. Bisher habe man erst tausend

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