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Kristall der Macht

Kristall der Macht

Titel: Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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noch einen Lebensfunken geben, und den gilt es zu finden. Noelani seufzte. Sie wusste: Die Aussichten auf eine Rückkehr ins Leben waren sehr gering, wenn der Lebensfaden gerissen war, daran hatte die Maor-Say keinen Zweifel gelassen. Aber Noelani war fest entschlossen, es zu versuchen.
    Sie fühlte sich wie eine Ertrinkende, die nach einem Strohhalm greift, als sie sich in die tiefe Konzentration begab, die nötig war, um in ihren eigenen Körper einzutauchen und sich dort auf die Suche nach einem winzigen Rest der Lebensflamme zu machen, mit deren Hilfe sie das Band zwischen Körper und Geist wiederherstellen konnte.
    Die Methode des Eintauchens wurde von den Maor-Say vornehmlich dazu verwendet, um Kranke zu heilen. Noelani hatte sie erst ein einziges Mal unter der Aufsicht ihrer alten Lehrmeisterin angewendet und erinnerte sich noch gut daran, wie überwältigend das Erlebnis für sie gewesen war. Die Welt des Innersten war damals erfüllt gewesen von roten Farben und pulsierendem Leben. Ihren eigenen Körper aber fand sie dunkel und still vor wie ein leeres Haus – tot.
    Weiter!, spornte sie sich an und bewegte sich langsam dorthin, wo sie das Herz vermutete. Auch hier war es dunkel, aber noch wollte sie die Suche nicht aufgeben. Sie musste einen Lebensfunken finden. Ein einziger würde genügen, einer nur, an dem sie ihr Leben neu entzünden konnte …
    Und dann sah sie es. Ein Licht, so schwach, als würde es jeden Augenblick erlöschen, wies ihr den Weg durch die Dunkelheit des Todes. In einer verzweifelten Bewegung griff sie danach, barg es in ihrer Handfläche und sprach die Worte, die nötig waren, um Körper und Geist wieder zu einen. Kaum war das letzte Wort ihren Lippen entflohen, wurde sie fortgerissen von einer Macht, die alles bisher Dagewesene übertraf, die sie brutal zurückschleuderte in den Körper, den sie kaum eine halbe Stunde zuvor verlassen hatte, und ihr die Besinnung raubte.

8
    In schwindelnder Höhe kauerte Prinz Kavan auf dem ausladenden Ast eines immergrünen Baums am Rande des Rakschunlagers und beobachtete aus dem schützenden Dickicht der Nadeln heraus, was im Lager vor sich ging.
    Es hatte lange gedauert, bis er den Schrecken und das Entsetzen überwunden hatte, die ihn angesichts des zu Stein gewordenen Rakschunkriegers überkommen hatten. Er hatte einen Blick in das Zelt werfen wollen, aber keinen Zugang gefunden, weil auch die Vorhänge vor den Eingängen zu Stein geworden waren. Vorsichtig hatte er daraufhin das Lager erkundet und festgestellt, dass ausnahmslos alles, was sich innerhalb des äußeren Rings aus Zelten befunden hatte, zu Stein geworden war. Waffen, Gerät und die Feuerstellen, ja sogar die Hunde … Es war schlimmer als in einem Albtraum, und obwohl er nicht begreifen konnte, was geschehen war, hatte er einsehen müssen, dass dies kein Traum war.
    Je weiter der Tag vorangeschritten war, desto mehr Krieger waren in das Lager gekommen. Zweifellos war der Angriff von langer Hand geplant, denn es konnte kein Zufall sein, dass ausgerechnet die Flöße, die sie zum Übersetzen nutzten, von dem Steinzauber verschont geblieben waren. Kavan seufzte. Er hätte froh und erleichtert sein können, immerhin waren es seine Leute, die gesiegt hatten, aber er war es nicht. Tage waren vergangen, seit seine Erinnerungen zu ihm zurückgekehrt waren. Tage, in denen er viel Zeit gehabt hatte, über alles nachzudenken und abzuwägen.
    Solange er denken konnte, waren die Rakschun für ihn verhasste und blutrünstige Barbaren gewesen. Nun aber, da er einige Monate bei ihnen gelebt hatte, sah er sie mit anderen Augen. Sie waren nicht seine Freunde geworden, aber er hatte gelernt, ihre Art des Lebens zu respektieren. Er kannte ihre Geschichte und verstand auch, warum sie so erbittert und unnachgiebig Krieg gegen Baha-Uddin führten. Die Gründe dafür hatte man ihm daheim so nie erzählt. Und genau diese Gründe waren es nun, die ihn daran zweifeln ließen, dass der Sieg seines Vaters gerechtfertigt war.
    Am meisten aber erschreckte ihn die kaltblütige Art, wie sein Vater diesen Sieg errungen hatte. Nicht ehrenhaft im Kampf Mann gegen Mann, wie es in Baha-Uddin Tradition war, sondern heimtückisch und feige, mithilfe eines Zaubers, der die Männer im Schlaf überrascht und ihnen keine Möglichkeit zur Gegenwehr gegeben hatte. Mit einem Schlag war das Volk der Rakschun seiner Männer beraubt worden und damit dem Untergang geweiht. Die Frauen im fernen Lager in der Steppe wussten sicher

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