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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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erst die schwellenden Schenkel von Parthalans Töchtern… «
    »Ich will die Töchter des Muschelarbeiters nicht. Ich will Marit!«
    Yubals Miene verfinsterte sich. Er liebte den Jungen, aber jetzt ging Avram einen Schritt zu weit. »Du kannst sie nicht haben, Avram, und das tut mir sehr Leid, aber mit Parthalan sind alle Abmachungen getroffen. Wir haben unser Wort vor der Göttin gegeben, wir können es nicht zurücknehmen.« Yubal legte dem Jungen die Hand auf die Schulter. »Tröste dich mit dem Gedanken, dass Marit in unserem Haus sicher und geschützt ist und da sein wird, wenn du zurückkommst.«
    Avram war todunglücklich. »Die Muschelsucher sind ein ganzes Jahr fort.«
    »Aber dann kommen sie zurück, um die Muscheln zu verkaufen, und du wirst bei Marit sein.«
    »Ich werde das nicht überleben.« Yubal stieß einen Seufzer aus.
    Diese Wendung hatte er nicht erwartet. Aber er konnte es nicht ändern. Avram war noch jung, er würde darüber hinwegkommen.
    Jetzt galt es, sich um die Dinge zu kümmern, deretwegen sie hier waren. Doch zunächst musste er noch etwas anderes erledigen.
    Seine Hand fuhr zu dem Wolfszahn, den er als Talisman an einem Lederband um den Hals trug. Er stammte von einem Wolf, der ihn einmal beinahe getötet hätte. Der Anhänger war ein besonders mächtiger Schutz vor jedwedem Unheil.
    Yubal nahm das Lederband ab und legte es Avram um den Hals.
    »Es wird dich schützen, während du am großen Meer bist.« Als der Junge auf den kraftvollen Talisman blickte, spürte er einen Kloß im Hals. Er rang nach Worten. »Ich schwöre, die Familie und deinen Vertrag mit Parthalan zu ehren, Abba.« Und vor seinem inneren Auge sah er Marit, die ihm von einem Hügel nachwinkte, bis ihre Gestalt immer kleiner wurde und dann ganz verschwand.
    Selbst ein Blinder könnte sehen, dass Yubal einen schrecklichen Fehler begangen hat, spottete Hadadezer insgeheim, während er an seiner Hammelkeule nagte.
    Dann und wann wischte er sich die fettigen Hände an seinem dichten Bart ab und ließ den Blick in die Runde schweifen. Was für eine merkwürdige Gesellschaft, dachte er. Dieses Essen glich eher einer Trauerfeier als einem Freudenfest. Der Bruder des Serophia-Mädchens brütete finster vor sich hin. Molok trank zu viel. Marits Mutter war zu laut, mit ihrem übertriebenen Lachen und dann noch diesen Unmengen von Elfenbein- und Muschelschmuck, die sie zu erdrücken drohten. Dann die Talitha-Großmutter mit ihrem falschen Lächeln und ihrer Buckelei vor den Gästen. Und viel zu viel Essen, selbst für diese reichen Leute. Was hatten sie denn erwartet? Dass sich mit ein paar Gesten, einem bestimmten Ritual und den Gelöbnissen vor ihrer Göttin der seit ihrer Geburt in ihnen verwurzelte Hass plötzlich in Luft auflösen würde? Großer Schöpfer, über diesem Fest hing das Unheil wie eine schwere Wolke. Zum ersten Mal in all den Jahren, seit Hadadezer an der Stätte der Ewigen Quelle einkehrte, hatte er es eilig, in sein Zelt zu kommen. Zu seinem Leidwesen war er jedoch Ehrengast – seine Karawane sollte am nächsten Morgen gen Norden aufbrechen – und konnte die Gesellschaft nicht einfach so verlassen. Er musste dieses peinliche Gelage also durchstehen und dann auch noch der Prozession vom Haus des Mädchens zu dem ihrer neuen Familie folgen. Er seufzte tief.
    Zumindest das Mädchen machte einen glücklichen Eindruck, wie es da auf seinem kleinen, mit Winterblumen geschmückten Thron saß, im Haar einen Kranz aus Lorbeerblättern, auf der Brust schwere Muschelhalsketten – Geschenke von Freunden und Verwandten –, die ihr das Atmen erschwerten. Ihre neuen Verwandten dagegen, Yubal und Avram, machten jämmerliche Mienen und tranken zu viel. Selbst für Hadadezers Begriffe.
    Der Abend zog sich mit aufgesetzter Fröhlichkeit weiter hin.
    Endlich gab die Priesterin Reina das Zeichen für den Schlussakt dieser Familienfeier. Hadadezer rülpste erleichtert und winkte seinen Trägern, die sofort aufsprangen und ihn mit seinem Tragegestell schulterten.
    Yubal konnte kaum noch gehen. Sein Abkommen mit den Muschelarbeitern reute ihn so sehr – er hatte tatsächlich geglaubt, Avram damit eine Riesenfreude zu bereiten –, dass er mehr Wein getrunken hatte, als er vertrug. Aber ein anderer Schmerz quälte Yubal noch mehr, und den vermochte kein Wein dieser Welt zu lindern: dass er Molok um Beistand hatte bitten müssen. Obwohl er sich zuerst noch besonders schlau vorgekommen war, weil er über Moloks Lage Bescheid

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