Kronjuwel (German Edition)
sollte.
»Die einfache Antwort ist, dass ich dir tatsächlich einfach nur dankbar war. Die komplizierte Antwort, allerdings... die musst du schon selber herausfinden.«
Noah lachte und senkte den Kopf.
»Aber ich denke, es hat etwas damit zu tun, dass ich so etwas noch nie zuvor gesehen habe. Jemand der so aufrichtig bereut, was er getan hat. Und es auf so unglaubliche Weise wieder gut machen will.«
»Was kann ich dann noch für dich tun? Dein Partner wartet doch im Wagen.«
Sie drehte sich zu dem Geländewagen um und sah Wuan, der sich über das Lenkrad beugte und sie beobachtete.
»Lao wartet nicht auf mich. Er ist nur hier, für den Fall, dass ich es mir anders überlege.«
»Dass du dir was anders überlegst?«, fragte Noah.
Kate drehte sich erneut um und machte zwei Schritte auf das Auto zu. Wuan ließ das Fenster herunter und sah sie an. Über ihre Schulter hinweg warf er Noah einen Blick zu, der ihn grüßte.
»Agent Wuan.«
»Doktor Bishop«, gab Wuan mit einem ernsten Gesicht zurück, bei dem es Noah schwer fiel, daraus schlau zu werden, und sah dann wieder Kate an.
»Es ist okay. Danke Lao«, sagte sie bestimmt.
Wuan schloss die Augen und nickte ihr ohne zu widersprechen zu.
Er startete den Motor des Wagens und fuhr das Fenster wieder herauf bevor er den Blinker setzte und langsam losfuhr, um auf der Straße zu drehen.
»Also das verstehe ich jetzt nicht«, meinte Noah, als Kate sich wieder zu ihm umdrehte.
»Das FBI arbeitet gerade an einem Fall. Ein Mann stiehlt aus gut behüteten Privatsammlungen Kunstwerke und legt sie nachts vor den Türen bekannter Museen ab, als eine Art Geschenk. Nach meiner Erfahrung in deinem Fall meinten meine Vorgesetzten, dass ich mich vielleicht lieber darauf konzentrieren sollte, als weiter lückenhaften Hinweisen über Kartelle in Mexiko nachzugehen. Mein Vorschlag war, dich mit deinem Fachwissen dazu zu befragen.«
Noah nickte abwesend. Gleichzeitig fragte er sich, ob es nicht noch einen weiteren Grund gab, aus dem sie ihm das alles persönlich und ohne ihren Partner erzählen wollte.
»Und er findet die Idee nicht gut? Ich schätze, ich kann es ihm nicht verübeln, wenn er mich nicht besonders mag.«
Kate ging nicht darauf ein, sondern griff in ihre Jackentasche und zog ein Band heraus, an dem drei einfache Schlüssel und ein Autoschlüssel hingen.
»Hier, ich glaube, die gehören dir«, sagte sie und reichte sie Noah.
»Ich dachte, du hättest mein gesamtes Vermögen beschlagnahmt?«, fragte der verwundert zurück.
»Das Verfahren wurde eingestellt, oder? Also müssen die Vereinigten Staaten dir dein Eigentum wieder aushändigen, was ich hiermit stellvertretend tue.«
Ein warmes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als Noah die Schlüssel entgegen nahm und in seinen Händen hin und her bewegte.
»Es ist noch nicht lange her, da habe ich geglaubt, dass das hier die Antwort auf die Frage sei, um was es im Leben geht«, sagte er, den Blick immer noch auf die Schlüssel in seiner Hand gerichtet, und merkte dabei, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete.
»Geld, Autos, ein chices Haus, teure Kleidung.«
»Und was ist die richtige Antwort?«, fragte Kate mit zarter Stimme, während die Sonne hinter den Dächern des nächsten Häuserblocks symbolträchtig verschwand und nur noch einen breiten orangefarbenen Streifen zurückließ, der in einem behutsamen Verlauf in das kühle Blau des aufziehenden Nachthimmels überging. Noah lächelte müde.
»So wirklich weiß ich das immer noch nicht«, antwortete er und drehte seinen Kopf, sodass er die im letzten Rest des Sonnenlichts regelrecht aufleuchtende Fassade des Hauses ansah.
»Aber ich habe so Manches gelernt. Und ich weiß jetzt, dass es so etwas wie richtig und falsch tatsächlich gibt.«
Er klang nicht bitter, nicht enttäuscht, nicht mehr schockiert über das, was er erlebt hatte. Er hatte es verarbeitet, damit abgeschlossen, den Buchdeckel zugeklappt. Seine Worte waren unmissverständlich, entschlossen und klar, als er sprach. In seinem Gesicht spiegelte sich dieser Ausdruck wieder und es bedurfte keiner Rührung darin, um seinen Gemütszustand abzulesen.
Er wandte sich wieder Kate zu und sah in ihre kaum merklich glitzernden Augen.
»Aber vielleicht ist es ja genau das. Versuchen. Scheitern. Und daraus lernen.«
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