Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
unseres Herzens, sondern auch des Magens annehmen.«
In dieser Weise hat sich Sindbad, der übrigens auch sonst ein ziemlich gescheiter Mensch war, geäußert, als er seine Erfahrungen bezüglich des Magens, der Küche und der Ernährung zu erläutern begann; umso naiver aber war er, wenn er auf Herzenssachen zu sprechen kam. Er gab nämlich immer den Verliebten recht.
Doch hier soll es ums Essen und den Magen gehen, und so können wir Sindbad nun getrost folgen.
2
»Im Mai beglückt die Prinzenfamilie unter den Speisen unseren Magen, den es nun schon so sehr nach Verjüngung verlangt«, erklärt Sindbad einem magenschwachen vornehmen Herrn, der sich in einem Gartenlokal unter duftenden Bäumen, Linden, Platanen und Fliederbüschen, wo die Tische in Rot, Blau und anderen gefälligen Farben gedeckt waren, ihm zugesellt hatte.
»Natürlich spürt man auch in den Privathaushaltungen den Anbruch des Frühlings, denn dort ändern sich ja die Koch- und Essgewohnheiten ebenfalls«, unterbrach ihn der Herr, dem bekannt war, dass Sindbad das ihn umgebende Gasthausleben zu preisen pflegte, weil er ja einen großen Teil seines Lebens in Gasthäusern (oder, wie er es nannte, in Wirtshäusern) verbrachte.
»Ach, die ›Privathaushaltungen‹!«, seufzte Sindbad, als jetzt seine Aufmerksamkeit auf die herrlichen, längst vergangenen Zeiten gelenkt ward und er sich der Jahre entsann, da er noch in kleinen, bescheidenen Häusern Erbsensuppe, Spargelsuppe, Dillsuppe, Kohlrabisuppe, Sauerampfersuppe, Karfiolsuppe, Kartoffelsuppe (aus heurigen Kartoffeln mit Majoran) gelöffelt hatte, und dann das Hammelgulasch!, mit dem die »Privathaushaltungen« regelmäßig die Ankunft des schönen Mai zu feiern pflegten. »Ja, alles war fein, und besonders das Hühnerfrikassee mit frischem Grünzeug und Kräuterwerk! Doch mit Verlaub, verehrter gnädiger Herr, im Vergleich mit der im Mai üblichen Selleriesuppe ist doch einer Krebssuppe, mit der die ›Privathaushaltungen‹ kaum aufwarten können, unbedingt der Vorzug zu geben; oder der Junggänsebraten mit dem passenden Salat aus Gurken und Dill und dem gefüllten Kohlrabi; von Erdbeeren und den dazugehörigen Getränken ganz zu schweigen.«
»Ich weiß«, antwortete der Herr, »dass Sie stets die Partei der Gastwirte nehmen, die aufgrund ihrer materiellen Möglichkeiten natürlich viel großzügiger einkaufen können als die armen Hausfrauen …«
»Nein, das ist keine Frage der Partei, mein Herr, doch der Magen begehrt einfach auf bei einem üppigen Festmahl, das beispielsweise zum Geburtstag des Familienoberhauptes im Privathaushalt aufgetragen wird, wenn dieser in den Monat Mai fällt. Sicher, man ersteht zu diesem Anlass eine junge Gans, doch mit der geschieht dann so vielerlei, dass einem tatsächlich der Appetit vergehen kann. Aus dem Gänseklein wird eine Suppe gekocht, danach serviert man ein Risotto mit der Gänseleber, erst darauf folgt der eigentliche Gänsebraten. Nein, mein Herr, selbst von einer jungen Gans ist dieses Allerlei zu viel. Und am Abend droht dann noch die kalte Gans, dazu statt des mittäglichen Gurkensalats nun ein mit Mayonnaise angemachter Blattsalat. Während der Gast im Wirtshaus dem lieben Gott schon dankt, wenn er nur den schweren Gänsebraten geschafft hat. Der ist nämlich als Alltagsspeise absolut ungeeignet.«
»Sie haben ja recht«, entgegnete der Herr, »doch Sie wissen sicherlich auch, dass der Mensch bestrebt ist, geladenen Freunden und Bekannten möglichst das Beste zu bieten. Sie sollen ihn als Gastgeber ja in angenehmer Erinnerung behalten. Aber jetzt, Herr Sindbad, erzählen Sie, wie Sie sich ein gelungenes Mittagsmahl im Mai vorstellen würden, wenn, sagen wir, Ihr Geburtstag auf einen Tag in diesem Monat fiele.«
3
»Ich muss vorausschicken, dass ich kein Kind des Monats Mai bin, so kann ich mich auch nur theoretisch zu dieser Frage äußern«, sprach Sindbad, ließ den Blick genießerisch über die blühenden Bäume im Wirtshausgarten schweifen und schlürfte ein paar Züge von der appetitanregenden Luft, in der sich die Düfte des Frühlings mit den Wohlgerüchen aus der Küche mischten.
Der Herr allerdings, in ständiger Zwietracht mit seinem Magen, hätte gut auf die Küchendüfte verzichten können, doch Sindbad versuchte es mit sanfter Überredungskunst (es war ja auch die Vor-Mittagszeit, in der man noch gern übers Essen spricht):
»Sollte man die Tafelfreuden nicht vielleicht mit einer Krebssuppe, der Suppe der Fürsten,
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