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Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Titel: Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich liebte eine schöne Frau: Miniaturen
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mit gespreizten Fingern durchs Haar.
    »Aber das Porträt … Schließlich ist ein veröffentlichtes Porträt …«
    Ärgerlich unterbrach ich ihn:
    »Wissen Sie, lieber Freund, Porträts von Dichtern werden vor allem veröffentlicht, damit das Publikum, also Schneider, Schuster, Zimmervermieter, Wirte, sie wiedererkennt und ihnen keinen Kredit mehr gibt. Hier haben Sie einen Forint und guten Abend!«
    Der Dichter wollte sich empören, dann erschien es ihm aber doch zweckdienlicher, zuerst den Forint diskret verschwinden zu lassen, und nach einer Minute verschwand er lächelnd auch selbst.
    Eine Stunde später lief an der Ecke jemand hinter mir her. Es war Lonkai.
    »Bitte …«
    »Ja?«
    Der Dichter Lonkai war vermutlich rot geworden, aber in der Dunkelheit konnte ich es nicht sehen. Er wollte sich noch einen Forint borgen, weil er, wie er sagte, den ersten verloren hätte.
    Doch ich wollte ihn freundlicherweise nicht zur Kenntnis nehmen. Bog in die Gasse ein, in der ich wohnte, hörte aber noch, wie jemand hinter mir herrief:
    »Verfluchter! … Elender Wucherer.«
    Letztere Berufsbezeichnung erschien mir ganz und gar unverständlich.
    Das war die erste Geschichte.
    Die zweite Geschichte

    Die nächste Geschichte ist viel weniger kurios. Zumindest habe ich persönlich sie nie von dieser »komiko-historiko«-Seite gesehen, wie es einer meiner Bekannten einmal ausgedrückt hat.
    Jetzt, in diesem Frühjahr, so habe ich meinen Freunden eröffnet, würde ich mich für einige Wochen nach Trouville begeben, also in diesen Nobelbadeort, wo die vornehme Gesellschaft ihre April- und Mai-Langeweile totzuschlagen pflegt. Und ich fuhr nach Gesztenyés, sprich Kastanienhain.
    Wer noch nie in Gesztenyés war, kann sich von dem Ort einfach kein Bild machen. Vielleicht kennt man im
Verband der Budapester Handlungsreisenden
dieses Gesztenyés, aber gewiss ist auch das nicht. Sicher ist vielmehr, dass die Handlungsreisenden ein höchst reges, pulsierendes Leben dorthin zu bringen pflegen. Sonst aber verirrt sich kein Fremder hierher.
    Es war Abend und dunkel, als der gemächlich dahintuckernde Bus in der Einfahrt des
Goldenen Bären
hielt, und auch ich tuckerte mit, denn ich saß in besagtem Autobus.
    »In welcher Branche reist der Herr?«, fragte der Kellner zutraulich, als er mir das Zimmer aufschloss.
    »Ich reise in Romanen.«
    Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte ich vielleicht Folgendes vorausschicken:
    Eines Nachts gegen zwei war mir im Kaffeehaus
Odeon
in Budapest plötzlich aufgegangen, dass es an der Zeit wäre, das große Werk zu beginnen, das meine Freunde, die Kritiker, von mir erwarteten. Ich überflog die Biografien all unserer großen Literaten. Dabei stellte sich heraus, dass die lärmende, brodelnde Hauptstadt mit ihrer mystischen Atmosphäre und Hektik nicht der passende Ort war, um ein großes Werk zu schaffen. Auf dem Land, in dieser jungfräulich reinen Umgebung! … Ja, diese rieselnden Bächlein, die duftenden Wälder, der wärmende Sonnenschein! – das waren die richtigen Voraussetzungen für ein solches Werk.
    Als Nächstes bat ich um ein Verzeichnis der ungarischen Eisenbahnen, schlug es aufs Geratewohl auf, da stach mir auf einer Seite am untersten Rand die
Gesztenyés-Balla-Lokalbahn
ins Auge. Über Balla wusste ich nur so viel, dass dort die wüstesten, rauflustigsten Burschen des Landes zu Hause sind, die sich sonntags zum Vergnügen die Köpfe einschlagen, doch Gesztenyés war mir gänzlich unbekannt.
    »Gesztenyés, Gesztenyés!«, flüsterte ich leise vor mich hin.
    Ich ahnte, ja ich fühlte es, dass Gesztenyés der einzige Punkt auf dem Globus war, oder wie die Dichter zu sagen pflegen: im irdischen Jammertal, wo man etwas Bedeutendes schaffen konnte.
    In der darauffolgenden Nacht schlief ich schon in einem Eisenbett in der ersten Etage im
Hotel zum Goldenen Bären
. In der ersten Etage deshalb, weil das Hotel keine weiteren hatte.
    Zwei Tage vergingen. Ich besorgte mir Papier, brauchbare Tinte anstelle der bleichen Essigtöpfchen des Hotels – doch ich arbeitete nicht.
    Interessiert sah ich am Vormittag vom Fenster meines Zimmers auf den lauten Wochenmarkt hinunter, später unternahm ich einen Spaziergang durch die Gassen von Gesztenyés. Das Resultat war, dass ich mit bis unters Knie verdreckten Hosen zurückkehrte. Und Gesztenyés verfluchte.
    An einem Nachmittag nach dem Essen, ich saß in der Konditorei und rührte gerade gedankenverloren in meinem Kaffee, setzte sich ein mir bis dahin

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