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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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des Platzes. Es gab kein Halten mehr. Die Sanitäter rannten hin und her, um den Verletzten Erste Hilfe zu leisten, die laut schreiend versuchten, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, was bei dem Sirenengeheul, den schnarrenden Walkie-talkies der Polizei, den brüllenden Kindern und den klingelnden Handys gar nicht so einfach war.
    Erst als die Fontäne allmählich abschwoll und der Platz fast evakuiert war, wagten sich die Ordnungshüter bis zur Mitte der Plaza Mayor vor, wobei sie die unterschiedlichsten Gegenstände fanden, die über den ganzen Platz verstreut waren. Jener gewaltige Geysir hatte alles mögliche ausgespuckt, nur nicht irgendeines der 3600 Einzelteile der Monstranz. Während sie jedes einzelne der Objekte unter die Lupe nahmen, bekam John Bealfeld die abenteuerlichsten Hypothesen zu hören. In Anbetracht des unermeßlichen Werts des versunkenen Schatzes, meinten einige, könne es doch sein, daß es sich nicht um ein Erdbeben, sondern um ein Attentat handle, schließlich würden in wenigen Tagen Palästinenser und Israelis in die Stadt kommen, und da wisse man ja nie … Der Kommissar schüttelte ungläubig den Kopf. Wie konnte man sich nur zu einer solch unsinnigen Behauptung hinreißen lassen? Es war ein Erdbeben gewesen, was denn sonst? Als er eine Hand auf seiner Schulter spürte, zuckte er zusammen. Hinter ihm stand Inspektor Gutiérrez.
    »Und, was meinen Sie?« fragte Bealfeld.
    »Das ist alles etwas seltsam«, antwortete der Inspektor und zuckte mit den Schultern.
    »Na ja«, wandte der Kommissar ein, »Sara Toledano hatte schließlich genau vor so einem Beben gewarnt.«
    »Da fällt mir auf: Wo steckt sie überhaupt? Ich habe sie heute noch gar nicht gesehen.«
    »Das werden Sie auch nicht. Ich glaube, Sie sollten einmal dem Convento de los Milagros einen Besuch abstatten.«
    »Sie sind ihr Bodyguard. Wollen Sie mich nicht begleiten?«
    »Ich war schon dort.«
    |31| »Was soll das heißen, Sie waren schon dort?« Zum ersten Mal schien es Gutiérrez die Sprache verschlagen zu haben.
    »Na ja, ich
war
heute bereits im Kloster. Was ich jetzt im Augenblick viel lieber tun würde, ist etwas anderes:
Genau hier
würde ich gern hinuntersteigen«, erklärte Bealfeld und zeigte auf den Krater.
    »Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?! Da hinunter wollen Sie? Das können Sie vergessen. Sobald die Plaza Mayor geräumt ist, werden wir mit der Bergung der Monstranz beginnen. Stück für Stück. Und das wird seine Zeit dauern.«
    »Also gut, dann warte ich eben so lange«, lenkte Bealfeld ein. »Ich muß heute sowieso noch verreisen. In ein paar Tagen bin ich wieder zurück. Besorgen Sie mir bis dahin die Genehmigung.«
    Der Kommissar eilte in Richtung Ausgang, doch schon nach wenigen Schritten stieß er auf den Architekten Ramírez de Maliaño, der fassungslos vor einem Gesteinsbrocken stand und sich seinen weißen Bart raufte.
    »War es das, was Sie meinten, als Sie von der merkwürdigen Akustik auf der Plaza Mayor gesprochen haben?«
    »Das war kein Scherz, Kommissar. Viel zu viele Menschen«, erklärte er und deutete mit seinem Stock um sich, »und zuviel Lärm. Es war zu erwarten, daß die Plaza Mayor sich wehren würde … Haben Sie Sara gesehen?« Da hörte er jemanden seinen Namen rufen. »Entschuldigen Sie mich, man verlangt nach mir.«
    Verblüfft blickte Bealfeld ihm hinterher. War denn nun auch der städtische Architekt verrückt geworden? Am Morgen hatte der Toningenieur etwas davon gemurmelt, daß man mit dem Festakt den Platz
reizen
würde. Und nun behauptete Maliaño, der Platz habe sich
gewehrt
. Irgend etwas verschwieg man ihm hier. Und wo steckte, verdammt noch mal, Sara Toledano, die all das vorausgesehen zu haben schien? Doch sie hatte ihm klare Anweisungen gegeben: also zurück ins Hotel, die drei Umschläge aus dem Safe holen und ab ins erste Flugzeug nach NewYork.
    |32| Als er kurz darauf einem Taxi winkte, fiel ihm wieder ein, was Sara ihm geantwortet hatte, als sie ihm die Umschläge gab.
    »Haben sie etwas mit diesem Prozeß zu tun, den du gerade untersuchst?«
    »Ja.«
    »Und was ist so interessant daran?«
    »Der Angeklagte, Raimundo Randa«, hatte Sara geantwortet. »Er hatte eine unglaubliche Odyssee hinter sich. Niemand nimmt so viele Mühen auf sich für etwas, das nicht wirklich wichtig ist. Es ist offensichtlich, daß dieser Mann es geschafft hat, sich Geheimnissen zu nähern, die über seinen, wenn nicht gar über jeden menschlichen Horizont gingen.«
    »Was

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