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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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darunter war eine Inschrift zu lesen:
Wenn die Schlösser dieses Palastes aufgebrochen werden, werden diese bewaffneten Männer Spanien erobern …
    Der Architekt blickte Rachel an.
    »Das hat deine Mutter geschrieben. Wie du siehst, spricht sie hier von einem Talisman.«
    »Aber mein lieber Pate, das sind doch nur Legenden.«
    »Legenden sind das, was uns von denWahrheiten der Vergangenheit noch geblieben ist. Troja war auch nur eine Legende, bis es ausgegraben wurde. Heute ist es Geschichte.«
    »Und wir dürfen auch nicht vergessen, zu welchen Schlußfolgerungen |420| man kam, als man in der Agency das Programm CA-110 in Angriff nahm«, fügte David hinzu. »Ich meine, wie man die zukünftigen Generationen vor den radioaktiven Abfällen warnen wollte. Mit einer simplen Botschaft kann man eine so komplizierte Technologie nicht erklären. Die einzige Art und Weise, jemandem eine solche Gefahr zu vermitteln, ist der Mythos.«
    »Der immer nur das bleiben wird, ein Mythos …«, wandte Rachel ein.
    »Mythen sind auch höchst gefährlich«, beharrte der Kryptologe.»Denken Sie nur daran, was in Jerusalem los ist, sobald die Palästinenser oder Israelis die Geschichte mit dem Tempelberg wieder aufwärmen. Auf alle Fälle könnte in diesen Legenden der Schlüssel zu dem Ganzen liegen, der Grund dafür, daß mein Vater seinerzeit verschwunden ist und wir nun nach Ihrer Mutter suchen.«
    »Sara interessierte vor allem eine Forschungsexpedition«, fuhr Maliaño fort, »die sich zur Zeit Philipps II. auf die Suche nach dem Königspalast machte. Es war die letzte, bevor die Plaza Mayor erbaut wurde. Daß es danach keine mehr gab, lag an einem Leiden, das man damals ›nächtlicher Schrecken‹ nannte. Sara zufolge war dies einer der Punkte, der im Inquisitionsprozeß gegen Raimundo Randa auftaucht. Und die Symptome erinnerten sie auf seltsame Weise an die Ihres Vaters.«
    »Wie das?« fragte David.
    »Was dieser letzten Forschungsexpedition im 16. Jahrhundert genau wiederfuhr, kann niemand sagen, denn der Bericht des einzigen Überlebenden war völlig wirr. Ihm war es nach mehreren Tagen gelungen, irgendwie aus den unterirdischen Gängen herauszufinden; sein Gesicht glich jedoch mehr dem eines Toten als eines Lebenden. Er sprach in einer völlig unverständlichen Sprache; als einziges bekam man heraus, daß seine Gefährten an einem unzugänglichen Stollen umgekommen waren, in den große Wassermassen eingebrochen waren. Geistig umnachtet starb er schon wenige Tage später. Man suchte nach Freiwilligen, um die übrigen zu bergen und christlich zu |421| bestatten, doch niemand fand sich bereit, in den Untergrund hinabzusteigen. Infolgedessen wurde angeordnet, den Eingang zuzumauern. Und dann konstruierte Herrera die Plaza Mayor. Dabei war er sich sehr wohl bewußt, daß es nicht nur darum ging, diesen Eingang zu versiegeln, sondern auch darum, das Gebot von etwas zu achten, das sich darunter befand. Deshalb gab er ihr die Form eines Würfels.«
    »Die Plaza Mayor ist doch nicht würfelförmig.«
    »O doch, das ist sie. Man sieht natürlich nur die obere Fläche, aber der Würfel geht nach unten weiter. Eine Art unterirdische Stadtmauer bildet seine Seitenflächen. Sie wurde auf den eingestürzten Gängen hochgezogen, um zu verhindern, daß von außen irgendwer unter den Platz gelangen kann. Wenn ihr die Konzeption der Plaza Mayor wirklich verstehen wollt, müßt ihr euch Herreras Pläne ansehen, die im Escorial aufbewahrt werden, genauer gesagt im Safe des Büros, das man mir für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hat. Dort könnte ich euch zeigen, was Sara genau interessiert hat. Jetzt, da ich aus der zeitlichen Distanz heraus darüber nachdenke, glaube ich, daß sie sich bei ihrem Besuch Notizen machte, um in Antiguas Tiefen hinabzusteigen.«
    »Wann hat Sara Ihnen das alles erzählt?« fragte David.
    »Vergangenen Montag. Montags ist der Escorial für Besucher geschlossen. Sie hatte sich mit einem Fotografen verabredet, der einige Gemälde für ihre Monographie aufnehmen sollte. Während er die Fotos machte, zeigte ich ihr Herreras Papiere. Darunter gab es auch einige Fragmente, die denen ähneln, die Sie mir vorhin gezeigt haben.«
    »Sind Sie sicher? Warten Sie einen Moment, ich gehe sie holen.«
    Da klingelte das Telefon. Maliaño nahm ab und machte David ein Zeichen, dazubleiben.
    »Ja, er steht hier neben mir. Augenblick … Es ist für Sie«, sagte er zu dem Kryptologen. »John Bealfeld.«
    »Hallo, Bealfeld,

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