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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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steht?«
    »Warten Sie.« David zog den Plan zu sich. »Hier steht ›Der Grundstein‹.«
    »Genau. Als Sara das gesehen hat, kam sie zu der gleichen |472| Schlußfolgerung wie ich: Es ist ein Ort, der für etwas reserviert ist.«
    »Offensichtlich für diesen Stein. Woher wollten sie ihn nehmen?«
    »Das weiß ich nicht. Aber seht euch einmal die Notizen dazu an.«
    Die erste besagte:
Dem Grundstein des göttlichenTempels, Jesus
Christus, geweiht
. Daneben war ergänzt worden:
Den beiden unvergleichlichen
Beispielen von Abrahams Stein dargebracht
. Und einige Verse, die in den Stein gemeißelt werden sollten:
    Wird geschändet oder mißachtet dieser Stein,
    soll Verderben des Beleidigers Strafe sein.
    Geachtet aber wird er geben
    Schutz, Zuflucht und gesundes Leben.
    »Deine Mutter dachte, das sei es, wonach sowohl Herrera als auch Philipp II. in Antigua suchten. Wenn sie den Stein gefunden hätten, hätten sie ihn im Escorial eingelassen, was das Kloster zu Salomos neuem Tempel machen würde.«
    Der Architekt ging noch einmal zum Tresor und kehrte mit einigen offensichtlich sehr alten Bogen karierten Papiers zurück, was Davids Aufmerksamkeit sofort erregte.
    »Diese Bogen sehen ja aus wie die meines Vaters! Nur daß auf diesen hier die Kästchen viel gröber gezeichnet sind. Was glauben Sie, könnten sie mit der Kombinationsmaschine angefertigt worden sein, die uns Sara geschickt hat?«
    »Das ist gut möglich. Sie dachte, Herrera habe dasselbe System für die Plaza Mayor benutzt. Und das wäre der Beweis. So, und hier habe ich noch etwas für euch …«
    Der Architekt legte vier Pergamentkeile auf den Tisch. Nur daß sie nicht dreieckig, sondern viereckig waren und wie die ausgebreiteten Flügel eines Schmetterlings aussahen.
    |473|

    David und Rachel waren sprachlos. So unglaublich es auch schien: Vor ihnen lagen die vier Fragmente, die ihnen noch fehlten, um das Pergament zu vervollständigen. Die junge Frau holte die acht Keile aus ihrer Handtasche und fügte das germanische Kreuz zusammen.

    Dann nahm sie die Stücke, die ihr der Architekt hinhielt, und setzte sie an den Ecken ein. Ihre Hand zitterte, als sie sah, wie |474| sie sich perfekt einpaßten und zum ersten Mal das vollständige Muster des Labyrinths preisgaben.

    »Das ist nicht zu fassen! Endlich haben wir den kompletten Plan!« rief Rachel.
    »Sind Sie sich im klaren, daß wir vielleicht seit Jahrhunderten die ersten Menschen sind, die diese Stücke alle zusammen sehen?« flüsterte David nicht weniger aufgeregt.
    »Na ja …«, meinte Maliaño, »Sara hatte sie in ihrem Kopf schon zusammengesetzt … Aber Sie haben recht. Das hat einen unschätzbaren Wert.«
    In diesem Moment hörten sie hinter sich ein Geräusch und fuhren herum. Die Türangeln quietschten erbärmlich, als jetzt die Tür abrupt aufschwang und auf der Schwelle eine bullige Silhouette erschien. Im Gegenlicht des Kellergangs konnten sie das Gesicht nicht erkennen.
    Einen kurzen Augenblick lang dachte David, es sei ein zerstreuter Tourist, der seine Herde verloren hatte. Er trug Turnschuhe, kurze Hosen, eine Fotografenweste, eine Baseballkappe und eine Videokamera. Aber der Wachmann … Er hatte den Zugang zum Untergeschoß doch abgeschlossen! Und der Mann verhielt sich auch nicht wie jemand, der sich verlaufen |475| hatte, denn jetzt schloß er langsam die Tür hinter sich, ohne sie auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Der Kryptologe war sich sicher, daß es ein Profi war.
    Auch Rachel hatte das begriffen und war unwillkürlich vom Architekten weg zu David auf die andere Seite des Tischs getreten. Der alte Herr sah den Eindringling als letzter. Er hob die Hand und wollte schon nach dem Telefonhörer greifen, als David ihm ein Zeichen machte, daß er sich bloß nicht bewegen solle. Er kannte diese Typen nur zu gut. Sein Verstand begann auf Hochtouren zu arbeiten, um einen Weg zu finden, wie sie dieser tödlichen Gefahr entrinnen konnten. Falls Maliaño versuchte, irgendeinen Alarm oder eine Gegensprechanlage zu betätigen, würde dieser Killer ihm kurzerhand das Lebenslicht ausblasen. Und gleich darauf wären Rachel und er an der Reihe, denn er wollte sicher keine Zeugen haben.
    An der Art, wie der Kerl die Videokamera hielt, konnte er unschwer erkennen, daß das seine Waffe war. Er hoffte, daß Rachel es ebenfalls bemerkt hatte. Aber war das auch dem alten Herrn klar? Er betete zu Gott, daß er die Gefahr, in der sie schwebten, nicht geringschätzte. Oder jene

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