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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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entschied sich für eine Fackel, um seine Kräfte zu schonen. Die Praister konnten ihm gefährlich werden und er wusste nicht, wie viele auf ihn warteten und mit welchen Tücken sie sich gegen sein gewaltsames Eindringen in ihren Tempel zur Wehr setzen würden.
    Kaum hatte er die Fackel entzündet und war die Treppe hinabgestiegen, störte ein ekelerregender Gestank seine empfindliche Nase. In einer langen Reihe hintereinander hatten die Praister mehrere gleich große Tische aufgestellt. Neben den Tischen befanden sich Holzeimer mit Wasser und Schwämmen sowie offene Truhen mit allerhand Werkzeug. An den Wänden entdeckte er Reihen von Regalen, die bis oben hin mit in zahlreichen, mit einer Flüssigkeit gefüllten Gläsernausgestellten Präparaten aus Organen und Absurditäten bestückt waren.
    Sapius hatte ebenfalls eine Sammelleidenschaft gepflegt und die Gläser erinnerten den Lesvaraq daran. Aber der Magier beschränkte sich auf Kröten, Würmer, Schlangen und anderes Getier, das er für seine Tränke brauchte. Das war in den Augen des Lesvaraq vertretbar. Die Sammlung der Praister hingegen war erschreckend anders.
    Ein Fötus mit zwei Köpfen hatte seine besondere Aufmerksamkeit geweckt und ihm sogleich einen kalten Schauer über den Rücken gejagt.
    »Welchem armen Geschöpf haben die Praister dieses Ungeborene bloß entnommen?«, fragte er sich.
    Und das war erst der Anfang entsetzlicher Entdeckungen. Ein solches Sammelsurium des Grotesken hatte Tomal nie zuvor gesehen oder sich in seinen schlimmsten Albträumen nicht einmal annähernd vorstellen können.
    Ich bin auf die Bösartigkeit höchstselbst gestoßen , dachte er angewidert bei sich. Wozu bewahren die Praister solche Präparate auf ?
    Tomal durfte sich nicht von den sichtbaren Schrecken ablenken lassen. Er wandte sich schaudernd von den Regalen ab, um die Kammer weiter zu untersuchen.
    Nachdem er eine Truhe und das darin lagernde Werkzeug näher begutachtet hatte, konnte sich Tomal denken, was die Praister in dieser Kammer noch trieben und woher der Gestank rührte. Sie präparierten die Toten für ihren letzten Gang zu den Schatten.
    Vielleicht nicht nur die Toten! , sagte sich Tomal im Stillen, dem der Inhalt der Regale naheging.
    Er traute den Praistern alles zu. Immerhin stellten sie mehr dar als nur einfache Totengräber oder Leichenbeschauer. Für ihn waren sie Giftmischer, Schattenrufer und Attentäter, feigeMörder, die seinen Respekt nicht verdienten. Aber er wusste nun auch, sie waren Gelehrte, die ihre ganz eigenen Forschungen an den Lebenden betrieben, und sie kannten sich bestens mit der Folter aus, was er unschwer an einigen Gerätschaften in der Kammer feststellen konnte.
    Ein Geräusch am oberen Ende der Treppe ließ ihn in seiner Bewegung erstarren. Tomal wirbelte herum, duckte sich und blickte nach oben. Drei Praister standen dort in ihren roten Roben, mit brennenden Öllampen in den Händen und sahen mit hasserfüllten Blicken zu ihm herunter.
    »Wer seid Ihr?«, fragte ein glatzköpfiger Praister.
    »Das geht Euch nichts an!«, antwortete Tomal.
    »Warum stört Ihr die heilige Ruhe der Kojos und ihrer Vertreter auf Kryson?«, blieb der Praister hartnäckig.
    »Auch das werde ich Euch nicht verraten.«
    »Ihr habt einen unserer Brüder getötet!«, empörte sich der Praister.
    »Ich hatte nicht vor …«, begann Tomal, bevor er in seinem Satz unterbrochen wurde.
    »Ihr habt den Zorn der Kojos erregt. Dafür werdet Ihr in den Flammen der Pein schmoren«, drohte der Praister.
    »… es bei einem zu belassen«, beendete Tomal seinen begonnenen Satz und lud das Galwaas nach.
    Tomal zielte, schoss und traf einen seiner Gegner in die Brust. Der Praister schrie, wurde durch die Wucht des Aufpralls von den Beinen nach hinten gerissen, flog einige Fuß durch den dahinterliegenden Raum, bis er schließlich blutüberströmt auf den Boden krachte.
    »Elender!« Der glatzköpfige Praister drohte Tomal mit der Faust. Er zog seinen Bruder rasch mit sich in den Gebetsraum, bevor der Lesvaraq einen weiteren Schuss abfeuern konnte, und warf die Tür hinter sich zu. Tomal hörte, wie ein Riegel vorgeschoben wurde, den er beim Öffnen der Tür nichtwahrgenommen hatte. Aus dem Gebetsraum hörte er zahlreiche Schritte und beschwörende Worte, die aus mehreren Kehlen entstammen mussten.
    Den Blick gebannt auf Tür und Treppe gerichtet, sah der Lesvaraq, wie sich plötzlich Schatten an den Wänden bildeten. Sie bewegten sich rasch über die Treppe und

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