Kryson 04 - Das verlorene Volk
schreien.
Tomal drehte sich um. Aus dem Augenwinkel sah er eine Kristallphiole auf sich zufliegen und duckte sich im letzten Moment. Die Phiole traf einen Praister in seiner Nähe. Das Kristall zerbarst mit einem hellen Klirren und setzte eine Flüssigkeit frei, die sich auf dem Gesicht des Praisters verteilte. Der Praister fasste sich an den Hals, würgte, hustete und keuchte. Der Mann musste binnen weniger Sardas ersticken.
Der Lesvaraq erspähte Konrael, der ob des Fehlwurfeskreidebleich und rückwärtslaufend vor Tomal immer weiter zurückwich, während er hektisch in seiner Robe nach einer weiteren Phiole suchte.
»Daneben!«, höhnte Tomal.
»Brüder! Habt Mut und packt den Frevler«, rief Konrael. »Haltet ihn fest. Wir sind in der Überzahl.«
»Noch«, lachte Tomal verächtlich und feuerte.
Das Galwaas gab ein klickendes Geräusch von sich. Tomal hatte die Waffe leer geschossen. Mit dem Schwert in der anderen Hand war er nicht in der Lage, schnell genug nachzuladen. Fluchend schulterte er das Galwaas und wechselte das Schwert in seine rechte Hand.
»Jetzt!«, hörte er Konrael rufen, der zum Wurf bereit eine Phiole mit dunkler Flüssigkeit in der Hand hielt.
Entschlossen stürzten sich einige Praister auf Tomal. Aber nur zwei von ihnen waren mit eisernen Stäben bewaffnet. Das Schwert des Nordens blitzte vor und durchbohrte einen heranstürmenden Gegner. Tomal duckte sich unter dem in einem Bogen geschwungenen Hieb eines Praisters. Dicht an seinem Ohr hörte er den fauchenden Luftzug des Eisenstabs. Der Hieb hätte ihm den Schädel zertrümmert, wäre er nicht rechtzeitig darunter weggetaucht.
Tomal zog das Schwert durch und schlitzte dem Angreifer den Bauch auf. Der Getroffene sackte schwer verletzt auf die Knie, ließ den Stab fallen, der scheppernd zu Boden fiel, und versuchte krampfhaft seine Gedärme bei sich zu behalten. Der Lesvaraq wehrte einen weiteren, von der Seite kommenden Angreifer mit einem harten Faustschlag ab. Nur einen Wimpernschlag danach entwaffnete er den zweiten heranstürmenden Stabschwinger, indem er diesem die Hand abschlug und dem schreienden Verletzten anschließend das Schwert durch die Rippen mitten ins Herz stieß. Von den Rückschlägen entmutigt entschlossen sich die übrigen Praister erneut, ihr Heilin der Flucht zu suchen. Tomal setzte ihnen nach. Er ließ keinen entkommen.
In die Enge getrieben und mit dem Rücken zur Wand stand Konrael am ganzen Leib zitternd vor einer verschlossenen Tür. Der Praister hielt die Phiole immer noch fest in seiner Hand, war jedoch nicht mehr in der Lage, diese gegen Tomal zu erheben. Der Schock über seine getöteten Brüder und die Angst vor dem eigenen Gang zu den Schatten saß tief. Mit weit aufgerissenen Augen wartete Konrael wie ein zum Tode Verurteilter auf seinen Henker, der ihn mit Gewissheit in wenigen Sardas töten würde.
»B… b… b… bei allen K… K… Kojos, w… w… wer oder was seid Ihr?«, stotterte der Praister.
»Was nutzt Euch dieses Wissen, jetzt, da Ihr gleich sterben werdet?«
»Wer weiß schon, wozu eine bestimmte Erkenntnis in den Schatten eines Tages gut sein wird?« Konrael atmete tief durch und versuchte seine Fassung zurückzugewinnen. »Aber ich will erfahren, wem ich mein Ende zu verdanken habe und wer all meine Brüder auf dem Gewissen hat.«
»Wenn es Euch hilft, den letzten Gang anzutreten«, gab der Lesvaraq nach, »ich bin Tomal Alchovi, der Sohn des Fürsten Corusal Alchovi.«
Der Praister riss überrascht die Augen auf und rang nach Atem. »Ihr seid Fürst Alchovi? Der Mann, von dem gesagt wird, er sei ein Lesvaraq? Ich verstehe nicht, warum Ihr Euch an den Praistern vergeht. Wir sind die Bewahrer des Glaubens an die Kojos. Das Fürstenhaus Alchovi und besonders Euer Vater, der Fürst, glaubte an die Kojos und unterstützte die Praister.«
»Das mag sein, jedenfalls so lange, bis Corusal von den Praistern vergiftet wurde«, antwortete Tomal verbittert. »Ich habe Alvara versprochen seinen Tod zu rächen.«
»Ihr seid wahnsinnig. Thezael würde Euch diesen Frevel niemals verzeihen. Ich flehe Euch an, nehmt doch Vernunft an«, bat Konrael, »Ihr habt genug Unheil angerichtet. Vielleicht vergeben die Kojos Euch diese Tat. Noch ist Zeit, Euch zu besinnen. Verschont uns, dann werden wir für Euch beten und die Kojos bitten, Gnade walten zu lassen.«
»Ich brauche Eure Gebete nicht, Praister.«
»So versteht doch, Ihr dürft uns nicht vernichten, Herr«, flehte Konrael. »Solltet Ihr
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