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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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entlang der Wände, flüsterten und zischten, als wären sie Schlangen – und sie hatten ein Ziel. Tomal war bewusst, auf wen sie angesetzt worden waren. Er sprang auf die Beine und breitete die Arme weit aus.
    »Kommt!«, lockte er die Schatten zu sich. »Kommt und holt Euch den Lesvaraq!«
    Die Schatten krochen über den Boden. Sie waren überall und hatten den Lesvaraq bereits umzingelt. Ungeduldig verharrten sie – nur wenige Fuß von ihm entfernt – auf der Stelle, bis sich schließlich alle Schatten um ihn herum versammelt hatten. Vereinzelt griffen aus den Schatten dunkle Hände nach ihm, die ihn packen und zu sich ziehen wollten. Das Flüstern schwoll zu einem lärmenden Gemurmel an, aus dem Tomal meinte, einzelne Stimmen heraushören zu können.
    »Wir nehmen dich mit in unser Reich«, hauchte eine Stimme vor ihm.
    »Die Flammen der Pein werden dein Fleisch verzehren«, flüsterte eine andere Stimme hinter ihm.
    »Wehr dich nicht«, sagte eine dritte Stimme, »jeder Widerstand ist zwecklos.«
    Tomal schloss die Augen und konzentrierte sich. Er war bereit.
    »Worauf wartet Ihr?«, sagte er ruhig.
    Als ob die Schatten nur auf seinen Befehl gewartet hätten, verstummte das Geflüster abrupt und sie stürzten sich lautlos auf den Lesvaraq. Die Schatten umkreisten ihn, zerrten an seiner Kleidung und den Haaren. Er öffnete seine Augen undkonnte schemenhaft Gesichter erkennen, aus denen ihn tote Augen anstarrten.
    »Kamanjar!«, rief der Lesvaraq laut.
    Ein Licht strömte plötzlich aus Tomal heraus und erfüllte das gesamte Kellergewölbe. Das Licht war gleißend hell, als ginge es unmittelbar von einer Sonne aus. Der Lesvaraq hatte sich selbst in eine Sonne des Lichts verwandelt. Niemand wäre in der Lage gewesen, direkt in das Licht zu blicken, ohne sofort zu erblinden. Die Schatten kreischten und schrien, als müssten sie schreckliche Qualen erleiden. Das Licht des Lesvaraq verschlang sie, einen nach dem anderen, bis sie sich aufgelöst hatten und verschwunden waren. Der Lesvaraq keuchte vor Anstrengung, als das Licht wieder erlosch.
    Tomal war zornig. Er hatte das Licht in sich bemühen müssen, das er so gerne losgeworden wäre und das sich nun stärker denn je in ihm regte. Vor Wut schnaubend lud er mit zitternden Händen Geschosse in das Galwaas nach und stieg die Treppe nach oben. Mit einem Tritt sprengte er die Tür aus den Angeln und blickte in die entsetzten, schreckensbleichen Gesichter der versammelten Praister. Er zählte zweiundzwanzig Männer, die sich auf den Gebetsteppichen und Kissen niedergelassen hatten, während sie die Schatten auf ihn gehetzt hatten. Tomal vermutete, dass dies längst nicht alle Brüder waren. In dem Gebäude mussten sich seiner Einschätzung nach weit mehr Praister aufhalten.
    »Wo ist der oberste Praister?«, wollte Tomal von den Praistern wissen.
    »Thezael ist nicht hier«, antwortete ihm der glatzköpfige Praister, »ich vertrete ihn.«
    »Dann verabschiede deine Brüder«, sagte Tomal, »Ihr habt zum letzten Mal zusammen gebetet und die Schatten gerufen.«
    »Bitte, Herr«, flehte der Praister, »Ihr habt uns überfallenund das Heiligtum mit Gewalt und Blut befleckt, wir haben Euch nichts zuleide getan.«
    »Ihr habt meinen Vater getötet«, sagte Tomal, »und jetzt töte ich Euch. Die ganze verdammte Brut.«
    Unter den Praistern brach Unruhe aus. Sie schrien wild durcheinander, standen sich gegenseitig im Weg. Einige wollten fliehen, andere blieben starr vor Angst. Wieder andere nahmen sich ein Herz und griffen den Lesvaraq todesmutig an. Tomal feuerte einen Schuss nach dem anderen ab, bis das stählerne Rohr des Galwaas glühte. Er traf einen Praister in den Rücken, der einen anderen seiner Brüder im Sturz mit sich zu Boden riss. Tomal sprang ihnen flink nach, zog das Schwert des Nordens aus der Scheide und durchbohrte beide.
    »So tut doch etwas, Konrael«, schrie ein Praister den glatzköpfigen Bruder an, »er wird uns alle töten!«
    »Was soll ich tun?«, rief Konrael verzweifelt und erhob die Stimme zu den anderen. »Flieht, meine Brüder, flieht. Im Namen der Kojos, rettet Euer Leben und benachrichtigt Thezael.«
    Tomal hastete – das Galwaas in der Rechten, Iskrascheer in der Linken – durch den Gebetsraum zur Tür, um den Praistern den Weg zu versperren. Er erschoss einen Praister, der sich gerade durch die Pforte ins Freie retten wollte. Einen anderen enthauptete er mit einem Schwerthieb.
    »Fremder!«, hörte er Konrael in seinem Rücken

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