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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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getünchten Außenwände waren vom Ruß geschwärzt. Einem Tempel ähnlich wirkte das Gebäude fremd und bedrohlich. Nach Tomals Geschmack schien es für das Dorf viel zu mächtig und fügte sich nicht in die ansonsten beschauliche Umgebung eines Fischerdorfes.
    Tomal kniete sich auf den Boden und zerrieb Sand, Erde und Asche zwischen seinen Fingern. Er schloss die Augen.Der Lesvaraq wollte wissen, was sich in diesem Ort zugetragen hatte und was es mit dem Tempel auf sich hatte. Die Bilder liefen in seinem Kopf ab, als wäre er selbst dabei gewesen. Er sah den Angriff der Drachenchimären, die Häuser und Hütten mit ihrem feurigen Atem in Brand setzten, Frauen und Kinder stahlen. Die Entsetzensschreie der Opfer gellten durch das Dorf. Die Klan wehrten sich verzweifelt gegen das Unvermeidliche. Eine furios kämpfende Frau wurde von den Drachenchimären getötet und in Stücke gerissen. Tomal sah einen steinernen Krieger, der unbesiegbar schien. Doch selbst dieses ungewöhnliche Geschöpf konnte am Ende nichts gegen die feindliche Übermacht ausrichten und musste sich enttäuscht geschlagen geben und das Dorf verlassen, bevor Todsänger und die Truppen der Rachuren durch die Gassen wüteten. Der Gesang der Todsänger, von einem virtuosen Flötenspieler begleitet, schmerzte Tomal, obwohl die Musik nur in seinen Gedanken aus den Erinnerungen der Umgebung reflektiert wurde und eigentlich nicht wirklich war. Sie erzielte zwar keine tödliche Wirkung und doch rührte sie ihn zu Tränen.
    Tomal beobachtete einen Todsänger, der an die Pforte des Tempels klopfte und um Einlass bat. Ihm wurde ohne zu zögern geöffnet. Als der Lesvaraq schließlich erkannte, dass sich Praister hinter den Mauern des Tempels verbargen und sie den Todsänger offensichtlich schon ungeduldig erwartet hatten, wurde er zornig. Die Praister hatten überlebt. Tomal riss die Augen auf, in denen das dunkle Feuer gefährlich flackerte, und erhob sich mit einem Ruck.
    Seit einigen Tagen hatte der Lesvaraq bemerkt, dass sich etwas in ihm verändert hatte. Sein Zyklus des Lichts war plötzlich unterbrochen worden.
    »Braver Sapius«, war es ihm durch den Kopf gegangen, »ich hätte nicht gedacht, dass es dir gelingt, Tallia zu töten. Jedenfalls nicht so schnell. Du tust, was ich dir sage. So ist es gut.«
    Aber das Licht in seinem Inneren war nicht erloschen. Noch nicht. Es kämpfte wie ein in die Ecke getriebenes, verletztes Tier ums Überleben und meldete sich mächtig und mit Nachdruck. Tomal blieb nicht allzu viel Zeit. Das spürte er mit jedem Tag mehr. Das Licht war auf der Suche nach einem Magier, einem Nachfolger für Tallia. Der Lesvaraq musste handeln, bevor der Zyklus erneut geschlossen wurde.
    Tomal nahm das Galwaas von seinem Rücken und lud einige Geschosse in die dafür vorgesehene Vorrichtung. Die Mächte des Gleichgewichts kämpften in seinem Inneren, stachelten sich gegenseitig auf. In Tomal brodelte es gewaltig. Der Wahnsinn und die aufgestaute Wut durften nicht länger zurückgehalten werden. Mit großen Schritten eilte er zur verschlossenen Pforte und hämmerte mehrmals mit der Faust dagegen.
    »Öffnet das Tor!«, schrie der Lesvaraq wutentbrannt.
    Niemand antwortete ihm.
    Noch einmal schlug der Lesvaraq mit Gewalt gegen die Pforte, bis die Flügel der Türen aus den Angeln zu brechen drohten.
    »Wer seid Ihr? Was wollt Ihr?«, hörte er eine zaghafte Stimme aus dem Inneren antworten.
    »Öffnet oder ich trete das Tor ein!«, gab Tomal zurück, ohne seine Identität zu verraten.
    »Geht weg«, sagte die zitternde Stimme aus dem Inneren des Tempels, »dies ist heiliger Boden. Ihr erzürnt die Kojos mit Eurem Geschrei.«
    »Haltet mich nicht zum Narren, Praister!«, rief Tomal. »Heiliger Boden? Dass ich nicht lache, dieser Ort ist verdammt, und die Praister sind nichts weiter als ein feiges Mörderpack. Seid Ihr blind? Seht Euch doch um. Direkt vor Eurem Tempel tobte das Grauen. Ihr habt Euch nicht einmal die Mühe gemacht, die Fischer zu bestatten und zu den Schatten zugeleiten, nachdem sie in den Flammen qualvoll zu Tode gekommen waren und von den Bestien in Stücke gerissen wurden.«
    »Das war der Wille der Kojos und dieser ist zuweilen unergründlich, Herr«, sagte der Praister. »Verschwindet. Die Kojos dulden keine Störung ihres Heiligtums.«
    Die Auseinandersetzung auf diese Weise fortzusetzen, hatte für den Lesvaraq keinen Sinn. Der Praister würde das Tor nicht freiwillig öffnen. Er hätte Magie einsetzen und den Mann

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