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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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eine Vielfalt unbekannter Tierarten tummelte. Abseits des Kontinents Ell mussten sie sich eigenständig entwickelt und im Laufe der Zeit perfekt an ihre Umgebung angepasst haben. Sie waren in Größe und Aussehen einzigartig auf Kryson. Mit jedem Schritt durch den Dschungel gab es Neues und Großartiges zu entdecken. Tomal beobachtete farbenprächtige, handtellergroße Schmetterlinge in ihrem anmutigen Spiel mit den Flügeln auf der Suche nach Nektar. In den Bäumen wuchsen die schönsten und prächtigsten Blumen, die der Lesvaraq je gesehen hatte. Dort wurden die meisten Insekten auf Nahrungssuche fündig, so auch die Schmetterlinge.
    Neben all der Faszination und Schönheit des Dschungels, in der sich der Lesvaraq leicht hätte verlieren können, verbargen sich aber auch todbringende Gefahren, die er sich bei jedem Schritt ins Bewusstsein rufen musste. Das traf insbesondere auf Schlangen, fleischfressende Pflanzen und auffällige Insekten zu. Zurückhaltend war Tomal bei denjenigen Tieren und Pflanzen, die ihn mit einem intensiven Farbspiel oder verlockenden Düften beeindrucken wollten. Die meisten unter ihnen – auch wenn er diese nicht näher kannte – deuteten ihmschon auf den ersten Blick an »Vorsicht, ich bin giftig«. So gut es ging, versuchte er Berührungen mit den einzigartigen Tieren Kartaks zu vermeiden und wich ihnen lieber in größerem Bogen aus.
    Als wäre sein Wunsch erhört worden, fiel es Tomal plötzlich deutlich leichter, sich den weiteren Weg durch den Dschungel zu bahnen. Vielleicht täuschte er sich auch und hatte durch die kurze Rast lediglich neue Kräfte geschöpft. Aber der uralte Pfad war bestimmt kein Irrtum. In regelmäßigen Abständen fand er Hinweise und Zeichen. Teils offenbarten sich bei genauem Hinsehen geheime Markierungen an Bäumen, die tief in die Baumrinde eingekerbt deutlich sichtbar wurden. Teils fand er am Rand des Pfades von Händen angebrachte, hölzerne, mit Einkerbungen versehene Pfosten und Stäbe, die aber bereits deutliche Anzeichen von Verwitterung aufwiesen oder sogar umgestürzt waren. Tomal nahm an, dass es auf Kartak häufig und ausgiebig regnete. Die dämpfige Feuchtigkeit setzte abgestorbenen Hölzern schnell und nachhaltig zu.
    An manchen Stellen waren die Markierungen im Lauf der Zeit von Moosen und Schlingpflanzen überwuchert worden, sodass er diese erst entfernen musste, um eine Bestätigung für seine Vermutung zu erhalten. Aber je weiter er den Pfad vorankam, desto sicherer wurde er, dass er den richtigen Weg zur Stadt des verlorenen Volkes eingeschlagen hatte. In einem dunklen Abschnitt des Dschungels, in dem die dichten Blätterkronen kein Licht mehr durchließen, waren leuchtende Kristalle entlang des Pfades in die Rinde der Bäume eingearbeitet worden. Bald hatte Tomal den flachen Teil hinter sich gelassen. Der Pfad führte stetig bergauf und über unzählige Wurzeln, die er beinahe wie eine Treppe für den Anstieg benutzen konnte. Neugierige Affen begleiteten den Lesvaraq entlang des Weges mit kreischendem Gezeter.
    Tomal hatte jedes Gefühl für die Zeit verloren, als er den Kraterrand endlich erreicht hatte. Er trat aus dem Schatten des Urwalds in das Licht der gerade untergehenden Sonnen von Kryson. Die letzten Fuß musste er kletternd überwinden. Der Anblick vom höchsten Ort Kartaks raubte ihm den Atem. Von hier oben konnte er die gesamte Insel sehen. Die feinsandigen Strände, die, wie er vermutet hatte, Kartak rundherum umschlossen. Vor der Insel die Korallenriffe, die sich teils rötlich und heller vom dahinterliegenden tiefen Wasser des Ostmeeres abhoben. Unmittelbar hinter ihm befand sich der üppig bewaldete Dschungel mit seinen hohen und dichten Baumkronen.
    Vor seinen Augen breitete sich ein tiefer Kratersee aus, dessen Wasser klar und tiefblau erschien. Etwa in der Mitte des Sees entdeckte er eine schmale Stelle, an der ihm das Wasser heller vorkam, als leuchte es aus der Tiefe herauf.
    »Das ist der Eingang zur Stadt der Nno-bei-Maya«, schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf, »das muss er sein!«
    Tomal konnte nicht abschätzen, wie tief der See an dieser Stelle wohl sein mochte. Mit Sicherheit jedoch tief genug für ihn, um in Schwierigkeiten zu geraten. Ohne zusätzliche Gewichte würde es ihm nicht gelingen, schnell genug abzutauchen. Der Lesvaraq war kein allzu geübter Schwimmer. Seine Fähigkeiten als Taucher jedoch schätzte er noch geringer ein. Wie lange würde ihm die Luft reichen, bevor er jämmerlich ertrinken

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