Kryson 04 - Das verlorene Volk
Auseinanderbauen der Teile nicht gemerkt hatte. Nach einigen Fehlversuchen gelang es ihm schließlich doch, das Galwaas wieder richtig zusammenzubauen. Tomal war von der verheerenden Wirkung der Waffe angetan, aber auch besorgt.
»Jafdabh ist ein kluger Kopf, aber auch gefährlich in seinem Forschungsdrang. Er hat abseits jeder Magie eine Waffe geschaffen, die Kryson eines Tages in Brand setzen kann«, ging es ihm durch den Kopf, »das Töten ist einfach geworden. Beinahe zu leicht. Du musst kein Krieger sein, um mit dem Galwaas umgehen zu können. Ein kurzer Zug an einem kleinen, unscheinbaren Hebel und schon liegt der vermeintliche Feind sterbend in seinem Blute vor deinen Füßen.«
Je näher Tomal der Insel Kartak kam, desto klarer wurde das Wasser unter ihm. Er hatte ein Riff passiert. Das Wasser ging in eine kristallklares Türkisblau über. Tomal konnte bis auf den Grund des Meeres sehen. Bunte, in allen Farben des Regenbogens schimmernde Fischschwärme tummelten sich unter dem Boot. Die Moldawars waren im tiefen Wasser zurückgeblieben. Sie wagten sich nicht ins Seichte, hinter die Korallenriffe in der Nähe der Inselstrände, die Tomal bereits erspäht hatte. Der Wind trug das Boot in eine kleine beschauliche Bucht, bis zu einem feinkörnigen, weißen Sandstrand, und hörte – sobald Tomal gelandet war – so schnell auf zu wehen, wie er auf Ell gekommen war. Tomal verspürte ein leichtes Kribbeln durch seinen Körper und über die Haut strömen, als er den Fuß auf den Sandstrand setzte. Ein Gefühl, als flitzten tausend fein behaarte Spinnenbeine von Kopf bis Fuß über seinen Körper.
Der Lesvaraq zog das Boot aus dem Wasser an Land und band es mit einem Tau an einen in der Nähe liegenden umgestürzten Palmenstamm, den er für geeignet hielt, das Boot gegen Wind und Wellen zu halten.
Der Strand fiel zum Meer hin leicht ab und war bis zu den dahinter wachsenden hohen Palmen gut fünfhundert Fuß breit. Die Luft fühlte sich warm und feucht an. Tomal vermutete, dass sich der Strand um die gesamte Insel zog. Hinter den zwar zahlreichen, aber nicht allzu dicht beieinanderstehenden Palmen begann unmittelbar der Urwald. Nie zuvor hatte Tomal einen solchen Dschungel erblickt, der das Licht der Sonnen unter seinen dicken und großblättrigen Pflanzen zu verschlucken schien.
Vom Strand aus konnte der Lesvaraq hoch wachsende Bäume mit einem dichten Blätterdach, Schlingpflanzen, Moose und riesige Farne erkennen. Die Geräuschkulisse war atemberaubend, sie übertönte das stete und sanfte Rauschen der Meeresbrandung hinter ihm. Tomal konnte die vielenverschiedenen Stimmen, die ihm aus dem Urwald entgegenschlugen, nur grob einordnen. Einige der Tierlaute schienen ihm vertraut, andere wiederum hatte er nie zuvor gehört. Insekten zirpten, schwirrten laut brummend umher. Vögel sangen, zwitscherten und schrien. Affen turnten kreischend in den Baumwipfeln und dazwischen mischte sich hin und wieder das Gebrüll einer Raubkatze oder eines anderen, ihm unbekannten Tieres.
Tomal spürte, dass es keinen Zweck hatte, die Insel einmal am Strand entlang zu umrunden, um nach einem Eingang zur Stadt des verlorenen Volkes zu suchen. Er würde sicher nichts anderes vorfinden als an seinem Standort, der so gut und traumhaft schön war wie jede andere Stelle auf Kartak. Er würde sich mitten durch den Dschungel schlagen müssen, den er vom Strand aus als undurchdringlich erachtete. Der Urwald zog sich über steile Hänge bis weit in die Höhe unterhalb des Kraterrandes des Inselvulkans. Mehr als ein tiefes, sattes Grün war vom Strand aus allerdings nicht zu erkennen. Bevor er sich jedoch auf den Weg in den Dschungel machte, wollte er sich eine Rast gönnen und die wunderschöne Gegend für eine Weile genießen. Er zog seine Kleidung aus, gönnte sich ein Bad im angenehm warmen Meerwasser und wusch sich das getrocknete Blut der Praister von Haut, Schwert und Kleidung. Nachdem er die Sachen zum Trocknen ausgelegt hatte, ruhte er sich am Strand für eine Weile aus. Ihm war bewusst, er würde all seine Kräfte für den Weg zum Krater brauchen. Seine anfängliche Überlegung, zum Krater mittels der Magie der Steine zu springen, hatte der Lesvaraq als zu gewagt verworfen. Tomal war nicht geübt genug in dieser Disziplin. Ein Sprung über diese Entfernung schien ihm viel zu weit, um ihn sicher meistern zu können. Lange hatte er sich überlegt, welche Fähigkeiten und Kenntnisse er noch einsetzen könnte, um sich den
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