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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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Kunstpause, mit der er sicher auf meinen früher nicht unerheblichen Alkoholkonsum anspielen wollte, aber ich tat, als bemerkte ich nichts.
    »…   aber auch nach einem Schlaganfall, nach unfallbedingtem Schädel-Hirn-Trauma   …«
    »Unfall?«, fragte ich. »Wie schlimm ist so ein Koma nach einem Unfall?«
    »Das kommt auf die ursächliche Störung, also die Erkrankung an.«
    »Nun lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen«, maulte ich.
    »Denkst du an einen konkreten Fall?«, fragte er.
    »Yep.«
    »Wird der Patient künstlich beatmet? Dann ist es ziemlich schlimm. Vielleicht ist es aber gar kein Koma, sondern eine kurzfristige Ohnmacht, ein Kreislaufkollaps, was weiß ich. Das müsste man schon genauer untersuchen.«
    Na toll. Das half mir auch nicht weiter.
    Martin wunderte sich, warum ich mich plötzlich für komatöse Zustände interessierte. Er fragte mich aber nicht, weil er vermutlich wegen meines Tonfalls schmollte.
    »Genau«, bestätigte er.
    Ich erzählte ihm, dass es einen Unfall mit Fahrerflucht und vier Komakids gegeben habe. Von der Entführung erzählte ich ihm lieber nichts. Bei dem Wort Kinder ging gleich sein Betroffenheitslämpchen an, denn auch wenn Rechtsmediziner eine Art Hornhaut auf dem Mitleidssensor gebildet haben, gilt das natürlich nicht, wenn es um Kinder ging.
    »Eine tragische Sache«, murmelte Martin, während er den Teefilter aus seiner Kanne nahm. Bevor ich dazu kam, zu berichten, dass die Seelchen nicht tragisch im Tran dösten, sondern putzmunter an meinen Nerven zerrten, tauchte Birgit in der Küchentür auf und fragte: »Was ist an so einem wunderschönen Morgen schon tragisch?«
    Sie war frisch geduscht und gefönt, ihre langen blonden Haare glänzten wie fließendes Gold, sie trug einen dunklen Hosenanzug und strahlte über das ganze Gesicht. Das war aber auch das einzig strahlende an diesem dunklen, regnerischen Morgen im November.
    Martin biss sich auf die Lippen. Birgit wusste zwar, dass er, ähnlich wie ein Medium, gelegentlich Stimmen aus dem Jenseits hörte (deshalb auch das Elektrosmognetz über demBett), aber von mir und meiner ständigen Anwesenheit in Martins Leben wusste sie nichts.
    Ich ließ die beiden allein, denn schon allein der Anblick dämlichster Glückseligkeit auf Martins Gesicht machte mich wahnsinnig. Womit hatte dieser Oberproblemiker im Frotteeschlafanzug diese tolle Frau verdient? Warum erzählte er ihr nicht endlich von mir? Dann würde sie »Hallo, Pascha, alles klar?«, sagen, wenn sie von der Arbeit in der Bank nach Hause kam, und ich hätte mal wieder den Eindruck, wirklich dazuzugehören.
    Statt also hier Martins ungastliche Stimmung aushalten zu müssen, konnte ich genauso gut in der Uniklinik nachsehen, ob die lieben Kleinen inzwischen wieder ordnungsgemäß tickten. Ich machte mich auf den Weg.
     
    Ich wäre besser bei Birgit geblieben. Sie ist immer fröhlich, immer ein erquicklicher Anblick und sie riecht gut. In der Uniklinik hingegen war die Stimmung unterirdisch mies, und es stank nach einer Mischung aus Desinfektionsmitteln, zerkochtem Gemüse und menschlichen Stinkdrüsen. Diese Geruchsbelästigung lag wie eine Dunstglocke über dem gesamten Komplex, also auch auf der Intensivstation.
    An jedem der vier Betten mit den immer noch reglosen Bonsais saßen Erwachsene in unterschiedlichen Stadien emotionaler Auflösung. Die Zwergenseelen hingen jeweils heulend bei den Erwachsenen herum und waren verwirrt, verängstigt und frustriert, weil diese sie nicht bemerkten. Es war höllisch laut, jeder Geist brodelte nur so vor Rotz und Tränen, und alle vier sahen aus, als würden sie jeden Moment explodieren vor Anstrengung, die Großen auf sich aufmerksam zu machen und vor Wut, dass es ihnen nicht gelang.
    »Ruhe«, brüllte ich mal wieder. Wenn das so weitergehen sollte, würde ich das Wort vermutlich noch oft gebrauchen.
    Langsam ebbte das Schluchzen in dem Raum, in dem Edi und Jo lagen, ab.
    »Kommt mit«, forderte ich die beiden auf. Sie rangen sichtlich mit sich. Wollten ihren Eltern nicht von der Seite weichen und wirkten insgesamt erschöpft und unentschlossen.
    »Wir schalten uns nach nebenan, sammeln Bülent und Niclas ein und halten eine Lagebesprechung ab.«
    Zögernd folgten sie mir in schlingernden Flugbahnen.
    »Bülent, Niclas, mitkommen. Lagebesprechung.«
    Wir zischten knapp unter der Decke des Klinikflurs in Richtung Kinderstation, wo das freundlichere Ambiente hoffentlich eine beruhigende Wirkung auf die Kurzen

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