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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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haben würde. Ich hatte richtig geraten. Sie entspannten sich spürbar, als wir in dem Spielzimmer eintrafen, in dem es bunte Bälle, Kuscheltiere, Bauklötze und Maltafeln gab. So früh am Morgen hielten sich keine anderen Kinder hier auf, was mir ganz recht war. Ich musste dringend ein ernstes Wörtchen mit meinen neuen Freunden reden.
    »Äh   –« Mist. Wie sollte ich sie überhaupt anreden. Hallo, Kinder? Wie beim Kaperletheater? Ging ja wohl gar nicht.
    »Hauptsache nicht Rotznasen«, ertönte plötzlich Edis Stimme.
    Verdammt, die Zahnspange war wirklich auf Zack.
    Dazu muss man wissen, dass es gar nicht so einfach ist, auf Geisterebene zu kommunizieren. Muss man sich erst mal dran gewöhnen. Sie hatte den Bogen offenbar schon so gut raus, dass sie sogar meine Gedanken hören konnte.
    »Also, Leute, warum hängt ihr noch bei mir rum, statt wieder in euren Körpern zu sein?«
    »Ich habe versucht, reinzukommen, aber es ging nicht«, berichtete Edi ganz sachlich. Nur zwischendurch schniefte sie kurz. »Ich habe auch versucht, mit meiner Mami zu reden, aber«, schnief, schnief, »das ging auch nicht.«
    Die anderen nickten.
    »Was sagen die Ärzte?«, fragte ich.
    »Künstliches Koma«, murmelte Jo. »Sie sagen, es ist gar nicht schlimm.«
    »Das sagen sie immer«, entgegnete Edi. Altklug war das Mädel also auch noch. »Aber es stimmt nicht«, fügte sie flüsternd hinzu. Dabei tauchte das Gesicht eines Mannes in ihrem Gedächtnis auf, der sich mit weit geöffneten Armen und breit lachend zu ihr herunterbeugte. Sie fing an zu heulen.
    Heiliges Ölkännchen, was für eine megaunterirdische Kacke! Wenn die Kleine nicht bald aufhörte, würde ich noch mitheulen. Die Jungs jedenfalls fielen gerade ein. Ich musste das Thema wechseln.
    »Jetzt erzählt ihr mir noch mal ganz genau, wie der Unfall passiert ist. In allen Details«, forderte ich sie auf. Meine Stimme war vielleicht nicht ganz so fest, wie sie hätte sein sollen, aber das fiel den Flennzwergen sicher nicht auf.
    »Wir waren im Museum. Lauter ausgestopfte Tiere. Würg«, begann Jo.
    Ich musste grinsen. Ich fand ausgestopfte Tiere auch zum Würgen. Gebraten waren sie mir lieber. »Nur ihr vier?«
    »Nö, die ganze Klasse.«
    »Weiter.«
    »Auf dem Rückweg ist der Bus kaputtgegangen. Wir haben über eine Stunde auf der Straße gestanden, bis der neue Bus kam. Da war es schon ganz spät, darum hat unsere Lehrerin in der Schule angerufen und gesagt, dass sie uns von der Schule dann nach Hause bringt. Wir wohnen nämlich nah zusammen.«
    »Die Jungs haben hinten geschlafen«, übernahm Edi.
    Die drei protestierten.
    »Jawohl! Und ich durfte vorne sitzen, und da habe ich gesehen, dass plötzlich ein großes Auto von der Seite gekommenund ganz direkt vor uns gefahren ist, und sie musste ganz doll bremsen und lenken, und dann ist das Auto gegen die Brücke gekracht.«
    Gut, so weit konnte ich mir das alles vorstellen. Die Lehrerin war müde, hat nicht aufgepasst, ein Auto hat sie überholt und dann hat sie auf der unbeleuchteten Schlaglochpiste die Kontrolle verloren. Kennt man ja, gerade bei Weibern, die nicht so viel Übung haben.
    »Und dann kam der Mann aus dem großen Auto und hat sie mitgenommen. Er hat sie in das Auto gestoßen und ist weggefahren.«
    Willkommen im Märchenland. »Du warst doch bestimmt von dem Unfall bewusstlos.«
    »Nein, gar nicht«, protestierte Edi. Hätte sie in körperlicher Gestalt vor mir gestanden, hätte sie jetzt bestimmt die Hände in die Hüften gestützt und mit dem Fuß aufgestampft. So glotzte sie einfach nur grimmig.
    »Die spinnt dauernd«, sagte Bülent.
    Aha, das Kümmelchen sprach nicht viel, aber wenn, dann wie ein Mann.
    »Warst du da noch in deinem Körper, als du gesehen hast, wie der Mann Frau Akopadzo mitgenommen hat?«
    Niclas kicherte.
    »A-ki-ro-glu«, sagte Jo.
    »Ja«, sagte Edi.
    »Und dann?«, fragte ich.
    Jetzt ließ sie die Schultern und den Kopf hängen. »Dann weiß ich nichts mehr.«
     
    Ich erlaubte ihnen, noch im Kinderzimmer zu bleiben, und düste zurück zur Station, um ein paar medizinische Details zu erfahren. Ich konnte mir die Sache mit dem Koma nicht erklären. Immerhin hatte Martin damals auch im Koma gelegen, nachdem er durch meine Schuld   – äh, ist ja auchegal. Jedenfalls war seine Seele während des Komas im Körper geblieben. Oder vielleicht hatte sie in der Blumenvase auf seinem Nachttisch schwimmen gelernt, jedenfalls war sie mir nicht auf den Sack gegangen. Was war also mit

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