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Kühlfach vier

Titel: Kühlfach vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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nicht dabei. Uns blieb also eine winzig kleine Zeitspanne, in der wir die beiden Schläger
     davon überzeugen mussten, dass sie sich besser nicht weiter mit dem kleinen, pummeligen Mann in dem unförmigen Mäntelchen
     anlegen sollten. Ich produzierte so schnell ich konnte alle Informationen über Mehmet und seine illegale Spielhalle und beschwor
     Martin, sie jetzt einfach nachzuquatschen, wenn ihm sein Leben lieb war. Und er gehorchte blitzschnell.
    »Mehmet sollte sich lieber etwas bedeckt halten«, quakte es brav aus seinem Mund. »Die regelmäßigen Besucher seines Hinterzimmers
     würden es sicher nicht zu schätzen wissen, wenn morgen früh um fünf die Polizei ihren Schönheitsschlaf gewaltsam stört und
     sie über gewisse Herrenabende auszufragen beginnt.«
    Kong war der Cleverere von beiden. Er zuckte sichtlich zusammen. Dass dieses Männlein, das da vor ihm stand, überhaupt von
     dem Hinterzimmer wusste, war schon ein Schock. Aber jetzt drehten wir richtig auf.
    »Die Pokerrunde vom letzten Donnerstag war schon aufgrund des Glücksspiels um Geld illegal«, fabulierte |93| Martin weiter nach Ansage. »Abgesehen davon, dass ein per Haftbefehl gesuchter Krimineller dabei war, der nebenbei versuchte,
     illegale Kuppelei zu betreiben.«
    Kong trat einen Schritt zurück, King hatte immer noch die Hand an der Fahrertür. Er rührte sich nicht.
    »Wer bist du?«, fragte Kong.
    Martin konnte den Impuls, diese Frage schön ordentlich zu beantworten, wie seine Mami es ihm beigebracht hatte, gerade noch
     rechtzeitig unterdrücken. Stattdessen redete er weiter nach Ansage.
    »Besonders delikat ist die Tatsache, dass Mehmet das Hinterzimmer ohne Wissen des Spielhallenbesitzers betreibt und ihn damit
     in eine verdammt beschissene Lage bringt.« Das Wort »beschissene« ging Martin zwar schwer über die Lippen, aber er gab sich
     Mühe.
    »Bist du ein Bulle?«, versuchte Kong erneut seine Bekanntschaft mit dem Pummelchen auf eine etwas intimere Basis zu stellen.
    »Halt’s Maul«, sagte ich und Martin sprach es tatsächlich nach! Und dieses Mal ohne zu zögern und erstaunlich heftig. Ganz
     alleine sagte er gleich nochmal: »Halt’s Maul.« Dann wandte er sich an King. »Nimm deine Hand da weg, tritt drei Schritte
     zurück und lass mich fahren, bevor ich mein Wissen an anderer Stelle auspacke.«
    Ich war beeindruckt. Er hatte ja eine lange Zündschnur, aber wenn ihm etwas so richtig auf den Sack ging, konnte selbst das
     liebe Gänschen Martin zu einem reißenden Raubvogel werden. Na ja, fast.
    King glotzte Kong an, der nickte und die beiden zogen sich zurück. Martin schloss die Ente auf und legte einen astreinen Kavalierstart
     hin.
    |94| »Hey, gut gemacht«, rief ich begeistert. »Denen hast du’s ja richtig gezeigt.«
    »Halt’s Maul«, herrschte Martin mich an.
    Er war wohl noch im Rausch seiner neu gefundenen Kommunikationsebene.
    »Ich bin’s doch, Pascha«, erinnerte ich ihn in der Hoffnung, dass wir jetzt wieder wie zwei vernünftige Menschen miteinander
     reden würden.
    »Genau, Pascha. Halt’s Maul.«
    Irgendwie war er stinkig, und zwar auf MICH! Dabei hatte ich ihm das blöde Fenster nicht eingeschlagen. Ganz im Gegenteil.
     Ich hatte ihm die Munition geliefert, die ihn aus der Situation gerettet hatte. Und anstatt sich zu bedanken, pöbelte er mich
     an. Wiederholt! Ich war beleidigt und sagte nichts mehr.
    Er fuhr zum Institut, schloss die Tür auf, sagte »Gute Nacht« und verschwand. Ich verzog mich zu meinem Kühlfach und schmollte.

|95| VIER
    Ich hatte fast die ganze Nacht einfach verdöst und kam erst wieder richtig zu mir, als die ersten Kühlfächer aufgezogen wurden.
     Es gab zwei Neuzugänge, eine Leiche wurde aus dem Kühlfach oben links genommen und zur Obduktion gebracht. Außerdem kam eine
     frische Leiche rein, die direkt in den Sektionssaal durchgeschoben wurde. Mich interessierte das heute alles nicht so besonders,
     ich war immer noch verstimmt. Für mich war Mehmet als Mörder nicht aus dem Rennen. Nicht nach der Begegnung mit seinen beiden
     Billardaffen. Mehmet selbst konnte mich nicht von der Brücke gestoßen haben, ich hätte ihn, wie gesagt, auf zweihundert Meter
     gegen den Wind gerochen mit seiner ebenso vielfältigen wie ekelerregenden Duftwolke. Aber er hätte ja seine bissigen Gorillas
     auf mich hetzen können. Mir war zwar nicht ganz klar, was er sich davon erhoffte, denn ein toter Schuldner kann keine Schulden
     zurückzahlen, aber wer weiß schon so genau, was

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