Küss mich, bis der Sommer geht (Bianca) (German Edition)
gesehen hatte, machte sie etwas nervös. Bisher hatte sie sich nur bei der Vermittlungsagentur persönlich vorgestellt, aber das letzte Wort sprach natürlich Mr Evans.
Emily konnte sich nicht daran erinnern, wann sie ihr letztes richtiges Vorstellungsgespräch geführt hatte. Im vergangenen Jahr hatte sie zwar einige Bewerbungen losgeschickt, aber auf keine eine Reaktion erhalten. Kein Wunder! Wer wollte schon eine medizinisch-technische Assistentin einstellen, die seit fünf Jahren nicht mehr in ihrem Beruf gearbeitet hatte?
Auch auf das zweite Klopfen kam keine Antwort. Emily zwang sich dazu, ruhig zu bleiben.
„Kann ich Ihnen helfen?“ Eine Männerstimme. Sie kam von rechts, aus der Werkstatt.
Emily zog sich der Magen zusammen, als der dazugehörige Mann mit großen Schritten auf sie zukam und sich dabei die schmutzigen Hände an einem alten Lappen abwischte. Dann war das also Mr Evans? Er wirkte ja jünger als sie selbst! Obwohl das schwer zu sagen war, weil der Schirm einer Baseballkappe seine Augen verdeckte. Ihr Blick fiel auf staubige Westernboots, eine ausgeblichene Jeans und ein ölverschmiertes T-Shirt, das sich über einer muskulösen Brust spannte. Alles an ihm sah nach harter, ehrlicher Arbeit aus. Und so etwas hatte sie in letzter Zeit sehr zu schätzen gelernt. Auf gutes Aussehen gab sie nicht mehr viel.
„Ich … mein Name ist Emily Northcott“, begann sie. „Die Agentur hat mich hergeschickt.“ Schrecklich, wie unsicher ich gerade klinge, dachte sie und fügte laut hinzu: „Sie haben eine Haushaltshilfe gesucht.“
Er blieb stehen. Emily ging die Stufen wieder hinunter und reichte ihm die Hand.
Der Mann hob seine ölverschmierten Finger. „Und ich bin Luke Evans, aber geben Sie mir lieber nicht die Hand. Sonst machen Sie sich noch schmutzig.“
Emily spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Die ganze Situation war ihr unangenehm – erstens, weil sie hätte wissen müssen, dass er schmutzige Hände hatte, und zweitens, weil sein Tonfall nicht gerade herzlich war. Also ließ sie den Arm wieder sinken und bemühte sich zu lächeln. „Oh, ach so. Ich hoffe, wir kommen nicht gerade zu einem ungünstigen Zeitpunkt.“
„Ich repariere gerade ein paar Geräte und habe Ihr Auto gehört. Ich hatte aber nicht mit Ihnen gerechnet.“
„Hat die Agentur mich denn nicht angekündigt?“
„Vielleicht hat sie’s versucht, aber ich bin nun mal nicht oft im Haus, also höre ich das Telefon oft nicht.“ Er sagte das so, als wäre es völlig selbstverständlich.
Emily runzelte die Stirn. Hatte er denn gar kein Handy, so wie die meisten Leute? Oder zumindest einen Anrufbeantworter? Oder stellte er sich mit Absicht stur?
„Ich will Ihnen keine Unannehmlichkeiten machen, Mr Evans, aber die Agentur hat mir ganz ausdrücklich gesagt, dass ich heute hier anfangen soll.“
Er steckte sich den alten Lappen in die Gesäßtasche. „Wahrscheinlich hat die Agentur meine Schwester benachrichtigt. Sie hat die Anzeige ja auch aufgegeben.“
„Ach, das waren gar nicht Sie?“
„Nein, meine Schwester Cait. Vielleicht haben sie bei ihr auf Band gesprochen. Sie ist allerdings gerade im Krankenhaus.“
„Oh, das tut mir leid. Ich hoffe, es ist nichts Schlimmes.“ Alles, was er sagte, gab Emily nur noch mehr Rätsel auf. Allerdings lud sein Tonfall nicht gerade dazu ein, weitere Fragen zu stellen.
Auf einmal lächelte er doch. Nur ein bisschen zwar, und dazu noch ziemlich angestrengt … aber immerhin. Sofort war sein Gesicht wie verwandelt. Die eisblauen Augen wirkten auf einmal viel wärmer, und links und rechts von seinem Mund bildeten sich zwei sehr charmante Lachfalten. „Nein, wirklich schlimm ist es nicht“, erklärte er. „Sie bekommt gerade ein Baby.“
Sein Lächeln wirkte irgendwie ansteckend, und Emily lächelte zurück. Aber dann wurde sie doch wieder nervös. Mit so einem jungen Arbeitgeber hatte sie nicht gerechnet … und einigermaßen attraktiv war er noch dazu! Eigentlich komisch, dass ihr so etwas überhaupt auffiel, wo sie doch gerade eine ziemlich unschöne Trennung hinter sich hatte und fest entschlossen war, Liebschaften jeglicher Art erst mal aus dem Weg zu gehen.
Im Grunde sah dieser Luke Evans nicht einmal besonders gut aus, zumindest nicht im klassischen Sinne. Aber irgendetwas an ihm sprach sie an. Außerdem kam es ihr so vor, als könnte er ihr mit einem Blick direkt in die Seele sehen. Für einen Mann hat er wirklich umwerfend schöne Augen, dachte sie.
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