Kuess mich doch - Roman
den gesamten Raum überblicken konnte. Nachdem Lexies Vater die Drinks gemixt hatte, gesellte er sich zu ihnen und ließ sich neben seiner Frau auf dem Zweiersofa nieder, das gegenüber der Couch stand.
Das Ticken der alten Wanduhr, deren Gongschläge Lexie in ihrer Kindheit oft geweckt hatten, durchdrang die Stille im Raum. Lexie wippte mit dem Fuß, bis Coop ihr eine Hand aufs Knie legte, um ihrem nervösen Gezappel Einhalt zu gebieten.
»Wo sind denn Margaret und Stan?«, erkundigte sich Lexie.
»Deine Schwester hatte eine dringende Verabredung mit dem Gouverneur«, antwortete Caroline voller Stolz.
Lexies Vater nickte strahlend. »Er hat immer ein offenes Ohr für sie.«
»Na, ich hoffe mal, dass er nicht noch mehr für sie in petto hat. Viele erfolgreiche Frauen sind ja bekannt dafür, dass sie sich nach oben geschlafen haben«, bemerkte Charlotte und kippte den letzten Schluck Wein hinunter. Dann hielt sie ihrer Schwiegertochter das leere Glas hin. »Ich nehme noch ein Gläschen.«
»Du hast genug gehabt«, winkten Caroline und Grant wie aus einem Mund ab.
» Spielverderber.«
Grant ließ sie einfach links liegen. »Also, Coop«, sagte er, »erzählen Sie uns doch ein bisschen von sich.«
Coop lehnte sich nach vorne. »Ich bin Kriminalreporter bei der Daily Post .«
»Ich bin beeindruckt«, sagte Grant anerkennend.
Lexie beneidete ihn darum, dass er sich einfach immer in seiner Haut wohlzufühlen schien, sogar jetzt, bei der ersten Begegnung mit ihren Eltern, die ihn mit einer Mischung aus Neugier und Erstaunen betrachteten. Es fiel ihr nicht weiter schwer, den Gesichtsausdruck der beiden zu deuten: Was findet ein so toller Mann an unserer unsteten Tochter?
»Lexie hat mir erzählt, dass Sie dem Vorstand der Metro Bank angehören«, bemerkte Coop.
Sieh mal einer an , dachte Lexie beeindruckt. Coop hatte wohl seine Hausaufgaben gemacht, denn sie hatte nie dezidiert erwähnt, wo ihr Vater arbeitete. Er hatte sich auf das Treffen mit ihren Eltern offenbar gründlich vorbereitet. Sie schob sich die Hände unter
die Oberschenkel, damit sie nicht in Versuchung kam, ihm zu applaudieren.
Die beiden Männer unterhielten sich kurz über Wirtschaftsthemen und dergleichen, bis sich Lexies Mutter schließlich räusperte, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
»Erzählen Sie mir doch, wie Sie unsere Tochter kennengelernt haben, Coop. Waren Sie kürzlich etwa auch in Indonesien?« Das letzte Wort sprach sie ebenso entsetzt aus wie damals, als Lexie sie über ihre Reisepläne informiert hatte.
Coops Hand lag noch immer auf Lexies Bein, und jetzt drückte er kaum merklich ihr Knie. Zumindest war er bei der Erwähnung ihres letzten Reiseziels nicht zusammengezuckt.
»Nein, wir haben uns hier in New York kennengelernt. «
Bevor er zu einer näheren Erläuterung ansetzen und ausführen konnte, dass ihre erste Begegnung neben einem Müllcontainer stattgefunden hatte, beschloss Lexie, die Gelegenheit zu nutzen und herauszufinden, was ihre Eltern über die Kette ihrer Großmutter und über Charlottes fragwürdige Vergangenheit wussten.
»Ich weiß nicht, ob ihr schon davon gehört habt, aber Coop wird in der Stadt als Held gefeiert«, verkündete Lexie stolz. Sie erzählte von der Vereitelung des Raubüberfalls im Juwelierladen und von der Belohnung, die er dafür erhalten hatte.
»Ich wollte eigentlich keine Belohnung, aber die Besitzerin bestand darauf«, fügte Coop hinzu.
»Grandma und ich haben einen Bericht über den Vorfall in den Fernsehnachrichten gesehen. Bei dieser Gelegenheit fiel uns dann auf, dass Coops Ring so aussah, als würde er zu einer von Grandmas Halsketten passen. Und da bin ich auf die Idee gekommen, Coop den Ring für Grandmas bevorstehenden Geburtstag abzukaufen.« Damit erfuhr nun Lexies Großmutter zum ersten Mal von ihrem Vorhaben.
»Hach, ich … Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll!« Charlotte warf Lexie von ihrem Sessel aus eine Kusshand zu. »Du warst schon immer ein richtiger Goldschatz«, sagte sie, strahlend vor Freude.
»Um welche deiner zahlreichen Halsketten handelt es sich denn?«, wollte Lexies Vater wissen.
»Ausgerechnet um die, die ihr am meisten bedeutet, weil sie sie von Großvater bekommen hat«, fuhr Lexie fort, in der Hoffnung, ihr Vater könnte sich daran erinnern und die Geschichte durch weitere Details ergänzen.
Grant hätte sich beinahe an seinem Martini verschluckt. »Was? Bist du sicher, Lexie? Mein Vater hat höchst selten Geschenke verteilt.
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