Kuess mich doch - Roman
– und nicht nur deshalb, weil Coop dabei war und das Drama mit dem Titel »Meine dysfunktionale Familie« live miterleben würde.
Charlotte marschierte entschlossen voraus zur Tür, klingelte und trat ein, als wäre das Haus ihr Eigentum. »Hallo! Wir sind da!«
Lexie warf Coop einen amüsierten Blick zu.
Er nahm ihre Hand. Seine Berührung fühlte sich warm und fest an.
Jemand näherte sich aus der Küche, seine Schritte hallten laut auf dem Marmorboden. Dann erschien Lexies Vater im Korridor. Selbstverständlich trug er Anzug und Krawatte, und sogleich kam sich Lexie in ihrem leichten Sommerkleid völlig fehl am Platz vor. Aber das tat sie ohnehin immer. Sie war nicht ganz so angespannt wie sonst, denn überraschenderweise fand sie es beruhigend, Coop in seiner beigefarbenen Hose und dem hellblauen Hemd neben sich zu wissen.
»Da seid ihr ja, und zwar rechtzeitig!«, bemerkte Lexies Vater statt einer Begrüßung.
»Coop hat uns gefahren, und er ist ein pünktlicher Mensch«, erklärte Charlotte stolz, als hätte sie irgendetwas mit dieser Tatsache zu tun.
»Sam Cooper, das ist mein Sohn, Cary.«
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Cary.« Coop streckte ihm die Hand entgegen, während Lexie gespannt auf die Entgegnung ihres Vaters wartete.
»Ich heiße Grant.« Lexies Vater warf ihrer Großmutter einen verärgerten Blick zu, der nicht so recht zu seinen vor Verlegenheit geröteten Wangen passen wollte.
»Hör gar nicht hin, Sam«, sagte Charlotte. »Er heißt Cary Grant Davis.«
»Seit ich volljährig bin, lautet mein offizieller Name Grant«, erinnerte ihr Sohn sie.
Lexie musste sich das Lachen verkneifen. Nach diesem Muster lief das jedes Mal. Es war ebenso vorhersehbar wie amüsant.
Coop gelang es tatsächlich, ernst zu bleiben. »Es ist mir ein Vergnügen, Mr. Davis«, sagte er diplomatisch.
Lexies Vater schüttelte Coop die Hand. »Nennen Sie mich doch Grant. «
Charlotte ließ ein Schnauben hören. »Blödsinn! Dein Vater und ich haben dich ganz bewusst Cary Grant genannt, nach dem Film Über den Dächern von Nizza .« Ihre Stimme klang auf einmal ganz verträumt.
Grant Davis verdrehte die Augen.
Lexie dagegen war das Lachen vergangen.
Schließlich spielte Cary Grant in Über den Dächern von Nizza , dem Lieblingsfilm ihrer Großmutter, einen ehemaligen Meisterdieb. Mittlerweile hegte Lexie keinen Zweifel mehr daran, dass Charlotte in den Juwelendiebstahl damals involviert gewesen war. Wenn sie
auch nicht wusste, wie sie mit diesem Wissen umgehen sollte. Sie fragte sich, ob Coop die Anspielung auf den Film verstanden hatte, doch er widmete nach wie vor seine gesamte Aufmerksamkeit ihrem Vater.
»Lasst uns ins Wohnzimmer gehen«, sagte Grant gerade. Sie folgten ihm artig in einen stilvoll eingerichteten Raum mit einer Bar in der Ecke und einem Klavier, das jedoch lediglich zu Dekorationszwecken diente.
Lexies Mutter Caroline erwartete sie bereits. Sie war ebenso schick gekleidet wie ihr Mann – schwarzes Kleid, Perlenkette. »Schön, dass ihr gekommen seid!«
Lexies Vater stellte ihr Coop vor, dann gab Lexie ihrer Mutter einen Kuss auf die kühle Wange.
»Soll ich jemandem einen Drink mixen?«, erkundigte sich Grant.
Lexie hätte große Lust auf etwas Hochprozentiges gehabt, aber ganz gleich, worauf ihre Wahl auch fallen würde, es konnte bei ihren Eltern nur auf Missbilligung stoßen. Nun, sie zog es ohnehin vor, nüchtern und geistig auf Zack zu bleiben. »Für mich nichts, danke.«
Coop, der sich offenbar an Lexies Verhalten orientierte, schüttelte den Kopf. »Für mich auch nicht, danke.«
»Nur keine falsche Bescheidenheit, Coop«, sagte Lexie.
»Also, ich genehmige mir einen Martini. Ich mache Ihnen auch einen«, sagte Grant zu Coop, ohne eine Antwort abzuwarten.
»Ich habe da neulich im Internet einen interessanten Artikel gelesen … «, bemerkte Charlotte. »In dem hieß es, dass in letzter Zeit vermehrt Bankangestellte wegen Alkoholmissbrauchs in Rehabilitationszentren eingeliefert werden.« Sie bedachte ihren Sohn mit einem angriffslustigen Blick.
»Charlotte!«, stieß Caroline entsetzt hervor.
Lexies Vater lief puterrot an, enthielt sich aber jeglichen Kommentars. Coop sah Lexie mit weit aufgerissen Augen an.
Doch sie zuckte nur die Achseln.
»Setzen wir uns doch«, schlug Caroline vor. »Lexie, Mutter, kommt mit. «
Lexie und Coop nahmen nebeneinander auf der Couch Platz. Charlotte setzte sich mit ihrem Glas Wein in Grants Lieblingssessel, von dem aus sie
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