Kuess mich doch - Roman
aufdeckte. Es stand einfach zu viel auf dem Spiel. Für Sylvia, für Ricky und für sie selbst.
Was Lexie anging, so war Charlotte einigermaßen sicher, dass sie die Sache aus Rücksicht auf ihre Gesundheit auf sich beruhen lassen würde. Doch Coop, der Journalist, würde nicht so schnell die Flinte ins Korn werfen. Was bedeutete, dass ihr die beiden wohl auch weiterhin das Leben schwermachen würden.
Es sei denn, Coop kam zu dem Entschluss, aus Liebe zu Lexie Stillschweigen zu bewahren. Charlotte hegte nicht den geringsten Zweifel daran, dass er sich Hals über Kopf in ihre Enkelin verliebt hatte. Seine bekümmerte Miene vorhin im Krankenhaus war ihr nicht entgangen und hatte Bände gesprochen. Es war offensichtlich gewesen, dass seine Sorge nicht nur Charlotte gegolten hatte – was an sich schon sehr für ihn sprach –, sondern auch Lexie. Charlotte fragte sich, ob er sich seiner Liebe zu Lexie bereits bewusst war. Und was ihre Enkelin anging … Sie war ihm mit Haut und Haaren verfallen, und Coop war ein durch und durch anständiger Kerl. Allerdings hatte dieser Idiot namens Drew die Ärmste damals derart verletzt, dass Charlotte ernsthaft fürchtete, Lexie könnte den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen.
Doch im Augenblick hatte Charlotte keine Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie sie die beiden zusammenbringen konnte. Erst musste sie sich mit Sylvia um etwas anderes kümmern. Ricky, dieses hinterhältige
Schlitzohr, besaß noch etwas, das ihnen gehörte. Am Abend ihres letzten gemeinsamen Coups hatte Charlotte bereits die Kette gefunden, während Ricky in einem anderen Schrank den Ring und das Armband aufgestöbert hatte. Sie hatten vereinbart, dass sie sich draußen treffen würden, wo er dann das dazugehörige Armband an Sylvia übergeben würde. Das gehörte zu ihrem üblichen Ritual: Jeder von ihnen erhielt für seinen Einsatz ein kleines Erinnerungsstück. Allerdings hatte Charlotte Ricky an jenem Abend ein anderes Schmuckstück zur Verwahrung übergeben, das für sie vor allem von ideellem Wert war. Doch Ricky hatte sich nicht mehr blicken lassen. Er war untergetaucht und hatte beide Schmuckstücke mitgenommen.
Dieser verdammte Hurensohn hatte damals Charlottes Ehering mitgenommen, und den wollte sie endlich zurückhaben.
Kapitel 13
Als Lexie am nächsten Morgen die Augen aufschlug, stellte sie fest, dass sie die Nacht auf der Wohnzimmercouch ihrer Großmutter verbracht hatte. Dank der gekrümmten Haltung war ihr Nacken ganz steif und schmerzte, und auch ihr Kopf dröhnte nach wie vor. Sie machte sich gleich auf die Suche nach ihrer Großmutter, aber von Charlotte fehlte wieder einmal jede Spur. Lexie rief bei Sylvia an, doch auch sie schien ausgeflogen zu sein. Es sah ganz danach aus, als wäre Charlotte über Nacht auf wundersame Weise wieder genesen und nun mit ihrer Busenfreundin unterwegs.
Lexie begab sich unter die Dusche und ließ genüsslich das warme Wasser über ihre verspannten Muskeln laufen. Dann wusch sie sich die Haare, föhnte sie, zog sich an und ging in die Küche. Sie brauchte dringend einen Kaffee. Nachdem sie eine erste Tasse getrunken und sich noch eine zweite eingeschenkt hatte, fühlte sie sich allmählich wieder wie ein Mensch.
Sie schlug die Zeitung auf und überflog ein paar Seiten. Beim Bachelor Blog angekommen, stieß sie einen lauten Seufzer hervor. Offensichtlich war der
Blog jetzt auch schon über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, denn irgendjemand hatte Lexie und Coop vorige Nacht im Krankenhaus des Vororts gesichtet, in dem ihre Eltern lebten. Lexie hatte schon lange die Hoffnung aufgegeben, dass ihre Privatsphäre jemals respektiert werden würde, wenn es um ihre Beziehung mit Coop ging. Sie versuchte einfach, die Tatsache zu ignorieren, dass jeder in ihrer Umgebung sich Notizen machen könnte, um sie an den Blogger weiterzugeben. Lexie hoffte bloß, dass ihre Großmutter diesmal nicht die Finger im Spiel hatte.
Das Koffein und nicht zuletzt die Konfrontation mit der Realität kurbelten Lexies Gehirntätigkeit an. Sie rief sich die Ereignisse der vergangenen Nacht in Erinnerung, angefangen vom Verhalten ihrer Eltern bis hin zu dem Vorfall mit ihrer Großmutter. Fast hätte sie davon wieder Kopfscherzen bekommen, doch dann fiel ihr auf, dass dieser durch und durch grauenhafte Abend zumindest ein Gutes gehabt hatte, nämlich, dass Coop ihr so treu zur Seite gestanden war. Sie dachte an den beschwichtigenden Druck seiner Hand auf ihrem Oberschenkel, als ihre
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