Kuess mich - es ist Karneval
Conrado sei, daß sie sich alle so gut verstanden.
“Ja, das ist wirklich wunderbar”, stimmte Ellen zu und glitt wieder in einen Tagtraum, in dem sich alles um Roberto drehte, der für sie das Wunderbarste an diesen Treffen war. Doch plötzlich schoß ihr ein Gedanke durch den Kopf. Ihr wurde heiß und kalt. “Denkst du nicht, daß Conrado dir vielleicht einen Heiratsantrag machen könnte?” fragte sie ihre Mutter.
Vivienne zog die Augenbrauen hoch. “Ich habe ihm bereits klargemacht, daß eine festere Beziehung für mich nicht in Frage kommt, aber…”
“Aber Conrado ist ein Mann, für den Liebe und Heirat Hand in Hand gehen. Und er liebt dich!”
Vivienne lachte. “Sei doch nicht so entsetzt, mein Liebes.”
“Aber du kannst ihn nicht heiraten!” rief Ellen beschwörend.
“Vielleicht nicht.”
“Da gibt es kein Vielleicht”, beharrte Ellen.
“Vermutlich hast du recht”, gab ihre Mutter zu und seufzte tief. “Sollte mir Conrado einen Antrag machen, kann ich ihm ja sagen, daß ich nie wieder heiraten könnte, da ich mich dem Andenken deines Vaters für immer verpflichtet fühle.”
“Du denkst, das glaubt Conrado? Sei doch realistisch, Mom!”
beschwor Ellen ihre Mutter. “Conrado wird dich durchschauen und alles tun, um deinen Entschluß zu ändern. So wird sich die Situation immer mehr verschlimmern.” Ellen hatte sich so ereifert, daß sie erst einmal tief Luft holen mußte.
“Du kannst schließlich nicht erwarten, daß ich ihm die Wahrheit sage”, warf Vivienne voller Panik ein.
Ellen stöhnte auf. “Kannst du mir eine Alternative nennen?
Ich weiß, es ist schwer, aber es ist besser, er hört es von dir selbst als von jemand anderem. Und dieses Risiko besteht immer.”
Ihre Mutter war offensichtlich erschüttert und schloß die Augen. “Ich kann es ihm nicht sagen.”
“Mom, ihr beide steht euch seit über einem Jahr sehr nah, also schuldest du Conrado völlige Aufrichtigkeit. Er soll wenigstens verstehen können, warum du nicht seine Frau werden kannst.”
Es folgte ein langes, spannungsgeladenes Schweigen.
“Du hast recht”, räumte Vivienne letztlich ein, “aber du mußt es ihm an meiner Stelle sagen.”
Ellen wollte protestieren. “Mom, das ist wirklich nicht meine…”
“Er fliegt morgen nacht mit Roberto zurück nach Brasilien, also kannst du es Conrado am Vormittag sagen, nachdem ich mit ihm noch einen schönen Abend allein verbringen konnte.
Rede mit ihm, wenn ich in der Galerie arbeite. Bitte, mein Liebes!” bettelte Ellens Mutter, Tränen in den veilchenblauen Augen.
An diesem Abend fragte Vivienne Conrado, ob er am nächsten Vormittag in ihr Apartment nach Kensington kommen könne. Doch als er kam, traf er nur Ellen an. Mit gepreßter Stimme enthüllte sie ihm die Wahrheit über die Vergangenheit ihrer Mutter, worauf Conrado zu Recht erklärte, daß er die Beziehung zu Vivienne nicht länger aufrechterhalten könne, und ging.”
Allein gelassen, brach Ellen schluchzend zusammen.
Niedergeschlagen dachte sie daran, wie schön das Leben hätte sein können, da wurden ihre Gedanken durch das Klingeln an der Tür unterbrochen. Als sie auf den Knopf der
Gegensprechanlage drückte, erwartete sie eigentlich, die Stimme ihrer Mutter zu hören aber es war Robertos Stimme.
Ellens Herz schlug heftig. Ist Roberto gekommen, um mir sein Mitgefühl auszudrücken? fragte sie sich, während sie auf den Fahrstuhl wartete. Will er mir sagen, daß er mich versteht und gekommen ist, um mich zu trösten? Wird er seine Arme um mich legen und mich festhalten?
Doch nur wenige Minuten später stürmte Roberto in die Wohnung und beschuldigte sie, eine herzlose kleine Hexe zu sein, die grausam und selbstsüchtig die Beziehung zwischen seinem Vater und ihrer Mutter zerstört habe.
Ellen blickte unglücklich zur Zimmerdecke hinauf. Robertos Wutausbruch war für sie eine Tragödie gewesen. Obwohl er erst vor kurzem in ihr Leben getreten war, hatte sie ihn bereits angebetet. Zum erstenmal hatte sie so für einen Mann empfunden.
An jenem Tag war Roberto derart in Wut geraten, daß sie nicht überrascht gewesen wäre, wenn er alles kurz und klein geschlagen hätte.
Ellen seufzte. Sie war damals völlig verwirrt gewesen, vor Schreck, unfähig, auch nur ein Wort zu sagen. Noch größer allerdings war ihre Angst davor gewesen, was er über ihre Mutter sagen könnte. Doch schon nach kurzer Zeit war ihr bewußt geworden, daß Roberto den wahren Sachverhalt gar nicht
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