Kuess Mich, Highlander
weichen. Die Nachtluft schimmerte um sie herum wie von tausend winzigen Sonnen beleuchtet.
Ihre Augenbrauen wölbten sich über fremdartigen, mandelförmigen Augen in einem blassen Gesicht. Und ihre Augen - sie hatten keine den Menschen bekannte Farbe, sondern beschworen Bilder von irisierenden Schattierungen der in der Sonne glänzenden, nassen Schwänze von Meerjungfrauen herauf.
Ihre Wangenknochen waren so hoch angesetzt, dass sie ihrem Gesicht etwas Katzenhaftes verliehen, und sie hatte volle, blutrote Lippen, in deren Winkel ein immer währendes Lächeln gegossen war. Ihre Haut war goldbestäubt. Ein reinweißes Gewand um- schloss sie, ohne etwas zu verdecken, der Körper war unter dem schimmernden, mit vergoldeten Perlen und Rosen gesprenkelten Stoff deutlich sichtbar und ließ Lisa sich wie ein zwölfjähriges Mädchen fühlen.
Perfektion.
»Was wirst du dir wünschen, Mensch?« Unnahbare Augen hielten ihren Blick fest, durch einen kaum erkennbaren Hinweis auf Neugier geweitet. »Du hast diese Tür mit deinem Blut geöffnet, also wünsche dir jetzt etwas, bevor ich deiner müde werde.«
Lisa schluckte. Hier war die Chance. Sie brauchte nur zu sagen: Ich möchte nach Hause zu meiner Mutter. Aber konnte sie Circenn verlassen? Und wie konnte sie wissen, ob ihre Mutter noch lebte?
»Ja«, sagte die Königin der Elfen und strich eine Strähne Mondstrahlen hinter ihr Ohr.
»Was?«, keuchte Lisa.
»Deine Mutter lebt. Wenn du das Leben nennst.« Ihre Lippen verzogen sich widerwillig. »Ein sterblicher Fluch, der Körper. Aber sie liegt im Sterben.«
»Woher wusstet Ihr, was ich gedacht habe?«, flüsterte Lisa.
Die Königin der Elfen lachte und der Klang hüllte Lisa ein. Sie verlor sich einen Moment darin: vergaß, wer sie war, dass sie eine Mutter hatte, dass sie einen Mann liebte, dass sie ein Mensch war. Einen Augenblick lang wollte sie nichts anderes, als so nahe bei diesem Wesen bleiben, wie dieses es zuließe. Den Saum ihres Elfgewandes küssen, ihren Atem aufnehmen, barfuß auf einem grünen Hügel tanzen. Sie erkannte es als verzückten Wahnsinn, als der Zwang endete, als das Lachen schwand.
»Ich gehöre den Tuatha de Danaan an. Wir sehen alles. Was soll es also sein, Mensch? Soll ich dich nach Hause schicken, damit du mit deiner Mutter stirbst? Ist sie so wichtig? Wirst du diesen Lord verlassen, der dich liebt?«
»Ich brauche Zeit zum Nachdenken«, protestierte Lisa schwach.
»Du hast mich jetzt gerufen.«
»Ich habe nicht wirklich geglaubt, dass es funktionieren würde. Ich habe meinen Wunsch nicht vorbereitet ...«
»Wenn du Zeit zum Nachdenken brauchst, hättest du mich nicht stören sollen.« Die Miene der Königin der Elfen wurde zornig. Eine Brise kam um den Shian herum auf, fegte Blätter in die Luft. Lisa war bestürzt, wandte sich um, nahm die plötzlich belastete Nacht auf. Vom Missfallen der Königin der Elfen verwandelt.
»Wir sind Schottland«, stellte die Königin fest, als sie die Beunruhigung bemerkte. »Einst weinte das Land, als wir weinten, und der Frühling kam, als wir tanzten. Nun folgen die Jahreszeiten einander beständig und abgesehen von den Kapriolen der Narren ist diese Erde überwiegend friedlich.«
»Weil Ihr beständig losgelöst, entrückt seid«, sagte Lisa, ohne nachzudenken. »Hat Euch die Zeit das angetan?«
Die Königin der Elfen blinzelte. Nur ein Blinzeln, aber es vermittelte: Trumpfe hier nicht auf, Sterbliche, mit strafendem Blick, der einen Zorn versprach, den Lisa niemals erleben wollte.
Lisa erholte sich rasch von ihrem Patzer. »Ich meine, wird meine Mutter noch leben, wenn ich zurückkehre?«
»Eine Zeit lang.«
Lisa schloss fest die Augen. Sie hatte nicht wirklich geglaubt, dass die Königin der Elfen erscheinen und ihr einen Wunsch gewähren würde. Aber nun stand dieses Wesen hier, das sie zu ihrer Mutter zurückbringen konnte und es ihr offensichtlich auch anbot.
Welche Wahl sollte sie treffen? In Schottland bleiben und ihren Körper alt werden und verfallen sehen, während ihr Geliebter niemals alterte, oder in ihre Zeit zurückkehren und ihre Mutter sterben sehen?
Keine dieser Wahlmöglichkeiten war wirklich zufrieden stellend.
»Ihr könntet meine Mutter vermutlich nicht hierher bringen? Und sie vielleicht gesunden lassen?«, fragte Lisa hoffnungsvoll. »Oder vielleicht könntet Ihr mich unsterblich machen?«
»Du hast nur zwei Wahlmöglichkeiten, Mensch. Bleib oder geh. Ich bin nicht großzügig, noch bin ich geneigt, in großem
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