Kuess mich
entgehen lassen – sagt zumindest Matthias. <<
Sam schmunzelte. Es war typisch für Pia, das höchstmögliche an Informationen in kürzester Zeit über jemanden zu sammeln. Wahrscheinlich wusste sie schon mehr über Chris als Sam.
>> Bis später! <<
>> Ja, bist später! <<
Ein angenehmer Duft schwebte in der Küche herum. Chris stand vor dem Herd, sah dabei aber weder hausmütterlich, noch nach selbstverliebte Fernsehkoch aus.
>> Hmm…das riecht lecker. Wo hast du denn gelernt so gut zu kochen? <<
Neugierig lugte Sam auf die Pfanne aus der es so gut duftete.
>> Das ist nur ein Omelett, war nicht schwierig, aber ich koche immer selbst. <<
Sam lehnte sich an die Küchenzeile und machte ein möglichst fragendes Gesicht. Chris schmunzelte und begann zu erzählen was längst überfällig war.
>> Ich wohne alleine seit ich sechzehn bin und ich esse nicht gerne Fertiggerichte, daher kann ich ein bisschen kochen. <<
>> Seit du sechzehn bist? << , wiederholte sie etwas zu tonlos.
Kein Jugendlicher wohnte schon mit sechzehn alleine, ohne eine traurige, oder bizarre Geschichte erzählen zu können. Sam stellte sich darauf ein, die von Chris zu hören, aber er schwieg. Als er die Teller mit dem duftenden Frühstück auf den Tisch stellte, konnte sie ihre Neugier nicht mehr hinunterschlucken.
>> Du hattest keine schöne Kindheit, oder? <<
Chris schüttelte den Kopf, nicht weil er Sams Frage ver neinen wollte, sondern um seinen folgenden Satz zu untermalen.
>> Matthias kann seine Klappe einfach nicht halten << , stellte er fast schon genervt fest und machte eine einladende Geste in Richtung der Stühle. Sam setzte sich, genau wie Chris der sein Werk kritisch beäugte, während er unpassend beiläufig zu erzählen begann.
>> Meine Mutter lebt nicht mehr. Sie ist gleich nach meiner Geburt gestorben. <<
Sam lief es eiskalt den Rücken hinunter. Chris winkte sofort ab und lächelte schief.
>> Schon gut, schau mich bitte nicht so mitleidig an, ich mag das nicht. Ich habe einen ganz anderen Bezug zu meiner Mutter als du zu deiner. Ich hab sie nie kennengerlernt. <<
Sein eindringlicher Beschwichtigungsversuch hallte dumpf in Sams Gedanken wieder. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie schrecklich es sein musste, ohne Mutter aufzuwachen.
>> Kannst du bitte aufhören mich anzusehen, als ob du mir gleich über den Kopf tätscheln würdest? Ich bin kein, von seinem Herrchen ausgesetzter, Dackel. <<
Chris kostete sein Essen. Er lies Sam zuerst den mitleidigen Blick ablegen, weil es sonst keinen Sinn gemacht hätte überhaupt weiterzuerzählen.
>> Man vermisst etwas das man nicht kennt nicht so wie gewohnte, geliebte Dinge << , analysierte er und klang dabei so emotionslos, als würde er einen Satz aus einem Psychologielehrbuch zitieren.
Sein Argument klang logisch und doch unrealistisch akademisch.
>> Es tut mir trotzdem leid für dich… << , gestand Sam und versuchte ihr Mitleid etwas zu drosseln.
Dass Chris das ganze Beileid zu wider war, war mehr als offensichtlich. Er wirkte kühl, distanziert, so als ob er das Thema bereits leid wäre, oder es absolut nicht mehr an sich heranlassen wollte.
>> Was ist mit deinem Vater? <<
Er zuckte mit den Schultern.
>> Er ist in Irland. <<
>> Und hat dich einfach so zurückgelassen? <<
>> Als ich ausgezogen bin, hat er noch hier gelebt. <<
>> Wieso bist du ausgezogen? <<
>> Weil ich es zuhause nicht mehr ausgehalten habe. <<
>> Warum? <<
>> Weil er mich sowieso nicht wollte. <<
>> Wer? <<
>> Mein Vater. <<
Sam stutzte.
>> Ich kann dir nicht folgen. <<
Chris seufzte, weil er noch immer nicht in der Lage war, seine Familienverhältnisse einfach so offen zu legen. Er sprach nicht gerne über seine Kindheit, er dachte nicht mal gerne darüber nach, deshalb warf er Sam nur Informationsfetzen hin.
>> Das Verhältnis zwischen meinem Vater und mir ist nicht das Beste – distanziert – ja, das trifft es. Ich habe bei meiner Großmutter in Irland gelebt bis ich fast neun Jahre alt war. Als körperlich nicht mehr in der Lage war auf mich aufzupassen, hatte mein Vater keine andere Wahl als mich zu sich zu nehmen. Er hat mir nie verziehen, dass meine Mutter meinetwegen gestorben ist. Die sechs Jahre in denen wir unter einem Dach gelebt haben waren die Hölle, anders kann ich es nicht beschreiben. <<
>> Deinetwegen gestorben? Was heißt das? <<
>> Sie starb während meiner Geburt. Sie hätte mich nicht bekommen dürfen, das wusste sie, trotzdem hat sie mich zur Welt
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