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Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)

Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)

Titel: Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
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gekommen, dass er sterben könnte. Nicht Henry. Bei ihrer letzten Begegnung hatten sie sich schreckliche Dinge an den Kopf geworfen, und seine Wut war so erbittert gewesen, dass sie sich ihr ins Gedächtnis eingebrannt hatte.
    In der Ferne grollte ein Geräusch wie der Zorn Gottes. Delaney hob den Blick gen Himmel und hätte sich nicht über Blitz und Donner gewundert, so überzeugt war sie, dass die Ankunft eines Mannes wie Henry im Paradies Turbulenzen auslösen würde. Doch obwohl der Himmel strahlend blau blieb, ging das Grollen weiter und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Eisentore des Friedhofs.
    Ein breitschultriger Motorradfahrer mit vom Wind zerzaustem Haar heizte direkt auf die Menschenmenge zu, die sich zum Abschiednehmen versammelt hatte. Das Monstrum von Motor ließ den Boden vibrieren und die Luft erbeben, sodass die Grabrede von einer »Bad-Dog«-Auspuffanlage übertönt wurde. Mit einer verblichenen Jeans und einem weißen T-Shirt bekleidet, fuhr der Motorradfahrer langsamer und brachte die Harley grollend vor dem grauen Leichenwagen zum Stehen. Der Motor erstarb, und der Stiefelabsatz des Bikers kratzte über den Asphalt, als er das Motorrad auf seinen Ständer stellte. Dann richtete er sich mit einer geschmeidigen Bewegung auf. Ein Dreitagebart verdunkelte seinen markanten Kiefer und seine Wangen und lenkte die Aufmerksamkeit auf seinen entschlossenen Mund. Am Ohrläppchen trug er einen kleinen goldenen Ring, und eine Oakley’s aus Platin verbarg seine Augen.
    Irgendwas an dem knallharten Biker kam ihr bekannt vor. Irgendwas an seiner glatten dunklen Haut und dem schwarzen Haar, doch Delaney konnte ihn nicht einordnen.
    »O Gott«, stieß ihre Mutter neben ihr hervor. »Ich kann nicht glauben, dass er es wagt, in diesem Aufzug hier aufzukreuzen.«
    Ihre Fassungslosigkeit wurde von anderen Trauergästen geteilt, die die schlechten Manieren hatten, in lautes Flüstern zu verfallen.
    »Der macht bloß Ärger.«
    »Schon als Kind war er von Grund auf verdorben.«
    Der weiche Jeansstoff seiner Levi’s brachte seine festen Schenkel, seine Lenden und seine langen Beine bestens zur Geltung. Seine breite, muskulöse Brust zeichnete sich durch sein Hemd ab. Delaney hob den Blick wieder zu seinem Gesicht. Langsam nahm er die Sonnenbrille von seiner geraden Nase und schob sie in die Brusttasche seines T-Shirts. Seine hellgrauen Augen erwiderten ihren Blick.
    Delaney blieb das Herz stehen, und ihre Knie gaben nach. Sie kannte diese Augen, die sie durchbohrten. Es waren exakt die seines irischen Vaters, nur noch viel aufregender, weil sie sich in einem Gesicht wiederfanden, das für seine baskische Herkunft so typisch war.
    Nick Allegrezza, Objekt ihrer Mädchenschwärmereien und Grund ihrer totalen Desillusionierung. Nick, die schlüpfrig sprechende, schmeichlerische Schlange. Er stand da, das Gewicht auf einen Fuß verlagert, als fiele ihm gar nicht auf, was für ein Aufsehen er erregte. Doch viel wahrscheinlicher fiel es ihm durchaus auf und war ihm schlicht egal. Delaney war zehn Jahre fort gewesen, doch manches war noch genau wie früher. Nicks Gesicht war zwar fülliger geworden, seine Züge reifer, doch sein Auftreten erregte immer noch Aufsehen.
    Reverend Tippet senkte den Kopf. »Lasst uns für Henry Shaw beten«, begann er. Delaney zog ihr Kinn ein und schloss die Augen. Schon als Kind hatte Nick mehr Aufmerksamkeit
auf sich gezogen, als ihm zustand. Sein älterer Bruder Louie war zwar auch sehr wild gewesen, aber nie so schlimm wie Nick. Alle wussten, dass die Allegrezza-Brüder durchgeknallte, impulsive Bascos waren, mit flinken Fingern und geil wie Strafgefangene auf Kurzurlaub.
    Alle Mädchen in der Stadt waren gewarnt worden, sich so weit wie möglich von den Brüdern fernzuhalten, doch wie die Lemminge, die sich blindlings ins Meer stürzen, waren viele dem Ruf der Wildnis erlegen und hatten sich »diesen Baskenkerlen« an den Hals geworfen. Nick hatte sich noch zusätzlich den schlechten Ruf erworben, Jungfrauen ihre Höschen abzuschmeicheln. Doch Delaney hatte er nicht rumgekriegt. Entgegen der weit verbreiteten Meinung hatte sie nicht mit Nick Allegrezza geschlafen. Ihre Unschuld hatte er ihr nicht geraubt.
    Jedenfalls nicht technisch gesehen.
    »Amen«, sagten die Trauergäste im Chor.
    »Ja. Amen«, stimmte Delaney zu und hatte wegen ihrer pietätlosen Gedanken beim Gebet Schuldgefühle. Sie spähte über den Rand ihrer Sonnenbrille, und ihre Augen verengten sich, als sie beobachtete, wie

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